SVP muss sich geschlagen geben
Caroline Mall bleibt hinter den Erwartungen der SVP zurück. Die Partei wird deshalb Markus Eigenmann im zweiten Wahlgang unterstützen – und der FDP so ihren Regierungssitz retten.
Auf den Punkt:
|
Sabine Bucher sieht selbst ein bisschen überwältigt aus, als sie um kurz nach 12 Uhr in das Regierungsgebäude in Liestal tritt. Sie hat zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal das Zwischenergebnis studieren können, das sich auch als Endergebnis nicht stark verändern wird: Den ersten Wahlgang im Rennen um den frei werdenden Sitz von Monica Gschwind (FDP) in der Baselbieter Regierung kann die GLPlerin für sich entscheiden – dass es einen zweiten Wahlgang braucht, war in dieser Ausgangslage eine Selbstverständlichkeit.
Denn die bürgerlichen Stimmen splitten sich auf den Zweitplatzierten Markus Eigenmann (FDP) und Caroline Mall (SVP) auf. Die Wahlbeteiligung lag an diesem Sonntag bei tiefen 28 Prozent. Das dürfte im zweiten Wahlgang, der auf den Abstimmungssonntag mit Service-Citoyen- und Erbschaftssteuer-Initiative fällt, anders aussehen. Die beiden Initiativen könnten sowohl die Wähler*innen auf linker wie auch auf rechter Seite mobilisieren.
Dass die Kleinpartei GLP so gut abschneiden konnte, verdankt sie dem Bündnis mit SP und Grünen, das Onlinereports unlängst «Miliza» (Mitte-links-Zusammenarbeit) getauft hat. Trotzdem bleibt auch diese Allianz hinter dem Wähler*innenpotenzial aller linken Parteien zurück.Dennoch kann sich die GLP über das Ergebnis im ersten Wahlgang freuen. Es ist ein Schritt in das Spotlight einer Partei, die bei den kantonalen Wahlen vor zwei Jahren überhaupt zum ersten Mal Fraktionsstärke erreichte.
Dass die SP sich dafür die Unterstützung für Samira Martis Ständeratskandidatur 2027 zugesichert hat, ist für die GLP ein fairer Deal. Die SP ersparte sich das Risiko einer eigenen Kandidatur und hat mit einem moderaten Wahlkampfs-Zustupf von 3000 Franken für die Grünliberalen in eine strategisch kluge Partnerschaft investiert.
Vielleicht wird jetzt aber sogar noch ein bisschen mehr investiert. Die SP könnte eine wahre Lust am Mobilisieren packen, wenn das Rauskicken der FDP aus der Regierung in greifbare Nähe kommt. Die Freisinnigen dürften für den zweiten Wahlgang hingegen umso mehr betonen, dass die FDP als Regierungspartei alternativlos ist.
Konkordanz geht auch anders
Die GLP wird also versuchen müssen, das Narrativ «Die FDP gehört in die Regierung» zu durchbrechen. Manuel Ballmer, Fraktionschef im Landrat, versucht es am Wahlsonntag schonmal mit allen Mitteln: Der Konkordanzanspruch könne schliesslich auch so gedeutet werden, dass die Vertretung der Geschlechter und der Kantonsteile adäquat in der Regierung vertreten sind, nicht nur der Parteien, sagt er. Mit Markus Eigenmann wären Männer und das Unterbaselbiet in der Regierung übervertreten – mit der Oberbaselbieterin Bucher hingegen nicht.
Und überhaupt, so Ballmer: Sabine Bucher und Markus Eigenmann seien sich letztlich in ihren Problemanalysen und Lösungsansätzen für die Themen des freiwerdenden Bildungsdossiers recht ähnlich. «Was die politische Gesinnung anbelangt, würde Sabine Bucher die Konkordanz nicht verletzen. Wenn es aber nicht auf die politische Gesinnung ankommt, sondern nur darauf, ob man das Label ‹FDP› trägt oder nicht, dann ist das reiner Machtanspruch.»
Schon im bisherigen Wahlkampf hat Bucher stets ihre liberale Seite betont. Es sind solche Unterstützungen wie die der Mitte Oberbaselbiet (auf gesamtkantonaler Ebene unterstützt die Mitte ganz Büza-konform Eigenmann), auf die im Grünliberalen Wahlkampfteam gepokert wird. Die SP derweil wünscht sich, dass man Bucher auch für linke Wähler*innen noch schmackhafter machen kann.
Zum Knabbern am Ergebnis dieses Wahlsonntags hat derweil die SVP. Damage Control sieht bei Parteipräsident Peter Riebli folgendermassen aus: «Wir hatten drei Ziele: 1. Der bürgerliche Sitz muss verteidigt werden. 2. Es braucht einen zweiten Wahlgang. 3. Die SVP muss zurück in die Regierung – zwei Drittel davon haben wir erreicht.» Denn der Sitz wird dann im zweiten Wahlgang in bürgerlicher Hand bleiben, davon ist er überzeugt.
Die Enttäuschung seiner Partei kann er nicht ganz wegwischen. Schliesslich gab es im Vorfeld durchaus Prognosen, die Caroline Mall in der Pole Position sahen – die Hoffnung, dass man sie vor Eigenmann portieren kann, war real. Für Riebli wäre es die ultimative Bestätigung gewesen, dass sein «Polteri-Stil» – den auch Caroline Mall gut imitieren kann – in der kantonalen Wähler*innenschaft verfängt.
FDP wirkt wieder siegessicherer
Mall hat aber nicht mehr als das übliche Wähler*innenpotenzial der SVP abholen können. In den ländlicheren Kantonsteilen im Oberbaselbiet schnitt sie erwartungsgemäss gut ab – aber selbst in ihrem Wohnort Reinach machte sie nur den dritten Platz. Riebli zog sie konsequenterweise zurück. Das Risiko einer Mitte-links-Regierung, weil sich die bürgerlichen Stimmen nochmal aufsplitten, will niemand auf bürgerlicher Seite eingehen.
Was bleibt also von seinem Masterplan? Man konnte die FDP zumindest ein paar Wochen herausfordern. Denn sie hat in diesem Wahlkampf am meisten zu verlieren: ihren Regierungssitz. Mit der Unterstützung der SVP kann sie diesen jetzt wahrscheinlich halten. Man hätte sich das Theater also eigentlich sparen können, sagt ein*e namhafte*r FDP-Politiker*in hinter vorgehaltener Hand. Wirklich Zugeständnisse konnte die SVP den Freisinnigen aber nicht abringen.
Im Gegenteil ist es jetzt an Riebli, die SVP-Wähler*innen für Eigenmann an die Urne zu bringen. Wenn das am 30. November nicht klappt, wird die FDP den Fehler bei der SVP suchen.