F*** you very much

Mehr Ab- als Milchbüechli-Rechnung: Über die Dankbarkeitsschuld arbeitender Mütter in der Schweiz

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Happy Housewife war gestern.

Bis dreiunddreissig war ich voll dabei: mit Universitätsabschluss, Praktika-Erfahrung und beruflich belastbar, allzeit verfügbar und einsatzfähig. Ich hatte mich in einer international renommierten Institution vom Volontariat hochgearbeitet. Da ist die Luft dünn, das wusste ich. Meine Chefin war eine der wenigen, die ob der gläsernen Decke schwebte. Sie förderte mich und war eine Art Mentorin.

Dann wurde ich schwanger. Gewollt und gewünscht. Mein mir bereits mündlich zugesicherter Vertrag für ein weiteres Projekt stand plötzlich auf der Kippe. Es seien jetzt halt «schon ein bisschen viele». Ich war neben zwei Anderen im Betrieb frisch schwanger geworden. Nach drei Jahren im Unternehmen musste ich dann bis zur Direktion vortraben, die mich ungefragt duzte und sagte, dass, wenn ich alleinerziehend wäre, «es schon schwierig werden würde». Zu mir, die passenderweise seit meinem zweiten Lebensjahr ohne Vater aufgewachsen war.

Nein, das Mami möchte nicht nur Päckli verschicken

Ich war baff. Und sauer. So richtig wütend. Jetzt, vier Jahre und noch ein Kind später, bin ich mindestens genauso wütend. Nach dem Mutterschaftsurlaub mit meinem zweiten Kind ergatterte ich zwei neue Jobs. ZWEI. Beides Sackgassen. Denn ob Teilzeit mit zwanzig oder mit beiden Stellen rund fünfzig Prozent, recht machen kann man es dem Chef oder der Chefin nicht. Ja, Kleinkinder werden krank. Und ja, dann brauchen sie ihr Mami. Oder den Papi.

Nein, das Mami möchte nicht vorwiegend Sekretariatsarbeiten erledigen. Oder Päckli verschicken. Ich schätze diese Arbeit von allen, die sie erledigen. Mein Studium und meine bisherige Berufserfahrung beinhalteten aber andere Kernaufgaben. Ich möchte auch nicht an Wochenenden und Abenden für einen Stundenlohn, der nicht mal den Monatslohn macht, zehn Stunden auf den Beinen sein, ohne Nacht- oder Wochenendzulagen. Würde das ein gleich ausgebildeter Mann tun, der in der Nacht seelenruhig schlafen kann (und nicht stillt)? Ich glaube, nicht unbedingt.

Darf ich höhere, ergo realistischere Ansprüche an eine Teilzeitstelle stellen? Ich finde, ja. Auch – oder gerade eben – als Mutter. Als Multitasking-Familienmanagerin. Nennt mich Feministin, dankeschön für das Kompliment. Aber das Kränzchen aus Blümchen, das winde ich mir schon selbst auf die trocken shampoonierten Haare.

«Nennt mich Feministin, dankeschön für das Kompliment. Aber das Kränzchen aus Blümchen, das winde ich mir schon selbst auf die trocken shampoonierten Haare.»

Das Unverständnis seitens der Arbeitgeber*innen, das einem als universitär ausgebildete und teilzeitarbeitende Mutter von zwei Kleinkindern in der Schweiz entgegenschlägt, ist schwer zu ertragen. Sogar wenn man sich entschliesst zu kündigen, muss man anscheinend danach noch dankbar sein.

Sicher, man war dankbar um Unterstützung. Um professionellen Austausch. Um eine Möglichkeit zum Wiedereinstieg (obwohl es ja nach vier Monaten Mutterschaftsprogramm, nicht –urlaub, eher einfach ein Einstieg ist...). Aber würde man einer kinderlosen Arbeitskollegin diese Dankbarkeit auch immer noch abnötigen, wenn sie kündigt? Ich bezweifle es.

Und ständig diese «Mom-Guilt»

Diese Dankbarkeitsschuld ist anstrengend. Die allzu präsente «Mom-Guilt», die man sich schon am frühen Morgen, wenn man aus der Wohnung schleicht, bevor alle Schnarchnasen aufwachen oder zum zehnten Mal einschlummern, auf die Schultern lädt, die reicht für den Rest der Woche aus. Da muss man nicht noch für die professionelle Leistung, die man erbringt und auch eigenhändig mit gutem Recht beendet, dankbar sein.

Wir möchten keine Blumensträusse. Wir möchten Kinderbetreuungskosten, die nicht den ganzen Teilzeitlohn fressen. Oder noch besser: Besser bezahlt werden; will meinen, so wie Männer. Auch keine schmucken Abschieds- und Baby-Gschänkli mit Mäscheli brauchen wir, sondern vernünftige Arbeitszeitmodelle. Modelle, die sich vereinbaren lassen mit Kindern, die vor 18 Uhr von der Kita abgeholt werden wollen. Denn unsere Kinder sind es wert, dass man sich ihnen widmet. Privat wie politisch. Und sie sind das Beste auf der Welt.

Anmerkung der Autor*in: Dieser Text ist eine subjektive Alltagsanalyse und soll in keiner Weise die Probleme und Herausforderungen anderer Mütter und Frauen* konkurrenzieren oder zur Kritik stellen. Am Sonntag, 14. Juni 2020 ist FRAUENSTREIK. WIR BRAUCHEN EUCH. UNS. ALLE.

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