«Vilicht muesi nonemol abegumpe»
In den 1930er-Jahren bekam Basel den ersten 10-Meter-Sprungturm im Eglisee – zum Vergnügen von Felix Vogel. Der heute 101-Jährige erinnert sich ans Gumpe.
«Er war schon immer ein Abenteurer.» Vally Vogel zuckt scherzhaft seufzend mit den Schultern und schaut ihren Vater an. Felix Vogel, 101 Jahre alt, sitzt in brauner Lederjacke und gut gelaunt im Garten seiner Tochter im Kleinbasel. Es macht ihm sichtlich Spass, Geschichten aus seinem Leben zum Besten zu geben. Wir sind hier, um die vom Sprungturm zu hören. Aber dafür muss er woanders ansetzen: Bei seinem ersten Rheinschwumm in den 1920er-Jahren.
Felix lebte damals beim Dreispitz am Walkeweg, in der Nachbarschaft wohnten viele «Drämmler» und «vielleicht noch ein paar Yysebähnler». Ein paar ältere Jungs aus der Nachbarschaft nahmen ihn und seine Kollegen mit zum Rheinschwimmen. Daran erinnert sich Felix genau: «Ich war acht Jahre alt», sagt er. «Und wir hatten so einen grossen Lastwagenreifen, den haben wir zum Rhein gerollt und dann konnte man sich im Wasser daran festhalten, wenn man müde wurde», erinnert sich Felix und nickt amüsiert ab dem erstaunten Blick seiner Tochter Vally.
Durch diese Schwimmausflüge entdeckte Felix später ein anderes Vergnügen: Von den diversen Brücken in den Rhein springen. An eine erinnert er sich besonders: die alte Eisenbahnbrücke. «Wir sind unter der Brücke auf dem Steg für die Gleisarbeiten nach vorne gegangen und dann sind wir gumpt.» Dafür habe es aber nicht besonders viel Mut gebraucht, sagt Felix heute. «Mir hänn eifach welle d’Lüüt e biz verschregge.» Ob das damals schon verboten war? «Jäjo, sie haben jeweils gesagt, es sei verboten», sagt er, zuckt mit den Schultern und grinst: «Das isch unser Vergniege gsi halt, gäll.»
«Und dann gab es diesen Sprungturm.» Felix’ Augen leuchten. «Der hat uns immer angezogen.» Dieser Sprungturm stand im Eglisee. Anfang der 1930er-Jahre wurde aus dem «Luft- und Sonnenbad Egliseeholz» ein Gartenbad mit zwei 50 Meter Schwimmbecken – und dem ersten 10 Meter hohen Sprungturm Basels.
«Weil wir im Rhybadhysli und von den Brücken gesprungen sind, wussten wir, wie das geht», erzählt er. Also los, auf den 10-Meter-Turm. «Da fanden wir es zuerst doch ein bisschen hoch», erinnert er sich, begleitet vom Kichern seiner Tochter. Sie weiss, was kommt. «Dann wollten wir also zurück runter, aber dann haben die unten so gegrölt, die Leute und die Mädchen, da sind wir halt wieder gumpt.»
Als Helden hätten sie sich dabei aber nicht gefühlt, sagt er. «Wir hatten einfach Spass am Gumpe.» Und trotzdem: Die Sprünge wurden aufmerksam verfolgt, nicht nur von den Zuschauer*innen, die auf der neu gebauten Tribüne neben den Schwimmbecken sassen, sondern auch von Fotograf*innen. «Manchmal kamen sie zu uns und sagten: Wir haben euch nicht erwischt, ihr müsst nochmals hoch. Ja und dann machten wir das.»
Jetzt, beinahe 90 Jahre später, bekommen die Turmspringer*innen nochmals etwas Aufmerksamkeit: Das Künstlerpaar Maboart – Ursula Bohren und Claudio Magoni – widmet den Springer*innen eine Hommage: Eine rund 50cm grosse Figur, «der Turmspringer» aus Stahl.
Eingeweiht wird es am 16. August um 18 Uhr im Gartenbad Eglisee. Zwei Wochen vorher gibt sich Felix entspannt. Er ist noch nicht sicher, ob seine Gesundheit es zulässt, den Anlass zu besuchen. Eingeladen sind nicht nur er, sondern auch ehemalige «Beklatscher*innen», die damals von der Tribüne aus die Sprünge verfolgt haben. Als Felix das hört, blitzt in seinen Augen nochmals der Schalk auf: «Denn muesi vilicht glich nonemol abegumpe.»
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