Feministischer Streik zieht als Partyzug durch Basel
Der feministische Streiktag begann mit gemütlichem Brunch und Siebdruck-Workshop auf dem Kaserenenareal und endete mit einer grossen Demonstration durch die Basler Innenstadt, an der etwa 5000 Menschen teilnahmen.
Um 18 Uhr war der De Wette Park lila. Hunderte Frauen, trans, inter, nonbinäre und agender Personen (Finta) hatten sich hier zur bewilligten Demo versammelt, sie trugen praktisch alle lila und rosa – ganz im Zeichen des feministischen Streiktages.
Heute jährte sich der feministische Protesttag zum dritten Mal in Folge. Am 14. Juni 2019 zogen in der ganzen Schweiz etwa 500’000 Finta auf die Strasse, um für Gleichstellung und gegen Diskriminierung einzustehen.
Das Basler Streikkollektiv hatte für dieses Jahr ein dichtes Programm auf die Beine gestellt. Der Tag wurde auf dem Kasernenareal bei gemütlichem Brunch, klima-feministischen Diskussionsrunden und einem Siebdruck-Workshop eingeläutet – in der prallen Sonne.
Besonders zu reden gab dort die AHV-Revision, die der Nationalrat vergangene Woche beschlossen hatte: Das Rentenalter von Frauen soll von 64 auf 65 erhöht werden. Die feministische Aktivistin Susi Greuter hatte dies zum Anlass genommen, eine Rede auf dem Kasernenareal vorzutragen: Die Anpassung des Rentenalters habe nichts mit Gleichstellung zu tun. Im Gegenteil, man wolle so das Loch in der AHV-Kasse auf Kosten der Frauen stopfen, so Greuter. Ihr Beitrag erhielt Zustimmung und Applaus.
Prosecco und 52 Forderungen
Auf dem Petersplatz hatte es sich nachmittags, ein paar Stunden später, die feministische Verbindung Socordia bequem gemacht. Die Verbindungsmitglieder, die eine violette Feder als Erkennungsmerkmal an ihren Hüten tragen, begingen den Protesttag mit reichlich Prosecco und guter Laune.
Der Name war Programm: Socordia ist die römische Göttin der Trägheit und Faulheit.
Untätig war die Student*innenverbindung deshalb aber nicht. Bereits 2019 verabschiedete sie einen Forderungskatalog von 52 Punkten an die Uni Basel, der beispielsweise besseren Schutz vor Diskriminierung und sexueller Belästigung forderte oder auch eine Professor*innenquote. Getan habe sich von Seiten aber noch zu wenig, so die Socordia.
Zwischen zwei Bäumen hingen Plakate mit den gewünschten Massnahmen, die weiterhin unerfüllt sind. Toiletten für alle Geschlechter und nicht nur für Männer und Frauen ist eine davon.
Prominentes Ehren-Mitglied der Socordia ist SP-Co-Präsidentin Jessica Brandenburger, die sich für eine Frauenquote bei den Professuren und für Gleichstellung in der Wissenschaft einsetzt.
Mit ihren Parteikolleg*innen Nicole Amacher und Edibe Gölgeli stiess Brandenburger an, die ebenfalls den Streiktag bei einem Glas Prosecco auf dem Petersplatz begingen.
Thema Nummer 1: Erhöhung des Frauen-Rentenalters
Später im De Wette Park herrschte Aufbruchstimmung. Von hier sollte die Demonstration starten. Kurz nach 18 Uhr zogen Tausende Frauen, inter, non-binäre und agender Personen in Richtung Innenstadt. Passant*innen schauten vom Strassenrand neugierig zu. Die Demonstrant*innen riefen ihnen zu, sich ihnen anzuschliessen: «Solidarisieren, mitspazieren!»
Begleitet von Dialogteams und Polizist*innen auf Motorrädern und in Kastenwagen steuerte der Protestzug auf den Marktplatz zu. Dort besetzten die Demo-Teilnehmer*innen den Platz und lauschten den Reden der Vertret*innen verschiedener Gruppierungen. Thema Nummer 1 war auch hier die Erhöhung des Rentenalters, das die Redner*innen anprangerten.
Nach etwa einer halben Stunde zogen die Demonstrant*innen weiter in Richtung Kleinbasel. Auf dem Claraplatz setzte eine Gruppe zu einer Tanz-Performance an, von der sich die anderen Demo-Teilnehmer*innen schnell anstecken liessen. Party mitten auf der Kreuzung. Dicht an dicht, aber immerhin mit Maske.
Die Demonstration endete auf der Claramatte, wo die Teilnehmer*innen noch eine gute Stunde lang ausgelassen in der Abendsonne tanzten, bevor sich die Menschenmenge gegen halb zehn langsam auflöste.
Der Protesttag verlief friedlich und ohne Zwischenfälle. Während der Demonstration soll es vereinzelt zu Sprayereien gekommen sein.