xxxx-xx-xx Frage des Tages xxx

Festivals: Zu wenig Frauen – keine Förderung?

Das Floss-Festival ist eröffnet und es werden grosse Namen wie Lovebugs, Dodo, James Gruntz oder Sam Himself auf dem Rhein erwartet – an weiblichen Artists aber mangelt es. Ira May ist die einzige Solokünstlerin auf dem Programm, in vier weiteren Bands spielen Frauen mit. Immerhin 12 von 17 Auftritten sind rein männlich. Daran stören sich die Frauen der SP, die diesen Missstand – der nicht nur das Floss betrifft – auf Instagram anprangern. Sie kommen mit der Idee, öffentliche Fördermittel für Musikfestivals an eine Quotenregelung zu knüpfen. Konkret soll man öffentliche Gelder nur noch erhalten, wenn mindestens 50 Prozent FINTA (Frauen, Intersexuelle, Nonbinäre, Trans und Agender Personen) auf der Bühne stehen. Vorbild ist etwa das Gurtenfestival, das dieses Jahr eine 50-Prozent-Quote hatte, wie 20 Minuten berichtet. Die SP Frauen möchten, dass dieses Modell Schule macht, wie Präsidentin Helena Meyer gegenüber Bajour erklärt. Beim Floss bedauert man die Situation, schiebt die Verantwortung aber auf die männlich geprägten Strukturen im Musikbusiness: Im Musikgeschäft würden noch immer weitaus mehr Männer agieren als Frauen. 

785 Stimmen
Helena Krauser
Helena Krauser
Moderation
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Kaspar Von Grünigen
07. August 2025 um 06:49

Im Ernstfall halt Quoten statt Ausreden

Als Musiker, Musikschulleiter und Verantwortlicher für die regionalen (und staatlich geförderten) Talentförderprogramme im Bereich Jazz/Pop kann ich nur sagen: Es hat sich in den letzten Jahren an der Basis viel bewegt beim Empowerment von FINTA-Personen, auch durch Player wie Helvetiarockt. Künstler:innen und FINTA-Bands sind da, sichtbar, werden gefördert und haben Lust aufzutreten. Es gibt genügend Veranstalter:innen, die bereits ein diverses Programm realisieren - neben dem Gurtenfestival hilft da zB auch ein Blick das lokale Hillchill-Festival. Festivalveranstalter:innen sind immer auch Gatekeeper und diese müssen sich bewegen, wenn sie denn ein diverses Publikum ansprechen wollen. Stichwort Repräsentation. Konkret heisst das: Nicht nur auf das bestehende Agenturangebot setzen, sondern gezielt recherchieren - wenn mann selber nicht weiter weiss, dann ev. Gastkurator:innen engagieren? Übrigens: Das Flossteam weist auf seiner Website 10 Teammitglieder aus, davon 9 Männer.

Christian Platz
Christian Platz
Mediensprecher beim Floss Festival

Es klappt nicht nach Quote

Wir verstehen die Frage, die die SP-Frauen beschäftigt, sie beschäftigt auch uns. Doch das Floss muss beim Booking mit den Realitäten des Musikgeschäfts klarkommen. Ein Programm zusammenzustellen, 17 Konzerte, an klar definierten Daten, mit einem Budget, dass bei einem grossen Festival gerade mal für einen halben Abend Nebenbühne reicht, das ist ein höllisches Puzzle. Dass wir den Gender-Aspekt durchaus im Auge haben, hat das Programm vom letzten Jahr bewiesen, in dem wir – unter anderem – Candy Dulfer mit einer Jazzrock/Fusion Band an Bord begrüssen durften, die ausschliesslich aus Frauen bestand (eine Seltenheit auf der Jazz-Szene). Das hat uns sehr gefreut und stolz gemacht. Aber, es klappt halt leider nicht jedes Jahr, es klappt nicht auf Biegen und Brechen, es klappt nicht nach Quote. Wir geben uns Mühe, wir würden gerne viel mehr Künstlerinnen auf der Bühne haben. Aber der Teufel wohnt immer noch in der Struktur der Musikszene, des Musikgeschäfts. Es wäre vielleicht angebrachter sich diesbezüglich auf der politischen Bühne für mehr jugendkulturelle Mädchenförderung einzusetzen, niederschwellig, mit entsprechenden Know-how und Material ausgestattet, das wird ja staatlich nicht gerade stark unterstützt, das könnte durchaus einen Unterschied machen.Das Floss ist ein privat finanziertes Festival, wir können uns, angesichts der Realitäten des Musikgeschäfts, keine Quotenregelung leisten. Ja, es hat dieses Jahr leider weniger Frauen im Programm als auch schon. Es ist bedauerlich, dass sich Menschen deswegen verletzt fühlen. Immerhin haben in 25 Jahren viele bedeutende lokale, nationale, internationale Künstlerinnen auf dem Floss gespielt – und das wird auch so bleiben.

Helena Meyer
07. August 2025 um 06:04

94% zu 6%?

Ob die Musikszene tatsächlich so männlich dominiert ist, sei dahingestellt – fest steht aber: In einer Konzertreihe mit 17 Acts nur einen einzigen rein weiblich besetzten Act zu präsentieren, ist auffällig und wirft Fragen auf. Dies entspricht einem Verhältnis von 94% zu 6%; ist dies wirklich die Realität in der hiesigen Musikbranche? Diese Verteilung ist kaum rein zufällig, sondern Ergebnis von (wenn auch womöglich nur unbewusster) Entscheidungen bei der Programmgestaltung. Dass die Organisatoren des Flosses mit einem geringen Budget einen tollen Event für die Stadt kreieren wollen, ist unbestritten. Die Behauptung aber, dass der geringe Frauenanteil auf knappe Budgets zurückzuführen ist, erscheint nicht sonderlich überzeugend. Oder soll damit gesagt werden, dass Acts anderen Geschlechts teurer sind? Vielfalt ist keine Kostenfrage, sondern eine Haltung. Kulturelle Programme sind mehr als eine Abfolge von Auftritten – sie sind ein Spiegel gesellschaftlicher Teilhabe und Werte.

Lislot Frei
07. August 2025 um 06:40

Ausreden

Als ich gestern das Floss-Programm durchscrollte, ist mir der verschwindend kleine Frauenanteil auch aufgefallen. Das ist leider beim Floss oft so. Wie die Verantwortlichen zum Thema stehen, zeigt sich an ihrer Stellungnahme: Sie suchen die Verantwortung nicht bei sich, sondern schieben sie aufs "System". Traurig. Wie es anders gehen kann, hat das Gurtenfestival dieses Jahr gezeigt. Es braucht halt zum Umdenken ein bisschen Neugier, Offenheit und Rumfragen. Bei der Anzahl toller Schweizer Musikerinnen scheint es wohl kaum ein Problem zu sein, ein paar von ihnen anzufragen: Joya Marleen, Batbait, KT Gorique, Priya Ragu, Sirens of Lesbos, DANA, Naveni, StefflaCheffe, Mary Middlefield, Evelynn Trouble, Linda Elys, To Athena ... Eine Quote ist nützlich, um das Umdenken anzukurbeln und das Neue zu realisieren. Wenn das Bewusstsein aber mal da ist, braucht es sie gar nicht mehr unbedingt.

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Tamina Graber
Wirtschaftspsychologin, Vorstandsmitglied SP Frauen BS

Ohne Vorbilder keine Vielfalt

Es ist ein Wechselspiel: Wenn auf den grossen Bühnen fast nur Männer stehen, fehlen Vorbilder für FINTA-Personen, die selbst Musik machen wollen. Es entsteht der Eindruck, dass die Bühne kein Ort für sie ist – und dieser Gedanke verfestigt sich über Jahre. Wenn wir das durchbrechen wollen, braucht es mutige Entscheide wie eine Quote. Denn Gewohnheiten ändern sich nicht von allein, und ohne gezielte Förderung bleibt die Musikszene in alten Strukturen stecken. Auch Sponsor:innen sollten sich dieser Verantwortung bewusst sein – denn wen und was sie unterstützen, prägt die Kulturlandschaft massgeblich mit.

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Johannes Sieber
Grossrat Kanton Basel-Stadt

Diversität braucht Fördermittel

Die fehlende Diversität auf den Bühnen der Popmusik wird zu Recht kritisiert. Es ist wichtig, diese Quote zu verbessern. Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass ein großer Teil der bestehenden und verfügbaren Bands cis-männlich und heterosexuell ist. Ein diverses Line-up zu programmieren erfordert kuratorischen Mehraufwand und stellt für die veranstaltende Institution unter Umständen ein höheres Risiko dar, da Entscheide gegen die Marktlogik gefällt werden müssen. Diese wünschenswerte Entwicklung kann daher nicht einfach eingefordert werden – wir müssen auch bereit sein, sie mit den nötigen Ressourcen aktiv zu fördern.

Tom G.
07. August 2025 um 05:43

Line-up

Das Line-up ist jedes Jahr bestens. Die Booker machen sich Gedanken, suchen wie verrückt mit einem Budget, das moderat zu sein scheint. Das beschert uns jährlich ein kleines Festival, das seinesgleichen sucht. Die Künstler:innen geniessen die Auftritte genau so, wie wir am Ufer. Mit aufgezwungenen Quoten wird dem Floss-Team eher ein Bärendienst erwiesen. Bitte einfach arbeiten lassen. Das Bewusstsein ist ja da, es lässt sich halt nicht immer umsetzen.

Andi
07. August 2025 um 05:47

Gleichstellung

1. Der Veranstalter kann den Kunstschaffenden nicht die Saison planen! All die Musiker/Management planen lange im vorraus und erwirtschaften zu Teil so auch Ihren Lebensunterhalt! 2. Liebe SP!! Hat und gibt es keine anderen Probleme? 2025, Schweiz, es ist beschämend für dieses Land, dass Gleichstellung immer noch so ein «CHRAMPF UND MURKS» ist! Aber mit stetigem Männerhass/Väterhass schürenden Aktionen ist dem auch nicht geholfen! Danke Danke an dieser Stelle auch an alle für das wunderschöne Fussballfest der gesammten Frauenfussball-EM!! So schön kann Gleichstellung sein!! 💖

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Andrea Strahm
Grossrätin Die Mitte, Fraktionspräsidentin

Nicht euer Ernst jetzt?!

Es geht um MUSIK Leute, das ist ja nicht zu fassen! Da wird niemand diskriminiert, es muss ein guter Mix von Acts sein, völlig egal, welche sexuellen Vorlieben oder Hautfarben da vorne stehen, Weisse mit Rastas, Asiatinnen, die Blues spielen, Musik vernetzt, ist allumfassend, steht über allem, verbindet Geschlechter, Hautfarben. Und da machen welche nun wieder ein Genderproblem aus. Nein, keine Quoten auf dem Floss, gute Musik wollen wir da und kriegen wir auch. Sina war auf dem Floss, Anna Rossinelli, und viele Bandmitglieder wie Nora Lützelschwab, Supertalent an den Drums, usw. Aufhören mit dem Quatsch, aber sofort.

Christoph A. Müller
Journalist und Autor

Ausflüchte haben System

Es gibt immer tausend Gründe, warum es eben jetzt gerade nicht geht, einen angemessenen Anteil von Frauen zu ermöglichen. Und vielleicht ist eine starre Quote von 50 Prozent nicht die beste Lösung. Aber die Ausflüchte haben leider System. Und wenn sich das System nicht von selbst ändert (und das tut es meistens nicht), muss man halt nachhelfen. Auch wenn nicht die eleganteste Lösung dabei herauskommt.

Ueli
06. August 2025 um 15:39

Es braucht einen Kulturwandel

Mit einer Quotenregelung droht das Ganze im System ein patriarchalisch fixierten Hierarchie stecken zu bleiben. Wo vor allem Frauen das Rennen machen, die diesem System entsprechen. Damit es nicht immer so weiter geht, braucht es einen Kulturwandel. Es gibt bereits erfreulich viele Projekte, die in einer solchen Art unterwegs sind. Allerdings in der Regel ohne beispielsweise Parteien, Politik und Staat.

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