«Ich wünsche mir, dass sich Frauen-Rugby in der Schweiz mehr etabliert»

Die Women’s Euro warf das Rampenlicht auf den Frauenfussball. Doch viele Randsportarten in der Schweiz können nur von dieser Aufmerksamkeit träumen. Mit der anstehenden Rugby-Weltmeisterschaft der Frauen in England erhofft sich das Frauenteam des Rugby Football Club Basels, dass ihre Sportart auch in der Schweiz an Popularität gewinnt.

Rugby Basel
Der Rugby Football Club Basel ist auf der Pruntrutermatte zu Hause. (Bild: Mattia Reimann)

Keine andere Sportart ist in Basel so beliebt wie Fussball. Doch in Basel gibt es über 250 weitere Sportvereine, die im Schatten der beliebtesten Ballsportart der Schweiz stehen. Der Grossteil davon hat Frauen- oder Mixed Teams, so auch der Rugby Football Club Basel. Seit 1973 wird auf der Pruntrutermatte im Gundeli Rugby gespielt. Wann genau das Frauenteam «Basel Bird’s» gegründet wurde, ist laut Miles Cosslett, dem Präsidenten des RFC Basel, aber über die Zeit verloren gegangen. 

Der gebürtige Waliser lebt seit 1998 in Basel und übernahm das Traineramt der «Birds» für die nächsten sechs Jahre. Zum gleichen Zeitpunkt nahm das Frauenteam Fahrt auf und wurde Teil der League A, die damals noch aus fünf Schweizer Teams und einem Team aus Deutschland bestand. Mittlerweile sind es sieben Teams, die in der ganzen Schweiz verteilt sind. Als Präsident des Vereins ist es Cossletts Job sicherzustellen, dass der Klub wächst. 

Ohne die Aufmerksamkeit der Medien ist das nicht leicht. Der Grossteil der Spieler*innen kommen über Rugby liebende Eltern zum Sport und nicht weil sie es in den Medien sehen. Für Cosslett ist es wichtig, den Leuten klarzumachen, dass es in der Schweiz auch andere Teamsportarten als Fussball und Eishockey gibt.

Miles Cosslett
«Rugby wird oft als sehr grobe Sportart empfunden, aber die Mädchen, die bei uns anfangen, lieben es.»
Miles Cosslett

Trotz den schwierigen Voraussetzungen gelang es dem RFC Basel, in den letzten zwanzig Jahren von Grund auf eine Jugendabteilung aufzubauen, die mittlerweile aus über 100 Junior*innen besteht. Jungen und Mädchen spielen bis 16 im selben Team. «Rugby wird oft als sehr grobe Sportart empfunden, aber die Mädchen, die bei uns anfangen, lieben es», meint Cosslett.

Auch Viola Jackman hat sich vor 14 Jahren in den Sport verliebt. Der damaligen Sportstudentin wurde von einem ihrer Mitstudierenden empfohlen, ein Probetraining beim Rugby Club zu machen, nachdem er gesehen hat, mit welcher Härte sie im Studium Handball spielte. «Ich ging einmal ins Training und schon nach dem ersten Mal war es um mich geschehen», so Jackman.

In ihrer 14-jährigen Karriere durfte Jackman 2015 sogar an der EM in Litauen für die Schweizer Nationalmannschaft auflaufen. Für Jackman blieb es aber bei der einmaligen Erfahrung: «Ich bin im Herzen Breitensportlerin. Das Engagement und Commitment, das es braucht, um in einer Nationalmannschaft zu spielen, in einem Sport, der auf diesem Level nicht finanziert wird, ist sehr hoch.» Sie respektiere jedoch alle Frauen, die diese Last auf sich nehmen.

Viola Jackman
«Ich hoffe wirklich, dass mehr Frauen den Mut finden, eine Sportart auszuprobieren, die vielleicht weniger traditionell weiblich ist.»
Viola Jackman

Mittlerweile wird die Nationalmannschaft auch besser finanziert. Mussten die Spieler*innen früher die Kosten von Anreise und Unterkunft selbst bezahlen, wird dies heute vom Rugby-Sportverband übernommen. Da die Schweiz aber eine sehr kleine Rugby-Nation ist, spielen alle Spieler*innen ehrenamtlich und ohne Lohn. 

Auch für Jackman ist Rugby eine Herzensangelegenheit. «Ich wünsche mir, dass sich Frauen-Rugby in der Schweiz mehr etabliert. Ich hoffe wirklich, dass mehr Frauen den Mut finden, eine Sportart auszuprobieren, die vielleicht weniger traditionell weiblich ist», so Jackman.

Als erster Klub der Schweiz hat der RFC Basel seit kurzem ein zweites Frauenteam, das in der zweiten Liga spielt. Somit wird der Übergang von den Juniorinnen zu den Aktiven, aber auch der Einstieg in die Kontaktsportart im Erwachsenenalter leichter. Für Stephanie Klupp, die neue Haupttrainerin der ersten Frauenteams, eine erfreuliche Entwicklung.

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Das Frauenteam bereitet sich auf die neue Saison vor. (Bild: Mattia Reimann)

Klupp spielte zehn Jahre lang für die «Birds», musste jedoch verletzungsbedingt als Spielerin zurücktreten. Als sie vor zehn Jahren mit Rugby anfing, erschienen sechs Frauen im Training. Beim Rugby müssen aber 15 Spieler*innen pro Team auf dem Platz stehen. Nun als Trainerin an der Seitenlinie umfasst ihr Team ein Kader von 30 bis 35 Spielerinnen.

Beim Rugby Club Basel herrscht ein Klubkonzept bei dem nicht zwischen Mannschaften und Geschlechtern unterschieden wird. Somit erhält das Frauen-Team den gleichen Geldbetrag vom Klub wie das Männerteam. Das Geld kommt von verschiedenen Sponsor*innen und den Mitgliedsbeiträgen aller Spieler*innen. Einzig bei diesen Beiträgen müssen die Frauen etwas weniger tief ins Portemonnaie greifen, da sie weniger Spiele als die Männer haben und normalerweise mit dem Zug und nicht mit Bussen an ihre Auswärtsspiele reisen. An Spieltagen unterstützen sich alle Teams jedoch gegenseitig.

Stephanie Klupp
«Ich erhoffe mir, dass der WM-Final der Frauen im Schweizer Fernsehen übertragen wird, da sie dies bei der Weltmeisterschaft der Männer auch gemacht haben.»
Stephanie Klupp

Frauen-Rugby wird in den letzten Jahren immer häufiger im Fernsehen der grossen Rugby-Nationen gezeigt. Diese Veränderung merkt man auch im Rugby Club in Basel, da das Interesse für den Sport immer grösser wird und die Anmeldungen stiegen. Durch die anstehende Rugby-WM der Frauen hofft Klupp auf ein erneutes Wachstum des Sports – und auf mehr Aufmerksamkeit in den Schweizer Medien: «Ich erhoffe mir, dass der WM-Final der Frauen im Schweizer Fernsehen übertragen wird, da sie dies bei der Weltmeisterschaft der Männer auch gemacht haben.»

Mit einem Hype, der die Fussball-EM der Frauen in der Schweiz auslöste, rechnet sie aber nicht. Rugby ist noch immer eine Randsportart und die Schweiz ist nicht an der diesjährigen Weltmeisterschaft vertreten. Klub-Präsident Cosslett sieht aber eine Zukunft für internationales Rugby in der Schweiz: «Das ultimative Ziel ist es, in den nächsten zehn Jahren eine Frauennationalmannschaft mit Spielerinnen von Basel Rugby an einer Weltmeisterschaft zu haben.» Auf die Frage, ob Klupp sich wünscht, ein solches Team als Trainerin an ein Turnier zu führen, schmunzelt sie und sagt: «Man darf gross träumen.»

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