Gärngschee erfüllt 200 Wünsche – Elif, Joshua und Samuel sagen «dankeeee»
192 Wunschzettel gingen ein – jeden einzelnen Wunsch hat die Gärngschee-Community erfüllt. Ein Tag vor Weihnachten wurden die Pakete verteilt. Es war ein Fest.
In der Vorweihnachtszeit zieht sich die allgemeine Festlichkeit, so will es die Tradition, wie eine schillernde, jubeljauchzende Lichterwelle durch die Stadt und die Schaufenster der Läden. Die blinkenden LEDs spülen über Brücken und Balkone und Weihnachtsbäume und über Fassaden. Die Lichterflut soll die Dunkelheit vertreiben und wenn diese Welle bricht, an Weihnachten nämlich, baden alle, die an das Christkind glauben, in festlichem Glanz.
In der Facebook-Gruppe «Gärn gschee – Basel hilft» fand darum in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge eine Weihnachts-Geschenk-Aktion statt. Menschen mit wenig Geld konnten Wunschzettel einreichen – und die Wünsche wurden von anonymen Spender*innen erfüllt. 192 Wunschzettel waren es am Ende, und im Foyer des Bajour-Büros, wo am 23. Dezember Bescherung war, stapelten sich in den vergangenen Tagen die Päggli bis unter die Decke.
«Ich hab mir einen schwarzen Affen gewünscht», sagt Lisa-Chanelle, die im Januar schon vier Jahre alt wird. Sie steht am 23. Dezember mit einem Paket unter dem Arm im Bajour-Büro und lacht. Die Mama sagt zu Lisa-Chanelle, sie soll bitte danke sagen und Lisa-Chanelle macht den Mund ganz weit auf und sagt «dankeeeee» und dann gehen die Mutter und die Tochter durch die Lichterstadt nach Hause.
Weihnachten ist eine Geschichte. Und auch die Erzählung vom Fest und von der Heiterkeit ist für manche vor allem das: eine Geschichte. 24. Dezember hin oder her, für Menschen, die wenig Geld haben, ist Weihnachten in erster Linie ein Datum am Ende des Monats. Und dann ist das Geld besonders knapp.
Die meisten der Schenkenden waren Einzelpersonen. Doch es waren auch Stiftungen und Institutionen darunter. Die Römisch-Katholische Kirche Basel-Stadt beispielsweise unterstützte die Gärngschee-Weihnachtsaktion mit 10’000 Franken. Von dem Geld wurden Laptops gekauft für Kinder, die im Homeschooling darauf angewiesen sind.
Jeder einzelne Wunsch war erfüllt worden. Rund 200 Pakete und Gutscheine und insgesamt Dinge im Wert von mehreren zehntausend Franken. Darunter waren:
- Fahrräder
- Ikea-Gutscheine
- Europaparkeintritte für ganze Familien
- Küchengeräte
- Quirler
- Pfannen
- Schneebesen
- Messersets
- Waschmaschinen
- Mehr Fahrräder
- Eine Meerjungfrauenflosse
- Playmobildsets
- Manor-Gutscheine
- Nintendos
- Nintendo-Spiele
- Laptops
- Kameras
Und noch viele weitere Sachen. Es war unmöglich, die schiere Anzahl der Geschenke, geschweige deren Inhalt zu überblicken. Ausser man gehörte zum Team der unermüdlichen Helfer*innen, die sich in der Facebook-Gruppe «Gärn gschee – Basel hilft» engagieren. Sieben von Ihnen waren da und hatten die Geschenk-Übergabe akribisch vorbereitet.
Ranus hatte ein Fahrrad auf seinen Wunschzettel geschrieben. Er kriegte ein Fahrrad. Der Junge ist 10, aber er sass schneller auf diesem Velo, als Lucky Luke seinen Colt zieht und der zieht bekanntlich schneller als sein Schatten. Ranus setzte sich also noch im Foyer auf das hellblaue Bike mit Gabelfederung und dann pedalte er – ciao Ranus – durch die offene Tür auf die Strasse hinaus. Das goldene Geschenkband, das die Schenkerin an das Velo gebunden hatte, flatterte hinterher. «Danke», sagte Ranus, «ich finds super. Das Velo hat eine gute Grösse. Ich bin zufrieden.»
Münevver und ihr Mann, Okan, haben drei Kinder. «Ich habe nicht gedacht, dass wir so viele Geschenke erwarten dürfen», sagte Münevver und für den kurzen Gruss an die Gärngschee-Community schickte sie eine Kusshand in die Kamera. «Danke, vielen Dank und allen eine schöne Zeit.»
Münevver, Okan und ihre Familie wohnen in der Nähe der Langen Erlen. An Weihnachten machen sie vielleicht einen Spaziergang, sagt sie. Vorher gibt es aber erst einmal Abendessen. Dann schickt auch der Mann, Okan, noch einen Gruss durch die Kamera an die Schenkenden und an alle, die das Video schauen möchten. Okan sagt und Münevver übersetzt: «Schön, dass es euch gibt».
Danke Okan, danke Münevver, und schöne Festtage! Jetzt taucht plötzlich Elif auf, 8 Jahre alt. Sie ist ein bisschen schüchtern und will lieber nicht sagen, was sie sich gewünscht hat. Das macht aber nichts, Hauptsache sie kann bald Schlittschuhfahren gehen. Das liebt sie nämlich, erzählt sie, Schlittschuhfahren auf der Eisbahn Margarethen.
Mit wem sie denn da hingeht, mit den Geschwistern vielleicht?
Nein, sagt Elif, sie hat keine Geschwister. Wir wünschen Elif und der Familie einen schönen Abend und schöne Ferien.
Dann kommt Joshua, 7 Jahre alt, ins Bajour-Büro gerauscht. Joshua hat heute die Haare geschnitten und jetzt trägt er rechts und links ziemlich freche Blitze ins Haar geschneidert, die auch noch blau gefärbt sind. Cool. Joshua wohnt in Riehen, wie Elif hat auch er keine Geschwister aber einige Cousinen und Cousins.
Das Problem: Die sind nicht so gut wie er beim Zocken.
Joshua hat sich das Spiel Let’s Go Pikachu für die Nintendo Switch gewünscht. Das Paket ist ganz in rot eingepackt und raschelt unter dem Arm. «Ich habe das gern gewollt», sagt er «dankee tschühüs».
Eine ältere Dame, sie sei sehr einsam, sagt sie, hat sich Gesellschaft gewünscht. Darum hat sie über die Gärngschee-Gruppe andere Leute zum Abendessen eingeladen. Das klappt auch. Die Frau kriegt bald Besuch.
René, 61, sagt, er habe an Weihnachten nichts Grosses vor. Aber am 25. Dezember will er für andere Menschen, die keine Familie haben, Tomatensuppe kochen. Danach gibt's Nüsslisalat. Und dann ein Gemüsebouquet mit einem Stück Fleisch. René hat auch einen Wunsch auf einen Zettel geschrieben, das Päggli steckt schon in seinem Rucksack. René bedankt sich, nimmt seine zwei Hunde an die Leine und geht in den Abend.
An diesem 23. Dezember an der Clarastrasse 10 wird wieder einmal klar, wie fein, wie zerbrechlich und ganz und gar anrührend dieser Vorgang des Schenkens und Beschenkt-Werdens für viele Menschen ist. Einige Besucher*innen wischen sich Tränen aus den Augen, als sie ihr Paket, ihren Gutschein erhalten. Eine Frau muss sich erst einmal hinsetzen. Auch die Helfer*innen haben Tränen in den Augen.
Am Ende, und man braucht die Emotionen für diese Erkenntnis gar nicht wegzuwischen, sondern sie dürfen ruhig genau da bleiben, wo sie sind: Am Ende findet hier ein sehr konkreter, grosszügiger, demütiger Vorgang statt: Irgendwo da draussen in dieser Stadt haben Menschen dank eines Hinweises im Internet von anderen Menschen erfahren, die einen Wunsch haben. Die sich diesen Wunsch aber nicht leisten können. Sie haben den Wunsch dann erfüllt und eigenhändig im Bajour-Büro deponiert.
Zum einen lagen da schlussendlich diese Dinge. Geschenke mit Schleife drum. Das freute die Beschenkten. Aber noch mehr, so der Eindruck, freute die Menschen, dass da draussen überhaupt irgendjemand so etwas tut. Dass da überhaupt irgendjemand hinausgeht, etwas besorgt, einpackt und dann weitergibt. Gemessen an den Worten und Gesten und der Haltung der Menschen, die am 23. Dezember ihre Geschenke in Empfang nahmen, ist das, was da passierte, von sehr grosser Bedeutung.
Es hat diese Menschen gefreut.
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Gärngschee – Was ist das? Hier findest du alle Infos.
Die Facebook-Gruppe «Gärn gschee – Basel hilft» hat mittlerweile über 20’000 Mitglieder.
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