Standortpaket: Ein Schlag ins Gesicht

Durch das Standortförderpaket soll Basel für Unternehmen trotz OECD-Steuer attraktiv bleiben. Das sei ein Affront, findet Franziska Stier vom Komitee «Basel für Alle». Die Umverteilung durch das Förderpaket höhle die Idee der globalen Mindeststeuer aus. Ein Gastkommentar.

Das Highlight rund um die Fabrikstrasse ist die Architektur. Im Bild das Forum 3 von Diener & Diener mit seinen bunten Glasfenstern.
Novartis und Co. müssen durch die OECD-Mindeststeuer mehr zahlen. Die Regierung will Unternehmen mit dem Standortpaket etwas zurückgeben.. (Bild: Valerie Zaslawski)

Mit der Einführung der globalen OECD-Mindeststeuer für Konzerne hat der Grosse Rat das Standortfördergesetz (StaföG) angepasst. Geplant ist die Schaffung zweier Fonds, aus denen Unternehmen jährlich bis zu 500 Millionen Franken abrufen können: 400 Millionen für Forschung und Entwicklung, 100 Millionen für Projekte im Bereich Gesellschaft und Umwelt.

Das Basler Standortpaket

Wegen der OECD-Steuerreform müssen grosse Unternehmen in der Schweiz eine Mindestgewinnsteuer von 15 Prozent zahlen. Basels Steuereinnahmen sind massgeblich von solchen Unternehmen abhängig. Um zu verhindern, dass sie abwandern, will die Basler Regierung die Mehreinnahmen verwenden, um zwei Fördertöpfe zu schaffen, das sogenannte Basler Standortpaket. Am 18. Mai stimmen wir darüber ab.

In diesem Beitrag legen die Gegner*innen des Standortpakets ihre Argumente dar. Die Argumente der Befürworter*innen folgen.

Dieses Gesetz bedeutet, dass künftig bis zu zehn Prozent des kantonalen Budgets in Form von Subventionen an Unternehmen zurückfliessen – weitgehend der demokratischen Kontrolle entzogen. Gegen diese Umverteilung von Steuergeldern hat das Komitee «Basel für Alle» mit Unterstützung von Gewerkschaften und linken Parteien das Referendum ergriffen.

Warum ist das problematisch?

500 Millionen Franken jährlich sind eine massive Investition – aber nicht in den Service Public, sondern als Subvention für Konzerne. Diese Umverteilung höhlt die Idee der globalen Mindeststeuer aus. Denn anstatt eine Ende des jahrzehntelange Steuerdumping zu bringen, wird das alte Prinzip einfach ersetzt: Nicht mehr mit Tiefsteuern für Unternehmensgewinne, sondern mit Fördergeldern soll Standortpolitik gemacht werden.

Ein Rückblick: Was ist die OECD-Mindeststeuer?

Noch in den 1980er-Jahren lagen Unternehmenssteuern in OECD-Ländern bei 40 bis 50 Prozent. Zahlreiche neoliberale Reformen der letzten 40 Jahre führten im globalen Steuerwettbewerb zu einem «Race to the Bottom»: Heute beträgt der durchschnittliche Steuersatz nur noch rund 24 Prozent. Internationale Konzerne verschieben Gewinne gezielt in Tiefsteuerländer.

Die Schweiz profitiert davon enorm – rund 39 Prozent ihrer Gewinnsteuereinnahmen stammen aus solchen Verlagerungen. Doch der Preis dafür wird oft im globalen Süden bezahlt. 2019 verlor Indonesien etwa 446 Millionen Dollar – zwei Prozent seines Steuersubstrats – durch Gewinnverschiebungen in die Schweiz.

Evoto
«Die Idee der Mindestbesteuerung wird ad absurdum geführt, wenn gleichzeitig Hunderte Millionen in Unternehmenssubventionen gesteckt werden.»
Franziska Stier, Komitee «Basel für Alle», Vorstandsmitglied VPOD Basel

Um diesem Steuerdumping Einhalt zu gebieten, haben sich 140 Länder auf eine Mindestbesteuerung von 15 Prozent geeinigt. In der Schweiz stimmten fast 80 Prozent der Bevölkerung 2023 dafür. Ein kleiner Schritt zu mehr globaler Steuergerechtigkeit. Doch die Idee dahinter wird ad absurdum geführt, wenn gleichzeitig Hunderte Millionen in Unternehmenssubventionen gesteckt werden.

500 Millionen für Konzerne, aber «Kostenneutralität» für die Bevölkerung?

Für mich und meine Kolleg*innen beim VPOD ist das ein Affront. Wir hören Geschichten von Pflegenden, die ständig für notwendige OP-Instrumente kämpfen müssen und selbst die OP-Kleidung oft schon nach der Frühschicht knapp ist – die Kolleg*innen laufen von Umkleide zu Umkleide, weil niemand weiss, wo es noch etwas Passendes gibt. In ihrem Frust laufen bereits Wetten: Wann betritt jemand in Unterwäsche den OP?

Es geht nicht nur um Personalnotstand. Es geht um Arbeitsbedingungen, Sicherheit, Respekt. In den Pflegeheimen fehlt es an Zulagen, wie sie in den Spitälern gezahlt werden. Einen Corona-Bonus gab es nie. Eine echte Reform des Gesundheitswesens bleibt aus.

Auch in der Bildung wird gespart. An der Uni drohen neue Kürzungen, Lehrpersonen sind überlastet, die Betreuungssituation bleibt prekär. Gleichzeitig steigen die Mieten, Badi-Preise werden erhöht, und auch bei Kultur und Sport ist der Zugang für viele zu teuer. 

Standortattraktivität ist mehr als Konzernförderung

Natürlich beobachten wir mit Sorge die milliardenschweren Investitionen der Pharmabranche in den USA. Doch diese Entscheidungen basieren auf langfristigen Strategien: Markterschliessung, kurze Lieferketten, Zollvorteile. Subventionen in Basel ändern daran nichts. Was wir statt Panikmache brauchen, ist eine sachliche Diskussion über unsere Rolle in einer zunehmend unsicheren Welt.

Basel könnte ein Zentrum für Klimagerechtigkeit und globale Gesundheit werden. Stattdessen halten wir an unserer Rolle als Steueroase für Konzerne fest. Den Steuerwettbewerb durch einen Förderwettbewerb zu ersetzen, bedeutet: kurzfristige Interessen der Wirtschaft über internationale Abkommen und das Allgemeinwohl zu stellen.

Das ist nicht nur ein schlechtes Signal an die Welt – es ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die tagtäglich echte Standortattraktivität schaffen: In Spitälern, Schulen, der Müllabfuhr, an der Uni, in der Care-Arbeit – bezahlt, schlecht bezahlt oder unbezahlt. Für sie ist dieses gigantische Konzernsubventionspaket nichts anderes als ein grosses «Fuck you».

Deshalb sagen wir: NEIN zum Standortfördergesetz am 18. Mai.

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