Das musst du zur Erbschaftssteuer-Initiative wissen

Die Zukunftsinitiative der Juso will die Superreichen stärker besteuern und mit den Einnahmen den Klimaschutz stärken. Am 30. November entscheidet die Schweiz, ob sie angenommen wird. Hier die Antworten auf die zehn wichtigsten Fragen.

KEYPIX - Aktivistinnen der JUSO mit Praesidentin Mirjam Hostetmann, 2. von links, machen mit Plakaten von wohlhabenden Schweizer Erben Werbung fuer ihre Volksinitiative "Initiative fuer eine Zukunft", welche eine nationale Erbschaftssteuer fuer Erbschaften ab 50 Millionen Franken fordert, am Rand der Fruehjahrssession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 18. Maerz 2025 auf der Bundesterrasse vor dem Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Aktivist*innen der JUSO machen mit Plakaten Werbung für ihre Volksinitiative. (Bild: © KEYSTONE / ALESSANDRO DELLA VALLE)
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Um was genau geht es bei der Initiative?

Die Initiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert» oder kurz: «Initiative für eine Zukunft» wurde von der Juso ins Leben gerufen. Sie will, dass künftig Erbschaften und Schenkungen über 50 Millionen Franken zu 50 Prozent besteuert werden. Wichtig dabei: Der hohe Steuersatz würde nur auf den Teil des Vermögens anfallen, der die 50 Millionen übersteigt. 

Der Rohertrag der dadurch neu gewonnenen Steuergelder soll gemäss der Initiative zu zwei Dritteln an den Bund und einem Drittel an die Kantone gehen. Er ist zweckgebunden und darf ausschliesslich für sozial gerechte Klimaschutzmassnahmen und den Umbau der Wirtschaft eingesetzt werden.

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Wie hoch könnten die Einnahmen sein?

Die Initiant*innen gehen von rund sechs Milliarden Franken aus. Eine Studie der Universität Lausanne hat berechnet, dass die Steuer zusätzliche 2,5 bis 5 Milliarden Franken einbringen würde – sofern alle Steuerzahler*innen in der Schweiz bleiben.

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Was spricht dafür?

Die Initiant*innen argumentieren vor allem mit Gerechtigkeit und dem Verursacher*innenprinzip. Während die Pro-Kopf-Emissionen bei den tiefen und mittleren Einkommensklassen in den letzten Jahren stetig sanken, seien sie bei den Reichsten um 30 Prozent gestiegen. Internationale Analysen und Berichte bestätigen diese Tendenz. Mit der Initiative würden diejenigen, die die Umwelt am meisten belasten, also am meisten für den Klimaschutz bezahlen.

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Welche Auswirkungen hätte die Initiative auf Basel-Stadt?

Da hier überdurchschnittlich viele Vermögen, Familienunternehmen und Nachlässe mit hohen Beträgen vorhanden sind, wäre Basel-Stadt potenziell stärker betroffen als andere Kantone. Ein Bericht des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik von 2024 zeigt auf, dass im Jahr 2021 die reichsten zehn Prozent im Schweizer Durchschnitt 78,3 Prozent des Gesamtvermögens besassen. Basel übersteigt diesen Durchschnitt. Hier besassen die reichsten zehn Prozent sogar 89,5 Prozent des Vermögens. 

Durch die zweckgebundenen Mittel durch die Steuereinnahmen würde der Kanton mit seinen ambitionierten Klimazielen (Netto-Null Emissionen bis 2037) bei der Umsetzung der Massnahmen wiederum finanziell entlastet.

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Was sind die Kritikpunkte der Gegner*innen?

Kritiker*innen befürchten, dass vermögende Personen oder Unternehmer*innen ins Ausland abwandern könnten, wodurch die Steuerbasis sinken würde. Zudem beanstanden einige, dass viele Vermögen nicht aus liquiden Beteiligungen bestehen, sondern in Firmen oder Immobilien gebunden sind. Eine hohe Erbschaftssteuer könnte die Nachfolgeregelung bei Unternehmen erschweren oder Verkäufe erzwingen, so die Gegner*innen. Der Bundesrat kritisiert, die Initiative sei ein Eingriff in den Föderalismus, da die Erhebung der Erbschaftssteuer in die Zuständigkeit der Kantone fällt.

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Wie stark wären Familienunternehmen betroffen?

Rund 80 Prozent der Schweizer Unternehmen sind Familienbetriebe, viele planen eine familieninterne Nachfolge. Eine 50-Prozent-Steuer auf Erbschaften über 50 Millionen Franken würde die Nachfolge erschweren, da Erb*innen oft Teile oder das ganze Unternehmen verkaufen müssten. Eine Analyse des Beratungsunternehmens PwC berichtet, dass dies auf zwei Drittel der betroffenen Betriebe zutreffen würde.

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Was würde mit der bisherigen Erbschaftssteuer geschehen?

Gemäss dem Initiativtext soll die Kompetenz der Kantone, eine Erbschafts- und Schenkungssteuer zu erheben, unberührt bleiben. Die neue bundesweite Erbschaftssteuer für Vermögen über 50 Millionen würde also zusätzlich zu den bisherigen kantonalen Regelungen gelten.

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Wie sieht die Umsetzung und Rechtssicherheit der Initiative aus?

Eine zentrale offene Frage betrifft die Rückwirkung der Initiative. Geplant ist, dass die neue Regelung sofort mit Annahme der Vorlage greift –  also bevor ein konkretes Steuergesetz ausgearbeitet wurde. Die Initiant*innen argumentieren, dass so verhindert werden soll, dass reiche Personen ihr Vermögen unmittelbar nach der Abstimmung an die Kinder übertragen, bevor das Gesetz gilt. Kritiker*innen und Jurist*innen sehen darin jedoch ein Problem: Solange das Gesetz nicht konkret existiert, herrscht Unsicherheit, insbesondere für betroffene Unternehmen, und es könnten Nachteile entstehen.

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Wer ist dafür und wer dagegen?

Die Juso bekommt Unterstützung von der SP, den Grünen und einigen Umwelt- und Klimaorganisationen. Ein Nein empfehlen die bürgerlichen Parteien und die grossen Wirtschaftsverbände.

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Wie realistisch ist eine Annahme?

Umfragen und Abstimmungsempfehlungen deuten auf geringe Erfolgschancen der Initiative hin. Die SRG-Umfrage vom Oktober zeigt, dass rund 62 Prozent der Befragten gegen die Vorlage sind. Im Nationalrat wurde die Initiative mit 132 zu 49 Stimmen bei 8 Enthaltungen abgelehnt. Auch im Ständerat wurde sie abgelehnt – mit 36 zu 7 Stimmen bei keiner Enthaltung.

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Das ist Helena (sie/ihr): Helena hat Kultur studiert, um über Kultur zu schreiben, während dem Studium aber in so vielen lokalen Redaktionen gearbeitet, dass sie sich in den Lokaljournalismus verliebt und die Kultur links liegen gelassen hat. Nach Bachelor und Praktika startete sie den zweiten Anlauf zur Versöhnung mit der Kunst, ein Master in Kulturpublizistik sollte es richten. Dann kam das Leben (Kinder, Festanstellung bei der bz) dazwischen. Finally beim FRIDA Magazin gab’s dann kurz richtig viel Kultur und die Entdeckung, dass mehr eben doch besser ist. Deshalb macht sie bei Bajour jetzt beides.

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