Kompromiss in Sachen Gleichstellung
Beim Gleichstellungsgesetz könnte Basel ein Coup mit nationaler Strahlkraft gelungen sein. Das Referendum wird von konservativer Seite allerdings in Aussicht gestellt. Nun braucht es eine klare Haltung des progressiven Lagers, findet Valerie Zaslawski.
Wer hätte gedacht, dass aus diesem Hickhack jemals noch ein Kompromiss hervorgehen könnte: Ich spreche vom Gleichstellungsgesetz, welches die vorberatende Justizkommission (JSSK) am Dienstag im Rathaus den Medien präsentiert hat. Das Gesetz soll die Gleichstellung von Frauen und Männern fördern, aber eben auch von LGBTIQ Menschen (auch die BaZ berichtet). Kommt das Geschäft im Januar durch das Parlament, wovon auszugehen ist, würde der Kanton Basel-Stadt eine wichtige Vorreiterrolle in der Deutschschweiz einnehmen. Die Grüne Grossrätin Fleur Weibel spricht auf X, ehemals Twitter, von einem breit abgestützten Gesetz.
Allerdings haben Gegner*innen aus der rechtskonservativen Ecke bereits mit dem Referendum gedroht. In den vergangenen Monaten wurde viel über das neue Gesetz gestritten: Zuerst standen die sogenannten Altfeminist*innen rund um die Gruppe von «Justitia ruft» – unter ihnen Margrith von Felten, früher SP, heute Basta – auf die Hinterbeine. Deren Angst: Die Kategorien Frau und Mann könnten abgeschafft werden. Gesorgt hat frau sich um eine verwässerte Gleichstellung. Dabei wurde infrage gestellt, ob es überhaupt mehr als zwei Geschlechter gibt. Dies führte in jüngerer Vergangenheit zu einer weiteren Uneinigkeit – und zwar im progressiven Lager (diesem gehört die JSSK sowie die Mehrheit der Geschäftsprüfungskommission an, die den Mitbericht verfasst hat).
Das neue Kantonale Gleichstellungsgesetz (KGIG) ermöglicht dem Kanton, die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans, intergeschlechtlichen und weiteren queeren Menschen (LGBTIQ) zu fördern, beispielsweise durch Sensibilisierungsmassnahmen, Informationskampagnen oder Beratungsangebote für Betroffene. Der Kanton erhält mit dem KGIG die gesetzliche Grundlage, neu auch im Bereich LGBTIQ mit privaten Organisationen zusammenzuarbeiten und diese mit Umsetzungsaufgaben zu beauftragen. Hierbei geht es insbesondere um Staatsbeiträge für Beratungsangebote für von Diskriminierungen betroffene Menschen. Das KGlG könnte im Januar vor den Grossen Rat kommen.
Die Argumentation klang hier so: Wenn Frauen und Männer ins Gesetz gehören, dann auch jene, die sich keinem der beiden Geschlechter zuordnen lassen. In anderen Worten: Wenn es mehr als zwei Geschlechter gibt, stellt sich die Frage, wie das im Gesetz abgebildet werden soll. Bei den genauen Formulierungen hat man sich bis heute nicht gefunden. Eine wichtige Anpassung im Vergleich zum Regierungsratschlag ist nun jedoch, dass Nonbinarität (neben Transidentität und Intergeschlechtlichkeit) explizit genannt wird. Ohne der queeren Community vorschreiben zu wollen, was sie von diesem Kompromiss und seinen Formulierungen zu halten hat, wäre es nun wünschenswert, dass die progressiven Kräfte zusammen stehen. Denn wenn das Referendum von rechts kommt, braucht es eine klare Haltung. Da wäre es schade, sich in Details zu verlieren.
Eine erste Reaktion vonseiten habs queer basel lässt hoffen: Dass Nonbinärität in der Aufzählung enthalten ist, sei «sicherlich ein gutes Zeichen für die Community», meint beispielsweise Billy Ostertag, nonbinäres habs-Vorstandsmitglied (im Bild: zVg).
Nonbinäre Menschen explizit im Gesetz zu nennen, heisst denn auch, zu akzeptieren, dass es Menschen gibt, die eben nicht vom einen Geschlecht zum andern transitionieren, sondern weder Frau noch Mann sind. Das ist auch Thema auf Bundesebene: Hier ist zwar ein Wechsel des Geschlechtseintrags möglich, den 3. Geschlechtseintrag gibt es aber (noch) nicht.
Wir haben zu diesem Thema auch unsere Frage des Tages gestellt:
Das neue kantonales Gleichstellungsgesetz will neben der Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern soll es neu auchxexuelle Orientierung, Nichtbinarität, Intergeschlechtichkeit und Transidentität umfassen. Einen dritten Geschlechtseintrag gibt es aber noch nicht, darüber kann nur auf Bundesebene entschieden werden. Betroffene Personen können zwar ihr eingetragenes Geschlecht und ihren Namen zu ändern. Weiterhin sind aber nur das männliche oder das weibliche Geschlecht im Personenstandsregister anerkannt. Nonbinäre Personen haben bisher keine Möglichkeit, einen dritten Geschlechtseintrag vorzunehmen. Was denkst du darüber?
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