«Die Rechnung geht für die Uni nicht mehr auf»

Die Finanzierung der Universität Basel steht auf der Kippe: Eine Gemeindeinitiative aus Baselland verlangt das Ende der gemeinsamen Trägerschaft mit Basel-Stadt. GLP-Nationalrätin Katja Christ sieht den Bundesrat in der Pflicht und fordert eine nationale Uni-Strategie.

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Die Kantone müssen vom Bund unterstützt werden, wenn es Probleme gibt, findet Katja Christ. (Bild: Ernst Field, Mark Niedermann, Collage: Bajour)

Katja Christ, Sie fordern eine nationale Strategie zur Finanzierung der Uni Basel. Warum braucht es das?

Bildung ist unser wichtigster Rohstoff. Als Kommissionssprecherin für die Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) war ich nah am Thema Hochschulfinanzierung dran. Gerade jetzt braucht es in der Hochschulpolitik entschlossenes Handeln, denn es geht um nichts weniger als die Zukunft und die Existenz unserer Universitäten. 

Katja Christ
Zur Person

Katja Christ (GLP) ist seit 2019 für den Kanton Basel-Stadt im Nationalrat und seit Dezember 2024 dessen 2. Vizepräsidentin. Von 2014 bis Ende 2019 war sie Mitglied im Grossen Rat und bis 2024 Parteipräsidentin der GLP Basel-Stadt. 

Das klingt düster.

Ich denke einfach an die Zukunft und frage mich: Stimmt die Grundstruktur der Unifinanzierung noch? Ausser der ETH sind die Unis in der Schweiz kantonal getragen und als Teil des föderalen Bildungssystems unerlässlich für die Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte und die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Aus meiner Sicht macht es sich der Bund zu leicht, wenn er sich auf die Finanzierung seiner ETH beschränkt und den Rest grösstenteils den Kantonen überlässt, denn auch die Grundbeiträge des Bundes sinken pro Kopf bei steigenden Studierendenzahlen. Die Kantone, die sich eine Uni leisten, erfüllen den Bildungsauftrag, der in der Bundesverfassung verankert ist. Aus meiner Sicht müssen die Kantone unterstützt werden, wenn es Probleme gibt.

Wie jetzt in Basel mit der Gemeindeinitiative?

Genau. Es gibt Forderungen seitens Baselland, aus dem Univertrag auszusteigen. Das mag nachvollziehbar sein, weil das Baselbiet vielleicht das Gefühl hat, vor allem Basel Stadt würde vom Unistandort profitieren. Die «Unifinanzierungsinitiative» wurde diese Woche in Liestal eingereicht. Auch, wenn ich die Beweggründe emotional nachvollziehen kann, halte ich diese politische Entwicklung für sehr gefährlich.

Inwiefern?

Es kann nicht sein, dass einer der beiden Trägerkantone einseitig ausschert. Die Haltung «entweder beteiligen sich alle Kantone oder ich steige aus» greift zu kurz und wird der gemeinsamen Verantwortung nicht gerecht. Basel-Stadt und Baselland haben eine gemeinsame Trägerschaft, da sollte keiner von beiden einseitig diktieren, wie es jetzt weiterläuft. Wenn beide Trägerkantone so agieren würden, stünde die Existenz der Uni auf dem Spiel. Zielführender wäre es, wenn beide Partner*innen wirklich gemeinsam und entschlossen für die Uni Basel einstehen würden. Ich denke, dass die Regierung von Baselland der Initiative eher skeptisch gegenüber steht – aber am Schluss wird das Stimmvolk entscheiden.

Wie könnte das Problem in Basel gelöst werden?

Ein Studienplatz kostet pro Jahr und pro Kopf im Schnitt 30'000 Franken. Aktuell tragen Basel-Stadt und Baselland die Hauptlast der Uni Basel, sie leisten pro Studierende einen Beitrag von rund 70'000 CHF pro Jahr, während die übrigen Kantone lediglich etwa 15'000 CHF beisteuern. Dadurch entsteht ein beträchtliches Restdefizit, das vollständig von den beiden Trägerkantonen getragen werden muss. Ich finde, dass sich die Kantone, aus denen die Studierenden kommen, mehr an den realen Kosten beteiligen sollten. Es gibt zudem gerade an der Uni Basel sehr viele Studierende aus dem Ausland. Ich begrüsse das, aber die Rechnung geht für die Uni Basel nicht mehr auf.

Finanzierung Uni Basel
Die Finanzierung der Universität Basel. (Bild: Universität Basel)

Weshalb nicht?

Studierende aus dem Ausland zahlen nicht einmal den Pro-Kopf-Beitrag, den wir in der Schweiz an die Kantone zahlen. Das heisst leider: Jede*r ausländische Studierende ist für eine kantonale Uni eine zusätzliche finanzielle Belastung. Die Uni Basel hat fast 30 Prozent ausländische Studierende und somit eine völlig andere Ausgangslage als zum Beispiel Bern. Diese finanzielle Zusatzlast sollte allenfalls von Nicht-Trägerkantonen und Bund mitgetragen werden.   

Wären Sie dafür, die Studiengebühren zu erhöhen?

Rein rechnerisch müssten wir die Studiengebühren für ausländische Studierende massiv erhöhen und vielleicht sogar verdoppeln. Das Vertragspaket mit der EU legt aber fest, dass die ausländischen Studierenden gegenüber den Schweizer Studierenden in keiner Weise benachteiligt sein dürfen, weder durch Gebühren noch durch Quoten oder Prüfungen. Wenn wir die Studiengebühren erhöhen, dann müssen wir das für alle Studierenden tun und dann allenfalls bei den inländischen Stipendien einen Ausgleich anstreben. Auch zu diesem Thema habe ich eine Interpellation eingereicht, weil sich der Bund an einem gewissen Punkt nicht mehr aus der Verantwortung stehlen kann. 

Der Bundesrat hält fest, dass er seine Verantwortung für eine qualitativ hochstehende und leistungsfähige Hochschullandschaft bereits wahrnimmt. Sind Sie mit dieser Antwort zufrieden?

Ich finde, der Bund weist einmal mehr die Verantwortung von sich, indem er sich auf die gesetzliche Grundlage und auf die Verantwortung der Kantone beruft. Aber wenn wir mal ein finanzielles Negativszenario durchspielen, droht mittelfristig das Szenario, dass sämtliche kantonale Universitäten bald nicht mehr finanzierbar und tragbar sind. Ich denke nicht, dass das morgen passiert, aber der Bund sollte und muss ein Interesse daran haben, dass mindestens die Universitäten, die wir haben, weiter existieren und Forschung auf hohem Niveau betreiben können.

Katja Christ
«Es steht zu viel auf dem Spiel, als dass der Bund sich zurücklehnen und den Kantonen beim Streiten zuschauen kann.»
Katja Christ, GLP-Nationalrätin

Wenn die Bilateralen III angenommen werden, muss der Bund der Uni Basel also unter die Arme greifen?

Ich bin 100 Prozent überzeugt, dass wir diese Verträge mit der EU jetzt brauchen. Sie sind ein sehr gutes Angebot. Wenn aber mehr Studierende aus dem Ausland kommen, muss der Bund seine übergeordnete Verantwortung für die Bildungslandschaft der Schweiz wahrnehmen. 

Sie möchten den Bund wachrütteln?

Ich habe das Postulat eingereicht und begründet, warum ich jetzt eine Strategie vom Bund erwarte. Es steht zu viel auf dem Spiel, als dass der Bund sich zurücklehnen und den Kantonen beim Streiten zuschauen kann. Der letzte interkantonale Univertrag zwischen Baselland und Basel-Stadt ist 2022 erneuert worden. Wenn ein Trägerkanton jetzt bereits sagt, dass er unzufrieden ist, dann müssen wir das ernst nehmen – auch in Anbetracht der sonstigen aktuellen finanziellen Herausforderungen.

Flyer Podium Uni Basell-6 (2)
Quo vadis, Uni Basel?

Bajour lädt zur Podiumsdiskussion ein: Wir sprechen über die Zukunft der Uni Basel und darüber, wie sie sich künftig finanzieren und positionieren möchte.

Zur Anmeldung

Sind Finanzierungsmodelle wie Partnerschaften oder die Drittmittelakquise wichtig?

Man muss offen ansprechen, dass eine Uni nur mit Drittmitteln existieren kann. Wir müssen der Bevölkerung nahebringen, dass Partnerschaften etwas Gutes sind und es strenge Richtlinien gibt, die klarstellen, dass die Geldgeber*innen keinerlei Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung der Forschung nehmen dürfen. Aber es wird – auch aufgrund der US-Zölle – künftig nicht einfacher, Drittmittel zu bekommen. 

Die Unis stehen also finanziell vor diversen Herausforderungen? 

Auch wenn es im Moment überall brennt, funktioniert der Betrieb noch. Die Leute sagen oft, es läuft ja alles, wieso sollen wir irgendetwas ändern? Aber die Situation erodiert schleichend, Unternehmen werden ihre Standorte verlegen, die Forschung gerät unter Druck und die Uni wird das spüren. Wenn wir jetzt nicht entschlossen investieren, drohe uns bald ernsthafte Probleme.

Es gibt Stimmen, die eine stärkere Spezialisierung oder Profilierung der Universität fordern – etwa auf Life Sciences.

Ich stehe klar hinter der Volluniversität Basel. Es wäre falsch sich ausschliesslich auf die Naturwissenschaften zu beschränken. Basel ist ein Ort, an dem gerade die Geistes-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften ebenfalls sehr stark verankert sind und eine lange Tradition haben. Diese sind aus Basel nicht wegzudenken und ein grosser Gewinn für die Uni, den man nicht einfach so aufgeben darf. Die Uni Basel ist doch gerade attraktiv für Studierende, weil das Spektrum an Fakultäten und Fachgebieten so gross ist. Diesen Standortvorteil müssen wir unbedingt erhalten.

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Valerie Wendenburg

Nach dem Studium, freier Mitarbeit bei der Berliner Morgenpost und einem Radio-Volontariat hat es Valerie 2002 nach Basel gezogen. Sie schreibt seit fast 20 Jahren für das Jüdische Wochenmagazin tachles und hat zwischenzeitlich einen Abstecher in die Kommunikation zur Gemeinde Bottmingen und terre des hommes schweiz gemacht. Aus Liebe zum Journalismus ist sie voll in die Branche zurückgekehrt und seit September 2023 Redaktorin bei Bajour. Im Basel Briefing sorgt sie mit ihrem «Buchclübli mit Vali» dafür, dass der Community (und ihr selbst) der Lesestoff nicht ausgeht.

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