Ein Herz für Kleinbasel

Der Start der Herz Bar an der Clarastrasse war überschattet von Corona. Und jetzt versperrt die Grossbaustelle den einfachen Zugang zum Lokal. Trotzdem beginnt für sie die kältere Saison mit einem Motivations-Booster.

Herz Bar
Das Herz ist auch sonst nicht auffällig, aber mit Baustelle noch unscheinbarer. (Bild: Jeanne Wenger)

Die Clarastrasse im Kleinbasel lebt. Polizei, Blumenladen, Bajour – hier treffen ganz unterschiedliche Welten aufeinander. Was nun gerade alle zu spüren bekommen, ist die Grossbaustelle. Die Gewerbeflächen sind zwar alle weiterhin nutzbar, speziell für die Gastrobetriebe ist es aber ein tiefer Einschnitt. Die meisten Aussensitzplätze mussten dem Bagger weichen und der Lärm ist auch nicht besonders einladend für Gäste. 

Eine Bar, die sich von dem nicht beirren lässt, ist das Herz. Auch ihre 24 Aussensitzplätze konnten sie wegen der Baustelle nicht nutzen – eine Entschädigung dafür gebe es nicht. Das sei gerade während den langanhaltenden warmen Monaten nicht optimal gewesen, sagen die Inhaber Norbu Tsering und Martin Bornemann. «Jetzt im Herbst und Winter ist das nicht mehr so schlimm und wir sind auch froh, wenn wir eine gute Wasser- und Stromversorgung haben und die Clarastrasse langfristig aufgewertet wird.» Sie können es aber durchaus verstehen, dass es für andere Betriebe einschneidend ist.

Herz Bar Inhaber
Die Inhaber Norbu Tsering und Martin Bornemann haben 2020 das Herz eröffnet. (Bild: zVg/Pati Grabowicz)
Rosa Mikrofon
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Noch bis September 2024 werden in der Clarastrasse zwischen Claraplatz die Leitungen erneuert. Ab September 2024 sollten die Tramgleise ersetzt und die Haltestellen umgebaut werden. Wenn Du das Geschehen an der Clarastrasse weiterhin verfolgen möchtest, dann schau bei unserem Instagram Account vorbei. Dort ist Kollege Ernst Field mit dem rosa Mikrofon und Baustellenhelm unterwegs und gibt dir regelmässig Einblicke ins Geschehen.

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Mit Herausforderungen kennen sich die beiden aus. Sie eröffneten die Herz Bar im September 2020, also genau während der Pandemie. Damals konnten sie die Situation «mit kreativen Ideen bewältigen», wie die beiden erzählen. Damals gab es einen Fensterverkauf und Flaschencocktails zum Selbermixen für zu Hause. «Gäste wurden zu Stammgästen», obwohl sie noch nie in der Bar drin waren, meint Tsering.

Das Herz an der Clarastrasse 11 ist bewusst «nicht schreiend» angeschrieben, erklärt Tsering. Sie möchten eine «niederschwellige Nachbarschaftsbar» sein, in die man gehe, wenn man gemütlich in schönem Ambiente etwas trinken möchte. Mit der Baustelle vorne dran, ist sie noch unscheinbarer, aber das mache nichts, meint Tsering. Die Bar möchte «entdeckt werden».

Herz Drink
Die grüne Farbe bekommt der Drink durch die Feigenblatt-Essenz. (Bild: zVg)

Das überschaubare Lokal ist schlicht eingerichtet, kleine Holztische ziehen sich längs durch den schmalen Raum, im hinteren Teil der Tresen und Blick auf den Innenhof. Dort kann man auch die Metallkessel der Stadtbrennerei erblicken, mit der das Herz zusammenarbeitet. Eine besondere Kreation ist zum Beispiel der Feigenblatt Old Fashioned. Feigenblätter vom eigenen Feigenbaum werden destilliert, sodass eine Feigenblatt-Essenz entsteht, die den Drinks eine grüne Farbe gibt.

«Zero Waste funktioniert nicht, aber wir möchten mit Ressourcen sinnvoll umgehen.»
Martin Bornemann, Inhaber Herz

Die Karte wechselt mehrmals im Jahr und richtet sich nach saisonalen sowie regionalen Zutaten. Momentan werden beispielsweise Cocktails mit den Namen «Basil Brudi» oder «Butternut Squash» angeboten. Zum Konzept gehört auch, den Ausschuss möglichst gering zu halten. Bornemann findet: «Zero Waste funktioniert nicht, aber wir möchten mit Ressourcen sinnvoll umgehen.»

Herz Bar
Die Bar ist schlicht und modern eingerichtet. (Bild: zVg/Pati Grabowicz)

Die beiden haben nicht nur einen Blick für Foodwaste, sondern machen sich auch Gedanken zum Alkoholkonsum. Alkoholfreie Cocktails seien zwar noch nicht auf der Karte, aber sie merken, dass die Nachfrage steigt und bieten auch Alternativen an, wenn jemand danach fragt. Die beiden trinken ebenfalls vermehrt alkoholfreie Getränke: «Wir merken, dass wir älter werden und haben mittlerweile auch Kinder.»

Am liebsten trinke Tsering momentan Wein oder Cocktails auf Sherry-Basis und Bornemann greife gerne zu einem «ganz normalen Bier». «Es kommt aber immer auf die Situation und Stimmung an», meint Bornemann ergänzend.

«Wir merken, dass wir älter werden und haben mittlerweile auch Kinder.»
Norbu Tsering und Martin Bornemann, Inhaber Herz

Im Herz gibt es neben Getränken auch Snacks. Vor allem der Hot Dog komme gut an, meint Tsering. Ihnen sei es wichtig gewesen, auch etwas zum Essen anbieten zu können, weil «das Gruppen auseinanderbringen kann». Bis Bar-Schluss bestehe das Angebot, sodass nicht «der Döner von der Gasse» herhalten müsse.

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Ein schmaler Gang führt zum Tresen. (Bild: zVg/Pati Grabowicz)

Mit ihrem Konzept möchten sie die Leute abholen und bis jetzt bewährt es sich. Die Inhaber sind mit dem Verlauf und am gewählten Standort sehr zufrieden. Sie sagen: «Die Atmosphäre hier ist toll und wir können mit dem Herz die Basler Bar-Szene bereichern.» Wie überall müsse man auf die Mitmenschen achten, aber Lärmklagen gebe es nur selten.

Für die kommenden Monate hat das Herz gerade einen kleinen Motivations-Boost bekommen: Sie erhielten nämlich den Trinationalen (DACH-Region) «Mixology Award» für die «Bar des Jahres 2024 Schweiz». Tsering meint, dass «die Auszeichnung schon ziemlich cool ist», obwohl es sich um einen Award handle, der vor allem in der Bartender*innen-Szene grosse Anerkennung bekommt. Die Auszeichnung gebe für die kommende Zeit Mut und die Inhaber bleiben trotz Baustelle optimistisch.

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