Pippi, Wickie und Co.: Im Sommer spielt das Arlecchino draussen

Seit fast drei Jahrzehnten behauptet sich das Kindertheater Arlecchino in der Region Basel – im Sommer unter freiem Himmel. Auch in diesem Jahr gibt es drei verschiedenen Spielorte. Theaterleiter Thomas Luterbacher hat Bajour von der Geschichte des beliebten Familientheaters erzählt.

Arlecchino
«Der Räuber Hotzenplotz» zog an der Premiere in der Langen Erle insgesamt rund 500 Besuchende an. (Bild: Theater Arlecchino)

Rund 65’000 Besucher*innen zieht das «Arlecchino» jährlich an. An diesem Mittwochmorgen im Juli ist es still im sonst belebten Haus am Walkeweg beim Joggeli. «Hier ist Pause, die nächsten sechs Wochen finden draussen statt», sagt der Theaterleiter Thomas Luterbacher.

Im Jahr 2015 ist das «Arlecchino» vom Kleinbasel an den Walkeweg 122 gezogen. Wo früher Schilder gelagert wurden, werden seit acht Jahren Kinderstücke aufgeführt. Jeweils zwischen September und Juni finden um die 14 Produktionen am Walkeweg und ein Gastspiel im MUKS-Museum für Kultur und Spiel in Riehen statt.

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Seit acht Jahren dabei: Der Theaterleiter Thomas Luterbacher. (Bild: Laura Ferrari)

Im Sommer werden drei Stücke an drei verschiedenen Spielorten inszeniert: In den Langen Erlen, im Wegmattenpark in Allschwil und im Park im Grünen in Münchenstein. Je zweimal täglich stehen die Schauspieler*innen für eine Stunde auf der Bühne.

«Die Arena in der Grün 80 ist die Mutter unserer Sommertheater, dort spielen wir in diesem Jahr bereits zum 20. Mal», sagt Thomas Luterbacher. Er hat vor acht Jahren die Theaterleitung des «Arlecchino» übernommen. Damals ist das Theater gerade an den Walkeweg gezogen.

«Das Geld ist immer wieder knapp, aber es ist immer irgendwie aufgegangen.»
Thomas Luterbacher, Theaterleiter Arlecchino

Gegründet wurde das «Arlecchino» vor 27 Jahren vom Basler Peter Keller, der seit jeher als künstlerischer Leiter fungiert und dies seit einem Jahr gemeinsam mit der Schauspielerin Tanja Horisberger bestreitet. Jahrelang habe Keller die Stücke ausgesucht und jede Fassung geschrieben, sagt Luterbacher. 

Er selbst ist zuständig für alles, was rund um das «Arlecchino» passiert. Eine grosse Aufgabe sei das Fundraising, denn das Familientheater ist nicht subventioniert: «Ich schreibe jedes Jahr Stiftungen und Sponsor*innen an. Das Geld ist immer wieder knapp, aber es ist immer irgendwie aufgegangen.» Der Eintritt zu den Sommer-Aufführungen ist frei, es gibt nach jeder Vorstellung eine Kollekte.

Kinderklassiker auf der Bühne

Wer sich die Auswahl der Produktionen anschaut, merkt schnell, dass im «Arlecchino» kein Klassiker fehlt. Von «Pippi Langstrumpf» über «Ronja Räubertochter» bis zu «Jim Knopf», das Programm ist stets mit bekannten Titeln gefüllt. Und dies aus einem simplen Grund: «Wir sind nicht subventioniert, das heisst, wir müssen Stücke spielen, die man kennt», sagt Luterbacher. «Sobald die Leute einen Titel nicht kennen, kommen sie weniger», fügt er an.

«Wir halten uns an die Handlung, aber verpassen den Geschichten ein zeitgemässes Gewand», sagt der Theaterleiter. 

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Zum ersten Mal ein eigens geschriebenes Stück im Sommerprogramm: «Ei, ei, PinQueen» wird in der Arena der Grün 80 aufgeführt. (Bild: Theater Arlecchino)

In diesem Jahr aber gibt es im Sommerprogramm etwas, das sehr selten vorkommt: Peter Keller hat mit «Ei, ei, PinQueen» ein neues Stück geschrieben – für die ganze Familie. Keller habe die Pinguin-Geschichte für die Arena in der Grün 80 geschrieben, aus Lust an einem Stück, das sich mit der Klimadebatte befasst, so Thomas Luterbacher. An den anderen Spielorten bleibt sich das «Arlecchino» mit dem «Räuber Hotzenplotz» in den Langen Erlen und der Wikinger-Geschichte «Wickie und die starken Männer» in Allschwil treu. 

«Wir wollen einen niederschwelligen Theaterbesuch bieten.»
Thomas Luterbacher, Theaterleiter

Besucht werden die Sommer-Aufführungen sehr gut: «Am 2. Juli hatten wir insgesamt 1200 Besucher*innen an den zwei Spielorten», sagt der Theaterleiter. Die Premiere vom Räuber Hotzenplotz in den Langen Erlen habe insgesamt über 500 Gäste angezogen.

Und wie läuft es mit der Kollekte? «Bescheiden», sagt Luterbacher. Pro Person kommen etwa fünf Franken in die Kasse. «Bei diesen hohen Besucher*innenzahlen würden wir uns natürlich über mehr freuen.» Aber Eintritt zu verlangen sei schlussendlich aufwendiger: «Wir wollen einen niederschwelligen Theaterbesuch bieten. Mit Tickets würde es für uns und für die Besucher*innen kompliziert werden», sagt Thomas Luterbacher. Rückerstattungen bei abgesagten Vorstellungen für diese Besucher*innenzahl seien für das kleine Team nicht möglich.

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«Wickie und die starken Männer» spielt im Wegmattenpark in Allschwil. Yuri Fasola, der Wickie spielt, hat bereits in einigen Produktionen mitgewirkt. (Bild: Theater Arlecchino)

Kein festes Schauspiel-Ensemble

«Der Erlös aus der Kollekte wird nach einem Schlüssel verteilt, ein Teil geht ans Theater. Alle Schauspieler*innen erhalten aber eine Mindestgarantie», sagt Luterbacher. Das Ensemble bekomme einen fixen Lohn zugesprochen, das Geld aus der Kollekte diene als Zusatz. Müssten wegen eines regnerischen Sommers viele Aufführungen abgesagt werden, sei das Gehalt der Mitwirkenden gesichert.

Ein festes Ensemble hat das «Arlecchino» keines: «Wir haben einen grossen Stock an tollen Schauspieler*innen und diese fragen wir für die jeweiligen Produktionen an». Vom Gehalt, das das Theater zahlen kann, würden die Schauspielenden nicht leben können: «Viele sind seit Jahren dabei, weil sie die Arbeit hier enorm schätzen. Auch Kinder sind dabei, die gerne ihre Schulferien für das Theater opfern», sagt Luterbacher.

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Seit 2015 befindet sich das Theater Arlecchino in einem ehemaligen Lagerhaus am Walkeweg. (Bild: Laura Ferrari)

Das «Arlecchino» bietet zudem jährlich 16 Workshops für Kinder an. Und daraus entsteht teilweise auch die Möglichkeit, bei einer Produktion mitzumachen: «Zwölf Kinder, die an einem unserer Workshops teilgenommen haben, wurden für das Stück ‹Emil und die Detektive› gecastet.» Die Aufführungen fanden im vergangenen Mai statt, im September wird das Stück wieder aufgenommen.

Und was passiert, wenn der künstlerischen Leitung plötzlich die Ideen für Stücke ausgehen? Thomas Luterbacher lacht: «Das Gute ist, unser Zielpublikum ändert sich alle fünf bis acht Jahre, wir können die Pippi also immer wieder spielen».

Die Vorstellungen:

  • «Räuber Hotzenplotz» in den Langen Erlen, beim Restaurant: 3. Juli bis 12. August / Montag bis Samstag 14:00 und 16:00
  • «Ei, ei, PinQueen» im Park im Grünen, Münchenstein: 2. Juli bis 13. August / Sonntag bis Freitag 14:00 und 16:00
  • «Wickie und die starken Männer» im Wegmattenpark, Allschwil: 1. Juli bis 13. August / Sonntag bis Freitag 14:00 und 16:00
theater Herz
Wir können nicht schauspielern.

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