«Eltern sollten kein Drama wegen der Maskenpflicht an den Schulen machen»
Im neuen Jahr tragen in Basel-Stadt auch Erstklässler*innen Masken. Wie haben die Eltern sie darauf vorbereitet? Wir haben die Gärngschee-Gruppe gefragt. Ein Text mit viel Meinung.
Es ist wie immer mit Corona: Die einen freuen sich darüber, dass ihre Kinder jetzt Maske tragen und «endlich geschützt werden». Die anderen sehen eine «rote Linie» überschritten, weil die Maske «mehr schade». Dementsprechend gibt es in Basel auch zwei Petitionen: Eine für mehr Schutzmassnahmen an den Primarschulen, sie liegt bei Regierungsrat Conradin Cramer. Und eine gegen die Maskenpflicht, sie zirkuliert aktuell unter Basler Eltern.
Egal, ob man das als Mutter oder Vater gut findet oder nicht; am Montag nach den Ferien durfte/musste das Kind Maske in der Schule tragen, und zwar ab der ersten Klasse. So will es die Regierung. Sie argumentiert mit der neuen Omikron-Variante. Diese Massnahme und auch die neu obligatorischen repetitiven Tests hätten zum Ziel, dass die Schulen auch weiter offenbleiben können.
Als Mutter habe ich mir zwischen den Jahren Gedanken gemacht:
- Wie bereiten die Eltern ihre Kinder auf die Maskenpflicht vor?
- Werden die Corona-Diskussionen, die man aus dem Freundeskreis, der Familie und den Kommentarspalten der Medien kennt, jetzt auch in die Schule getragen?
- Werden die Kinder weiterhin miteinander spielen, auch wenn die Eltern unterschiedliche Meinungen zur Maskenpflicht haben?
- Welche Gedanken machen sich andere Eltern?
Also habe ich gemacht, was wir bei Bajour häufig tun: Die Gärngschee-Community gefragt.
Es passierte, was häufig passiert: Verschiedene Mütter und auch Lehrerinnen teilten Gründe, weshalb sie dafür oder dagegen sind (Väter meldeten sich keine). Doch bei der Diskussion fällt auf: Die Voten sind fast alle freundlich. Und viele Eltern versuchen, keine grosse Sache aus der Maskenpflicht zu machen, auch wenn sie dagegen sind. Damit ihre Kinder die Massnahme locker nehmen.
Stephanie Lilly, beispielsweise, findet es «überhaupt nicht toll», dass ihre Tochter jetzt einen Mundschutz trägt. Aber sie versucht, ruhig zu bleiben, damit ihr Kind es ebenfalls bleibt. «Zur Zeit können wir es nicht ändern», wenn sie besser damit umgehe, sei es auch für ihre Tochter einfacher.
Sarah Kreis findet das gut: «Wir als Eltern sollten einfach KEIN Drama machen. Die Kleinen leiden höchstens unter der elterlichen Hysterie.» Um ihr Kind hat sie eigentlich keine Angst, aber sie befürwortet die Maskenpflicht, um die Lehrer*innen zu schützen: «Die Lehrpersonen sind auch Menschen.»
Nun hat es in der Gärngschee-Gruppe einige Lehrerinnen. Eine davon ist Johanna Kathriner, welche genug hat von Medienbeiträgen wie diesen. Sie schreibt: «Wäre toll, wenn wir seitens der Medien Unterstützung hätten, statt noch mehr Widerstand.» Sie sei als Lehrerin und «Fünffach-Mami» doppelt betroffen: «Die Maskenpflicht hätte schon viel früher kommen müssen.»
Ein*e andere*r Lehrer*in, ist dagegen «entsetzt», dass Kinder «zum Schutze gewisser Erwachsenen diese Massnahmen ertragen müssen.» Die Person macht sich Sorgen um die «Seele der Kinder».
Ganz anders sieht das Sarih Laure Ganzmann. Als Heilpädagogin in einer Kleinklasse macht Ganzmann die Erfahrung, dass Kinder gut mit der Maske umgehen, in ihren Klassen herrscht schon länger Maskenpflicht: «Für die Kinder ist es eigentlich nur im Sportunterricht schwierig. Ansonsten machen sie es echt toll.» Wenn die Erwachsenen mit einer gewissen «Vernunft und Selbstverständlichkeit Halt und Normalität ermöglichen», macht sich Sarih Laure Ganzmann keine Sorgen. «Das hilft den Kindern psychisch mehr als die Massnahmen-Hinterfragerei.»
Das bestätigen verschiedene Studien. So schaden Masken der Kommunikation offenbar wenig, Kinder können die Emotionen ihrer Mitmenschen auch mit Maske lesen und einschätzen. Eine weitere Studie zeigt, dass die Einstellung der Kinder von den Eltern abhängt. Haben diese Mühe mit dem Mundschutz, tut es auch der Nachwuchs. Nehmen es Mama und Papa locker, fühlen sich auch die Kinder besser damit.
Sorgen macht sich Heilpädagogin Ganzmann dafür um Risikopersonen, die Kinder unterrichten oder mit ihnen in einem Haushalt leben und sich so anstecken könnten.
Tatsächlich haben die Kinder sich in den letzten Wochen zu Treibern der Pandemie entwickelt, weil sie das Virus an Erwachsene übertragen können. Die Mehrheit der Kinder selbst übersteht Corona jedoch gut, davon gehen Expert*innen aus. Es besteht allerdings ein gewisses Risiko, dass Kinder Long Covid oder das PIMS-Syndrom bekommen.
Apropos Studien: Eine Frau aus der Gärngschee-Gruppe hat mich gefragt, warum ich als Journalistin gewissen Kommentaren widerspreche.
Es ist journalistische Pflicht, bei den Fakten zu bleiben. Macht jemand eine Falschaussage, ist es die Aufgabe der professionellen, das zu kennzeichnen. Ein Beispiel: Wenn in der Gruppe jemand schreibt, die Maske schade den Atemwegen, können Medien das nicht stehen lassen. Denn die Schweizerische Gesellschaft für pädiatrische Pneumologie und andere Expert*innen haben gesagt, sie seien für Kinder medizinisch unbedenklich. Dabei stützen sie sich auf die neusten Daten. Natürlich können sich auch Wissenschaftler*innen irren. Aber wenn die Mehrheit eines Fachs aufgrund von streng überprüften wissenschaftlichen Studien zu einem Schluss kommt, liegt dieser der Wahrheit näher als irgendwelche Behauptungen, die man irgendwo aufgeschnappt hat.
Dieselbe Frau aus der Community hat mich auch nach meiner persönlichen Meinung gefragt. Ich bin für die Maskenpflicht an der Primarschule. Um die Kinder und ihr Umfeld zu schützen. Aber ich kenne Eltern, die gegen die Maskenpflicht und andere Massnahmen sind. Diese Eltern und ihre Kinder schätze ich. Mein Kind soll weiterhin mit ihren Kindern spielen und wir Erwachsenen uns freundlich unterhalten können, wenn wir uns im Quartier antreffen. Ich möchte Freund*innen bleiben, trotz unterschiedlichen Meinungen.