Plötzlich berühmt dank Trump
Seit das Werk mit dem gekreuzigten US-Präsident in der Passage beim Rümelinsplatz hängt, wird der Initiator der «Kunstmeile» Lakis Sgouridis mit internationaler Aufmerksamkeit überschüttet. Wir haben ihn vor Ort getroffen und gefragt, wie es ist, auf einmal so im Fokus zu stehen.
Die Rümelinspassage ist seit letzter Woche weltberühmt – dabei war sie zuvor nicht mal den Basler*innen wirklich bekannt. Der Grund dafür ist das Trump-Kunstwerk des britischen Künstlers Mason Storm, das seit dem 1. November dort ausgestellt ist. Es zeigt eine Figur des US-Präsident Donald Trump, der im orangen Häftlingsanzug an ein Kreuz geschnallt ist, das zugleich einer Pritsche für Hinrichtungen ähnelt. Nicht nur in den Nachbarländern, selbst in Japan, Brasilien oder Indonesien wurde in den Medien über die Passage mit dem Kunstwerk berichtet.
Die Galerie Gleis 4 wollte das Kunstwerk «Saint or Sinner» am Bahnhof SBB ausstellen, suchte dann aber aus Sicherheitsgründen einen ruhigeren Ort. Als die Galeristen auf Lakis Sgouridis, den Betreiber der «Kunstmeile» zukamen, sagte er sogleich zu – die Möglichkeit einer neuen Reichweite für die Kunst in der Rümelinspassage liessen ihn nicht lange zögern.
Die Passage zwischen Gerbergasse und dem Rümelinsplatz mit ihrem blitzblankem Boden ist leicht zu übersehen, jetzt tummeln sich darin viele Schaulustige, die sich selbst ein Bild des Trump-Kunstwerks machen wollen. Ein amerikanischer Geschäftsmann lacht laut auf, als er seinen Präsidenten im Kleinformat in der Vitrine entdeckt. Zwischen ihnen steht der Initiator Lakis Sgouridis, der die Passage zur Kunstmeile umbenannt hat. Er klärt gerade eine interessierte Passantin über das berühmte Werk auf.
Ein paar Vitrinen weiter oben befindet sich die Galerie von Sgouridis, darin stellt er seine eigenen Pop-Up-Kunstwerke aus. Eigentlich ist Kunst sein Hobby und er arbeitet Vollzeit als Reederei-Kaufmann. Seit dem Rummel um das Trump-Kunstwerk ist er rund um die Uhr beschäftigt. «Wir wollten langsam bekannt werden. Mit Trump ging es nun von 0 auf 1000», sagt er. Die Kunstmeile betreibt Sgouridis nun seit einem knappen Jahr – die Passage selbst gibt es aber schon viel länger. Sie wurde in den 50er-Jahren erbaut und beheimatete das Kino Studio Central, die Vitrinen zeigten unter anderem Filmwerbung.
Neben Sgouridis auf dem Sofa sitzt Victor Fritz, auch er stellt in der Kunstmeile aus. Sein Platz ist eine kleine Vitrine direkt gegenüber des Kunstwerks von Mason Storm. Mit feinen Blätterfiguren und dekorativen Statuen scheint seine Kunst ein Gegenpol zum lauten Werk des Briten zu sein. Dies zeigt die Vielfalt der Aussteller*innen in der Passage.
Sgouridis, dem die private Rümelinspassage übrigens nicht selber gehört, vermietet die Vitrinen an die Künstler*innen weiter. 150 Franken im Monat kostet ein solcher Platz. Bei der Auswahl der Aussteller*innen wertet Sgouridis die Kunst nicht, sondern versucht, vielen eine Chance zu geben. «Für Künstler kann es recht schwer sein, in eine Galerie zu kommen, sie müssen teils viel Geld hinlegen, können oder müssen schon einen gewissen Namen haben», sagt Sgouridis.
«Wir müssen Synergien nutzen, zusammen sind wir stärker als alleine.»Lakis Sgouridis
37 Aussteller*innen sind momentan in den Vitrinen der Kunstmeile zu sehen, 45 weitere stehen auf der Warteliste. Anders als in Galerien nimmt Sgouridis keine Kommissionen ein. Wie Sgouridis lebt auch Fritz nicht vom Verkauf der Kunst. «Mir geht es nicht ums Geldverdienen. Wenn ein Künstler seine Arbeit für sich macht, dann wird’s gut», sagt Fritz. Die Aussteller*innen in der Kunstmeile tauschen sich in einem gemeinsamen Whatsapp-Chat aus und freuen sich, wenn jemand etwas verkauft. «Wir müssen Synergien nutzen, zusammen sind wir stärker als alleine», sagt Sgouridis.
Viele negative Reaktionen
So rund es auch laufen mag, die neue Aufmerksamkeit, die primär dem Trump-Kunstwerk gilt, bringt für dessen Betreiber auch eine unangenehme Seite mit sich. Sgouridis erzählt, dass ein Grossteil der Reaktionen, die er erhält, negativ sind. Viele mögen das ausgestellte Werk nicht und kritisieren Sgouridis, der provokanten Kunst eine Plattform zu geben. Dies mache sich bei ihm vor allem in Nachrichten auf Social Media oder in den Kommentaren von Leser*innen unter Medienberichten bemerkbar.
Trotzdem ist Sgouridis der Meinung, dass Kunst Diskussionen auslösen soll. Wichtig sei ihm, dass keine Zensur betrieben wird und Meinungsfreiheit herrscht. Die Kunstmeile soll dafür eine Plattform bieten, auch Passant*innen gegenüber, die sich nicht in eine Galerie trauen würden.
Trotz der Erzählfreude von Sgouridis muss dann das Gespräch schnell beendet werden. Eine französische Journalistin und ihr Kameramann stehen bereits für einen Dreh vor dem Trump-Kunstwerk bereit und warten darauf, dass Sgouridis auch bei ihnen vor die Kamera tritt.