Marcel, du nervst...

...aber nicht nur. Didi-Kolumnist David Frey ist froh, dass Cheftrainer Koller weg ist. Und schreibt ihm trotzdem eine Hommage.

Der skurrile Auftritt von Marcel Koller nach dem Cupsieg 2019 auf SRF liess die FCB-Fans etwas ratlos zurück
Der skurrile Auftritt von Marcel Koller nach dem Cupsieg 2019 auf SRF liess uns alle etwas ratlos zurück.

Ich muss unbedingt etwas vorausschicken: Ich bin mit Marcel Koller in seinen beiden Basler Jahren nie warm geworden. Seinen Fussball habe ich nicht verstanden, und einen guten Teil der beeindruckenden Inkonsistenz seiner Mannschaft laste ich vorbehaltlos ihm an. Seine Pressekonferenzen waren für mich kaum erträglich, seine offensichtliche Teilnahmslosigkeit hat mich genervt, seine lethargischen Interviews fand ich stets bemühend.

Weshalb schreibe ausgerechnet ich eine Hommage an einen Trainer, von dem ich eigentlich nur froh bin, dass er nicht mehr Trainer ist?

Weil er mir eben doch und trotz allem immer wieder imponierte. Mit seiner bewundernswerten Ruhe und Gelassenheit. Mit seiner teilweise fast schon beängstigend stoischen Contenance in einer Situation, in der sein Arbeitgeber im Chaos unterzugehen droht. Er machte zuweilen den Eindruck, als ginge ihn das hier in Basel überhaupt gar nichts an.

Einen Mann aus Teflon ...

Marcel Koller ist nie richtig in Basel angekommen. Aus Selbstschutz? Aus Erfahrung eines Routiniers, der im Laufe seiner Trainer-Karriere immer wieder schwierige Situationen meistern musste?

Im Juni 2019 – kurz nach Anbruch der Sommerpause – war Marcel Koller eigentlich bereits entlassen. Der ehemalige Sportchef Marco Streller und die FCB-Führungsriege waren sich mit seinem Nachfolger einig.

Marcel Koller räumte nach dem berühmt-berüchtigten «Entlassungsgespräch» im Joggeli seinen Spind und ging zurück in die Ferien. Die unglaubliche Geschichte nahm ihren Lauf: Am Tag darauf war Koller wieder FCB-Trainer. Von einer Entlassung keine Rede. Der Vereinspräsident hat entschieden: Es geht mit Koller weiter, als sei nichts gewesen.

«Ich habe mich nie gefragt, ob ich das alles noch will. Zum einen habe ich einen Vertrag, zum anderen ist der FCB ein geiler Verein.»
Marcel Koller

Und was war damals die Reaktion des alten und neuen FCB-Trainers zu dieser unsäglichen Posse? «Ich habe mich nie gefragt, ob ich das alles noch will. Zum einen habe ich einen Vertrag, zum anderen ist der FCB ein geiler Verein». Oder auch: «Ich lasse nicht zu, dass mich solche Geschichten kaputtmachen». Koller, ein Meister der Resilienz. An diesem Trainer-Routinier perlt offenbar einfach alles ab – ein Stoiker vor dem Herrn.

Da wird der Cheftrainer von der Führungsriege maximal desavouiert und dieser findet, er arbeite bei einem «geilen Verein». Respekt! Auf die Frage, ob ihn dieses Vorgehen desavouiert habe, antwortete er fast schon bedürfnislos: «Gekränkt? Ja, vielleicht. Aber desavouiert? Das ist ein zu grosses Wort. Dafür bin ich zu normal und nicht eitel genug.» Hochachtung!

... bringt nichts aus der Ruhe

Ich glaube, das bringt es auf den Punkt: Marcel Koller stellte sich während seiner Tätigkeit beim FC Basel immer in den Dienst der Sache. Sich selbst nahm er zurück. Er liess sich nicht beeindrucken von zahlreichen lauten und leisen Nebengeräuschen, von Indiskretionen und Kommunikationspannen, von Peinlichkeiten und sportlichen Tiefschlägen.

Ein nicht namentlich genannter Trainerkollege von Koller sagte in einem Portrait über ihn: «Nicht jeder in dieser Situation hätte so gehandelt wie er. Er hat sich nicht provozieren lassen, er blieb ruhig und hielt an seinen Prinzipien fest.» Aus Kollers Sicht tönt das dann so: «Ich bin Angestellter des Vereins.» Punkt. Mehr gibt es nicht zu sagen. Keine Befindlichkeiten, keine Eitelkeiten, keine Anspruchshaltung.

«Wenn es nicht klappt, dann sage ich tschüss und danke.»
Marcel Koller

Gegen Ende der eben abgelaufenen Saison haben wir dann doch noch einen anderen, etwas bissigeren, angriffigeren Marcel Koller kennenlernen dürfen: Einen, der sich plötzlich dezidiert kritisch über den massiven Qualitätsverlust in seiner Mannschaft äusserte. Einen, der offenbar doch eine Meinung zur Arbeit seiner Vorgesetzten hat.

Nach seiner Zukunft beim FC Basel befragt, hielt er in einer völlig überraschenden Klarheit fest: «Ich habe mich noch nicht entschieden». Hoppla! Er kann also auch anders. Wieso erst jetzt, als vermutlich bereits klar war, dass es nicht mehr weiter geht mit ihm und dem FC Basel 1893?

«Mein Vertrag läuft aus, ob eine Verlängerung stattfindet, wissen wir noch nicht. Ich bin nach wie vor entspannt [sic!]. Wenn's klappt, dann geht es ja gleich weiter mit der neuen Saison. Wenn nicht, dann sage ich tschüss und danke», sagte Koller an einem anderen Ort, als er auf eine mögliche Vertragsverlängerung angesprochen wurde.

Farewell my friend

Er hat dann doch selber entschieden und auf ein weiteres Engagement beim FCB verzichtet. Ein nachvollziehbarer Entscheid.

Ich sage: «Danke… und Tschüss!» – und wünsche Marcel Koller nur das Beste für seine Zukunft. Möge er einen Verein finden, der in ruhigeren Gewässern fährt als unser FCB und der ihm auch in schwierigen Situationen den Rücken stärkt.

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*David Frey ist Vater von zwei Söhnen (6 und 8 Jahre alt) und beschäftigt sich in seiner Freizeit intensiv mit dem FC Basel 1893. Er führt zwei Mal pro Jahr einen FCB-Talk im Didi Offensiv durch, ist Vizepräsident des FC Basel Fanclub St. Jakob und selbstredend Jahreskarten-Besitzer im St. Jakob Park.

David Frey beschäftigt sich in seiner Freizeit intensiv mit dem FC Basel 1893. Er führt zwei Mal pro Jahr einen FCB-Talk im Didi Offensiv durch, ist Vizepräsident des FC Basel Fanclub St. Jakob und selbstredend Jahreskarten-Besitzer im St. Jakob Park. Daneben singt er in verschiedenen Gesangsensembles und präsidiert die Alumni der Knabenkantorei Basel.

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