Lea Blattner: «Was im Baselbiet fehlt, sind Lebensmittelabgaben.»
Am 12. Februar sind Landratswahlen. Bajour pickt aus jeder Partei eine*n spannende*n Kandidat*in raus. Heute ist das Lea Blattner von der EVP. Blattner ist Detailhandelsangestellte und niederschwellige Hilfsangebote für Armutsbetroffene schaffen.
Name: Lea Blattner
Alter: 29
Beruf: Detailhandelsangestellte
Wohnort: Allschwil
Wahlkreis: Reinach
Liste: Evangelische Volkspartei (Liste 4)
Frau Blattner, Sie kandidieren für die EVP um einen Sitz im Landrat. Wieso genau für diese Partei?
Die EVP ist die Partei, die mir am meisten entspricht. Es ist eine Mitte-Partei und nicht rechts oder links. Ausserdem spielt das «evangelisch» für mich eine Rolle. Mir ist der Glauben sehr wichtig und dieser soll auch mein politisches Handeln prägen und widerspiegeln – Stichwort Nächstenliebe.
Sie sprechen Ihren Glauben an. Hat Gott Ihnen schon mal durch schwere Zeiten geholfen?
Ja, auf jeden Fall. Ich erlebte traumatisierende Ereignisse, wie sexuellen Missbrauch, in meiner Kindheit. Gott ist mir daraufhin zur Seite gestanden und hat mir die richtigen Menschen an meine Seite gestellt, die mir geholfen haben.
Wieso reden Sie öffentlich über diese Erfahrungen?
Es ist mir wichtig dieses Tabu zu brechen. So viele Menschen sind betroffen und doch wird immer noch viel zu wenig darüber geredet. Ich möchte den Betroffenen ein Stimme geben und zeigen, dass sie nicht alleine sind und sich niemand dafür zu schämen braucht. Wenn wir alle darüber reden, können wir in der Gesellschaft aber auch in der Politik dafür sorgen, dass sich etwas ändert und genau das ist mein Ziel.
«Es ist mir wichtig dieses Tabu zu brechen.»Lea Blattner
Sie sind Detailhändlerin. In welcher Art von Geschäft arbeiten Sie?
Ich arbeite in einem Geschäft in Sissach, das unter anderem regionale Lebensmittel und Holzprodukte herstellt und verkauft.
Gibt es Anliegen, die Sie aufgrund Ihres Berufs in die Politik einbringen wollen?
Die Nachhaltigkeit. Durch meinen Beruf bekomme ich mit, wie aus einem Tier, das ich gesehen habe, nachher Fleisch wird, das wir verkaufen. Auch die Früchte und das Gemüse kommen aus der Region. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, vor allem in einer Zeit, wo alle über das Klima reden. Es muss nicht alles über den Pazifik transportiert werden. Weiter ist der Detailhandel systemrelevant, man muss diesen Beruf zu schätzen wissen.
Werden Verkäufer*innen zu wenig geschätzt – und darf man Verkäufer*in sagen oder ist Detailhändlerin besser?
Heutzutage muss man studieren, um Anerkennung zu bekommen, die Berufslehre trifft auf weniger Wertschätzung und das obwohl alle vom Fachkräftemangel reden. Deshalb muss man die Berufslehre politisch mehr fördern.
Auf welche Punkte wollen Sie im Landrat Fokus legen?
Ich finde es sehr wichtig, mehr niederschwellige Hilfsangebote für Personen, die an der Armutsgrenze leben, zu schaffen. Armut ist verbreitet, dafür sollte man sich nicht schämen und für Hilfe jede Menge Formulare ausfüllen müssen. Was im Baselbiet fehlt, sind Lebensmittelabgaben. Diese müssen gestärkt werden, aber auch den Menschen nahegebracht werden, dass sie davon wissen.
Was mich ebenfalls beschäftigt, ist die Aufklärung über psychische Krankheiten.
Psychische Krankheiten sind weniger tabuisiert als früher, nicht?
Es gibt immer noch viele Vorurteile und wir müssen, vor allem junge Menschen, besser aufklären. Viele Jugendliche leiden an Depressionen und haben Suizidgedanken, das muss geändert werden. Das erste, für das ich mich im Landrat einsetzen würde, wäre eine bessere Aufklärung an Schulen, Entstigmatisierung und niederschwellige Hilfsangebote. Hier denke ich zum Beispiel an Begegnungscafés, wo Therapeuten anwesend sind und Betroffene einfach in den Kontakt mit ihnen kommen können.
«Armut ist verbreitet, dafür sollte man sich nicht schämen müssen.»Lea Blattner
Sie wohnen in Allschwil. Wieso kandidieren Sie für einen Sitz des Wahlkreises Reinach?
Ich habe bis vor kurzem in Reinach gearbeitet und auch an der Grenze zu Reinach gewohnt. Dort kenne ich die Menschen, die Menschen kennen mich und ich will ja Politik für die Menschen machen. Mein Herz schlägt für Reinach, dort bin ich zu Hause.
Allschwil und Reinach sind die beiden Gemeinden mit den meisten Einwohner*innen im Baselbiet. Verstehen Sie die Bedürfnisse der kleineren Gemeinden?
Durch meine Arbeit habe ich auch Bezug zu kleineren Gemeinden. Ich lerne die Menschen kennen, die an solchen Orten wohnen und spüre ihre Anliegen. Ich sehe also beide Seiten, die der bevölkerungsreichen und der bevölkerungsarmen Gemeinden.
Welche Klimaschutzmassnahmen braucht es im Baselbiet?
Wie ich vorhin schon angesprochen habe, ist es wichtig, nachhaltiger einzukaufen. Ich denke, der Kanton sollte lokale Hersteller subventionieren, sodass die Leute mehr Anreiz haben, lokale Produkte zu kaufen. Ich denke auch, dass es eine Solarpflicht für Neubauten geben sollte und dass wir ein klares Enddatum für Ölheizungen setzen. Das ist machbar.
Mit welchen Verkehrsmitteln sind Sie unterwegs?
Ich habe mich immer geweigert ein Auto zu besitzen und habe keinen Führerschein. Dafür habe ich ein GA und bin mit dem öV und dem Velo unterwegs. Es ist ein grosses Privileg, ein so gutes Netz zu haben. Mit dem GA ist es für mich günstiger und auch besser für die Umwelt.
Bajour kürt täglich eine*n Basler*in des Tages. Baselbieter*innen mitgemeint. Wen würden Sie nominieren? Und bitte nennen Sie jetzt nicht, wie alle anderen, ihre Regierungskandidat*innen. Das wird langsam langweilig.
Das ist fies, ich hatte mir meine Antwort schon überlegt. (lacht)
Ich nominiere Martin Geiser, den Präsidenten der EVP Baselland. Er hat mich als junge Politikerin an die Hand genommen und unterstützt. Ich durfte viel von ihm lernen und mache das auch immer noch. Er ist meine Ansprechperson, wenn ich etwas nicht weiss.
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