Lehrgang an der Ballettschule Theater Basel ist am Ende

Knall am Theater Basel: Die Eidgenössische Ausbildung Bühnentanz wird per Ende Schuljahr eingestellt.

Ballett
Balltschuhe am Nagel: Die Ballettschule Theater Basel kündet an, den Eidgenössischen Lehrgang zu schliessen. (Bild: Unsplash)

Es ist das Ende eines dramatischen Kapitels Basler Tanzgeschichte. Wie die Ballettschule des Theater Basel (BTB) am Mittwoch mitteilt, hat der Vorstand beim Erziehungsdepartement die Schliessung des Lehrgangs zum Bühnentanz mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ-Bereich) per Ende Jahr beantragt. 

Damit zieht der Vorstand die Konsequenzen aus einer Verkettung von Missständen, die sich in den vergangenen Wochen dramatisch zugespitzt hatten. Um die finanzielle Situation der Schule war es schon länger schlecht bestellt, das Weiterbestehen der Ausbildung hing von einer Finanzspritze ab, die der Grosse Rat hätte bewilligen sollen. In einer entsprechenden Motion der LDP-Grossrätin Catherine Alioth war von einer Finanzierungslücke zwischen jährlich 300’000 und 500’000 Franken die Rede. 

Doch eine gemeinsame Recherche von Bajour und der NZZ am Sonntag über Vorwürfe von Demütigungen im Unterricht, systematische Beschimpfungen und Mobbing machte der Sache einen Strich durch die Rechnung. Die Direktorin der BTB, Amanda Bennett, wurde freigestellt. Sie bestreitet die Vorwürfe. Eine unabhängige Untersuchung wurde eingeleitet

Der politische Rückhalt war dahin. Die Motion im Grossen Rat wurde im November nicht überwiesen, das Geld war weg. «Nach den Enthüllungen muss die Sache neu diskutiert werden», sagte die Motionärin Catherine Alioth gegenüber Bajour. 

«Die aktuelle schwierige Lage, hervorgerufen durch die Vorwürfe, erhoben in einem Artikel in der NZZ am Sonntag & Bajour, hat gezeigt, dass das Auftreiben dringend notwendiger Drittmittel unrealistisch ist.»
Aus der Mitteilung der BTB

Wie aus der Mitteilung der BTB hervorgeht, sah der Vorstand in der «aktuellen schwierigen Lage» keine Chance, ohne die Unterstützung durch den Kanton die dringend notwendigen Drittmittel aufzutreiben. Nach der Nichtüberweisung der Motion sei klar, dass die Schule kein Geld vom Kanton erhalten wird. Aufgrund der drohenden Insolvenz wurde nun die Schliessung des EFZ-Bereichs beschlossen. 

Die Schüler*innen des letzten Lehrgangs sollen ihre Ausbildung «geordnet beenden» können und ihre EFZ-Abschlüsse erhalten. Für alle anderen EFZ-Schüler*innen sollen Anschlusslösungen gefunden werden. Ein Fortbestand des Junior- und Hobby-Bereichs werde noch geprüft. Ulrich Maier, Leiter Mittelschule und Berufsbildung, sagt auf Anfrage, man werde die Schule beim Auflösen der laufenden Verträge unterstützen. Das Erziehungsdepartement prüft zudem, ob eine finanzielle Unterstützung zur Vollendung des laufenden Lehrgangs im Sommer 2023 vom Kanton geleistet werden kann.

Jenny Schweizer
SVP-Grossrätin Jenny Schweizer (Bild: Photo Basilisk AG)

Der BTB-Vorstand kommentiert das Aus in der Mitteilung mit Bedauern: «Mit der Schliessung des EFZ Bereichs verliert die Tanzwelt eine der erfolgreichsten Ballettschulen in Europa und Basel verliert eine professionelle Ausbildungsstätte im modernen und klassischen Ballett, die einzige schweizweit, die beide Bereiche abdeckt. Und unsere Schüler*innen verlieren ihre Schule und ihr Heim. Das tut uns von Herzen leid.»

Die Untersuchung der Vorwürfe, die in den Berichten von Bajour und der NZZ am Sonntag erhoben wurden, werde weiterhin «mit aller Sorgfalt» vorangetrieben, heisst es weiter. 

So reagiert die Politik

Die Nachricht vom Ende des Eidgenössischen Tanz-Lehrgangs wird mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Catherine Alioth sagt gegenüber Bajour, sie bedaure die Ankündigung vom Ende der Ballettschule. «Vor allem für den Nachwuchs ist es extrem schade. Wir sind eine Kulturstadt und ohne Nachwuchs wird es schwer.»  

SVP-Grossrätin Jenny Schweizer sagt: «Ich bin erstaunt, dass die Schule finanziell so schlecht aufgestellt ist, dass sie die Aufarbeitung nicht abwarten kann und heute schon die Schliessung bekannt geben muss.»

Immerhin sei es beim fraglichen Geld durch die öffentliche Hand erst um eine Motion gegangen. «Der politische Prozess hätte weiterhin einige Zeit in Anspruch genommen. Das Geld wäre auch nach einer Zusage nicht von heute auf morgen geflossen.» Alioth sagt, dass sich vor dem Hintergrund einer laufenden Untersuchung keine Sponsoren finden liessen, sei logisch. «Ich glaube nicht, dass die Vorwürfe stimmen. Aber wir müssen das Resultat der Untersuchung abwarten.»

Catherine Alioth
Findet die Entwicklung «extrem schade»: LDP-Grossrätin Catherine Alioth. (Bild: Julia Bütikofer / Grosser Rat / Basel-Stadt)

Beide Grossrätinnen hoffen nun, dass die Lehrlinge ihre Ausbildung zu Ende bringen können.

Die Motion, welche im November zurückgezogen wurde, würde sie allerdings auch heute noch einmal überweisen, sagt Schweizer. «Die Missbrauchsvorwürfe sind gravierend und müssen aufgearbeitet werden. Ich stehe weiterhin hinter dem Anliegen der Motion, aber nicht, solange die Untersuchung noch läuft. Wir stehen politisch nicht in der Schuld, dass diese Schule geschlossen wird.»

Sasha Mazzotti sieht in der Schliessung eine verpasste Chance: «Anstelle der sofortigen Schliessung der Schule, hätte ich mir einen tiefgreifenden Prozess gewünscht, der die Problematik der Ausbildung ernsthaft angeht und löst. Sie sei weiterhin überzeugt, dass eine Tanzausbildung auf hohem Niveau auch mit anderen Methoden machbar sei, als durch harten Drill. Die Basler Ballettschule habe sich in den vergangenen Jahren ein weltweites Renommee aufgebaut. 

«Auch vor diesem Hintergrund hätte ich eine Reform – anstatt einer Schliessung – begrüsst.» Die Schliessung sei ein Verlust für die Kulturstadt Basel.

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