Schnipp, schnapp, schneidet's den Cortège ab
Der Cortège führt erstmals nicht mehr durch die Clarastrasse. Die eh schon baustellengebeutelten Beizen schauen in die Wäsche, während das Comitè auf der Ersatzroute Samba verbreiten möchte. Die Tribünen bleiben spärlich belegt.
Um halb 2 am Fasnachtsmontag kennt man in der Clarastrasse nur eine Richtung: Claraplatz. Es ist eine regelrechte Völkerwanderung hin zum Cortège. Eigentlich führt die Route immer durch die Clarastrasse an der Messe vorbei zum Wettsteinplatz. Dieses Jahr wird sie erstmals abgekürzt durch den Claragraben. Statt Waggis-Wagen passiert jetzt ein Linienbus die Clarastrasse, um Cortège-Gäste aus Südbaden abzuladen.
Das Kleinbasel wird eines Stücks Fasnacht beraubt. Zwar wärmen sich vor dem Cortège noch immer einige Cliquen in der Clarastrasse ein und der Asphalt ist trotzdem räppliregenbogig marmoriert. Aber die Feststände, an denen Würste und Bier verkauft werden, fehlen. Und auch Georgios Kapsiochas vom Pub Auld Dubliner sagt, dass ihm ohne Cortège die Hälfte des Tagesumsatz fehlen werde.
Beim Rheinfelderhof will man sich noch nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Klar, in der Traditionsbeiz werden am Abend auch Schnitzelbängg stattfinden. «Rechnen werden wir erst nach der Fasnacht», sagt Geschäftsführer Amancio Camean. Die Tendenz sei aber auch hier, dass man mit etwas weniger Besucher*innen rechnet – aber das ist man an der Clarastrasse mit der Dauerbaustelle ja quasi eh schon gewohnt.
Das Fasnachts-Comité versuchte dennoch, die Routenänderung als Upgrade fürs Kleinbasel schmackhaft zu machen. Ein «Little-Rio»-Konzept wurde an der Medienkonferenz versprochen, die Attraktivität sollen durch beidseitige Zuschauer*innentribünen erhöht werden – wie beim Karneval in Rio eben.
«Für Rio fehlt das Wetter», sagt Bettina Satzl, die gemeinsam mit einer Freundin auf einer der Tribünen im Claragraben sitzt – auf einem reservierten Sitzplatz. Satzl hat ihr Architekturbüro auf der anderen Strassenseite und daher einen offiziellen Anwohner*innenplatz auf der Tribüne. Die Eintrittskarte wird allerdings von niemandem kontrolliert – zu viele Sitzplätze sind auf den anderen Tribünen frei, als dass sich das lohnen würde.
Auch auf der anderen Strassenseite gibt es wenig Sambastimmung. Unter der Tribüne sind Rollatoren nebeneinander parkiert. Ein Mitarbeiter des Fasnachts-Comitès – er stellt sich als Elvis vor – sagt, dass die Tribünen sogar weniger gut belegt seien als in den Vorjahren, in denen er diese auch schon betreut hat. «Die Zugänglichkeit hier ist vielleicht einfach schlechter als am Messeplatz, deshalb kommen weniger Leute hier hin.» Zumal er generell nicht der grösste Fan der Routenänderung ist. «Bisher ist es mehr Stoggede als laufender Betrieb», findet Elvis.
Es sei zu eng, die Wagen würden ganz nah an der Tribüne vorbeifahren und er müsste die Zuschauer*innen immer wieder ermahnen, nicht zu nah an das Geländer zu stehen. Doch Elvis versteht auch, dass die Ausgangslage für die Routenplanung schwieriger geworden sei: «Die BVB müssen ihre Haltestellen barrierefrei machen. Aber wegen des Höhenunterschieds der Strasse ist dann zu wenig Platz, damit zwei Reihen Cortège nebeneinander Platz hätten.» Er ist gespannt, welches Fazit das Comitè ziehen wird, «aber nach Rio fühlt es sich noch nicht wirklich an».
Einer, der durchaus Freude an der Routenänderung hat, ist Yves Ruch. Er hat in der Einfahrt seiner Garage, in der er sonst Roller verkauft, ein rotes Sofa aufgestellt und einen kleinen Stand aufgebaut. Er verkauft Fröschli für 10 Franken. Sonst macht er selber aktiv Fasnacht aber mit dem Stand kann er es ein bisschen entspannter angehen als sonst: «Ein bisschen chillen und ein paar Bierchen killen.» Es bleibt eben Basler Fasnacht und nicht Karneval in Rio.