Medienpionier Peter Knechtli: «Einflussnahme ist immer des Teufels»
Er hat 1998 Online-Reports gegründet und seither 23 Jahre ohne staatliche Medienförderung überlebt. Das Mediengesetz lehnt Peter Knechtli ab. Warum? Ein Interview
Peter Knechtli, wie geht nochmal die Whiskas-Metapher?
Die geht so: Eine Katze, die täglich mit hochwertiger Nahrung versorgt wird, verlernt das Mäusejagen. Ich finde, diese Metapher, die im Übrigen der Journalist Kurt W. Zimmermann erfunden hat, lässt sich treffend auf Medien anwenden, die von Stiftungen oder dem Staat zu stark gefördert werden. Der Journalismus verliert unter bequemen Umständen an Biss, Hartnäckigkeit und Antrieb.
Das gilt aber für das neue Mediengesetz nicht. Gefördert werden nur Medien, die aus eigenem Antrieb Einnahmen über Leser*innen erwirtschaften. Ein unternehmerischer Ansatz: Wer sich zurücklehnt, geht leer aus.
Ich bin nicht grundsätzlich gegen Medienförderung. Ich finde aber das vorgeschlagene Modell schlecht.
Weil Sie selbst nicht profitieren?
Nein, weil die historische Dimension der Onlinemedien meiner Meinung nach nicht berücksichtigt wird. Seit bald einem Vierteljahrhundert mache ich OnlineReports. Damals waren die simpelsten Schritte, das eigene Markenlogo via Internet auf einen Bildschirm zu kriegen, schon ein Riesenereignis. Ganz zu schweigen von der Technik. Von Bezahlschranke hat damals kein Mensch geredet.
Der Journalist Peter Knechtli gehört zu den Pionieren des Schweizer Online-Journalismus. Seine Karriere startete er 1972 im Thurgau und wechselte 1974 zur «National-Zeitung», die später durch die Fusion mit den «Basler Nachrichten» zur «Basler Zeitung» wurde. Nach rund 20 Jahren als freier Journalist gründete Knechtli 1997 die News-Plattform OnlineReports, eines der ersten unabhängigen Newsportale der Schweiz. Seither leitet er die Newsseite als Chefredaktor und Geschäftsführer.
Im Mediengesetz steht nichts von einer Bezahlschranke, niemand wird gezwungen, eine Paywall einzuführen. Richtig ist: Nur, wer ein Bezahlmodell hat, wird gefördert. Beispiel Tsüri oder auch Bajour: Die Inhalte sind allen zugänglich. Das Geschäftsmodell lautet Identifikation. Unsere Leser*innen wollen Mitglied werden, weil sie unabhängigen Journalismus eine gute Sache finden.
Ich habe prinzipiell nichts gegen staatliche Medienförderung. Aber ich lehne das aktuelle Gesetz ab und will gerne erklären, wie ich zu meiner Position komme: OnlineReports hat in den 23 Jahren seiner Existenz zweimal einen kleineren Betrag von der Stiftung für Medienvielfalt erhalten, für den wir dankbar sind. Alle anderen Ausgaben haben wir selbst erwirtschaftet. Das sind über die gesamte Dauer mehrere Millionen Franken an Werbeeinnahmen und mehrere Hunderttausend Franken an Einnahmen zugunsten des Recherchierfonds.
Sie lehnen die indirekte Medienförderung also ab, weil Sie es bis hierher auch ohne Staatsgelder geschafft haben?
Ich will anderen Medien ihre Bedürfnisse nicht absprechen. Aber als werbefinanziertes Medium stehe ich mit OnlineReports unter ganz anderem Druck als Redaktionen, die Geldquellen haben und wo das Geld beispielsweise aus Konzessionsgebühren oder Cash einfach fliesst. So wie bei Bajour mit der Unterstützung durch die Stiftung für Medienvielfalt. Wenn man als Redaktion Geld erhält, das man nicht selber erwirtschaftet hat, dann ist das eine ganz andere Geschichte.
Sie stört, dass Sie mit OnlineReports kein Geld erhalten sollen?
Mich stört das Modell. Bei diesem Mediengesetz geht es gar nicht um Medienförderung, sondern um die Förderung bestimmter Businessmodelle: Nur wer zahlungspflichtige Inhalte anbietet, wird gefördert. Das heisst, das Modell schliesst alle Medien aus, die keine Bezahlschranke haben. Das ist doch absurd.
Die Bezahlschranke steht nicht in der Gesetzesvorlage. Es heisst: «Gefördert werden keine Gratisangebote, sondern Medien, die von ihrer Leserschaft mitfinanziert werden.» Ein Recherchierfonds, wie OnlineReports einen hat, könnte unter Umständen ebenfalls als Leser*innenfinanzierung gelten. Wieviel Geld erwirtschaften Sie damit?
Um die 25’000 Franken pro Jahr. Das ist bescheiden, es sollten mehr sein.
«Eine Katze, die täglich mit hochwertiger Nahrung versorgt wird, verlernt das Mäusejagen.»Peter Knechtli, Chefredaktor OnlineReports
Manche Ihrer Leser*innen schreiben in den Kommentarspalten auf Onlinereports, dass sie bereit dazu wären, für die Artikel zu zahlen. Könnten Sie nicht über ein Mitgliedermodell nachdenken?
Dazu müsste ich mein Businessmodell umstellen und grossen administrativen Aufwand treiben. Sie machen sich keine Vorstellung davon, was dieser Aufwand für mich bedeuten würde. Ich akquiriere Werbung, produziere Artikel und redigiere Beiträge von Mitarbeitenden, ich bearbeite Bilder ich mache Videos. Ich schlage mich mit der Software herum und bin als Geschäftsführer mit Finanzen und Geschäftsabschlüssen beschäftigt. Die Leute denken, ich schüttle das alles aus dem Ärmel. Sie bei Bajour haben eine Geschäftsleitung, die für einen Grossteil dieser Aufgaben angestellt ist. Ich mache das alles selber.
Dass Gratismedien keine Förderung erhalten, hat folgenden Grund: Die ehemalige Medienministerin Doris Leuthard wollte die Förderung an Qualitätskriterien knüpfen und diese von einer Kommission überwachen lassen. Da sind die Bürgerlichen zu Recht Sturm gelaufen: Das fehle grad noch, dass der Staat den Medien dreinredet, hiess es. Die aktuelle Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat das geändert und knüpft die Förderung neu an unternehmerische Kriterien. Gratisplattformen wie «20 Minuten» oder «Blick.ch», die auf Reichweite ausgelegt sind und ein riesiges Publikum erreichen, kommen ohne Gelder aus. Kann man im Lokaljournalismus ausreichend Reichweite bolzen, um am Werbemarkt zu bestehen?
Ich habe es jetzt 23 Jahre lang gemacht, ich denke es ist schon möglich. In einem regionalen Umfeld sind die Werbeaufkommen allerdings geringer, das stimmt. Ich hätte auch gerne vier, fünf Journalisten angestellt.
Das unabhängige Medienunternehmen Republik führt eine Chronologie der Schweizer Medienkonzentration mit Blick auf die letzten 30 Jahre. Sie wird regelmässig auf den Neusten Stand gebracht, der letzte Eintrag stammt vom 27. Oktober 2021:
«Beim Aargauer Verlag ZT Medien, der unter anderem das ‹Zofinger Tagblatt› herausgibt, kommt es zu einer Massenentlassung. Bis zu 37,5 Vollzeitstellen werden abgebaut, betroffen sind rund 50 von 175 Mitarbeiterinnen aus allen Unternehmensbereichen. Der radikale Schritt sei notwendig, weil man mit dem Magazin ‹Tierwelt› Ende Jahr den grössten Kunden verliere, heisst es in einer Mitteilung.»
Wir haben grossen Respekt für Ihre Pionierleistung. Aber lässt sich mit Ihrem Modell der Journalismus retten? Ihre Redaktion besteht im Wesentlichen aus einer Person. Ihnen. Dürfen wir fragen, ob Sie sich einen branchenüblichen Lohn auszahlen können?
Jetzt nicht mehr, aber ich bin ja auch seit bereits sieben Jahren Rentenbezüger. Ich kann mit meinem Lohn also ein bisschen spielen, das heisst: Ich kann ihn reduzieren. Ich kann aber immerhin freie Journalistinnen und Journalisten auf Auftragsbasis beschäftigen. Rund zehn regelmässige Mitarbeitende kriegen fast innert Tagesfrist ihre Rechnungen bezahlt.
Sind die Inserateneinnahmen von OnlineReports seit 1998 stabil geblieben?
Nein. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist es schwer geworden. Aber wir hatten sehr gute Jahre und schrieben immer schwarze Zahlen. Auch heute noch.
Wie steht es um die Reichweite?
Im Monat sind rund 30’000 Unique Clients auf unserer Seite. Letztes Jahr wurden auf OnlineReports über 1,6 Millionen Seiten abgerufen.
Wollen Ihre Inserenten nicht wissen, wie viele Leser*innen OnlineReports konsumieren?
Mir wird diese Frage praktisch nie gestellt. Unsere Werbekunden wissen, dass wir vom ersten Tag verankert waren in einem ganz bestimmten Teil der Bevölkerung. Ich nenne ihn das partizipative Segment. Politik, Funktionsträgerinnen, Entscheidungsträger. In den politischen Zirkeln werden wir gelesen. Das «20 Minuten»-Publikum, das vielfältiger ist, haben wir eher nicht. Ich hätte zwar auch gern noch mehr Leserinnen und Leser, aber dafür bräuchte es eine Marketingoffensive, für die wir leider keinerlei Budget haben.
Warum sind Sie trotz Ihrer Ablehnung gegen das Gesetz nicht im Nein-Komitee?
Ich teile das Staatsmedien-Argument nicht. Das ist sicher der Hauptgrund.
Das Nein-Komitee argumentiert, die Medien würden abhängig vom Staat, das würde sich auch auf die Berichterstattung auswirken. Diese Meinung teilen Sie nicht?
Nein. Wenn Journalisten nicht mehr den «Ranzen» haben, zu schreiben, was sie denken, dann kann man den Journalismus ohnehin vergessen. Im Gegenteil: Wenn man Geld vom Staat erhält, muss man erst recht zeigen, dass man sich nicht vereinnahmen lässt. Ich bin zuversichtlich, dass es diesbezüglich einen relativ starken Selbstregulierungsmechanismus gäbe unter den Journalisten.
Ist es ein Zufall, dass im Nein-Komitee auch rechte Publizisten wie Markus Somm sitzen? Er spricht von Staatsmedien, versuchte aber auf der anderen Seite, mit Hilfe des Geldes von Christoph Blocher, die «BaZ» auf den rechten Kurs zu bringen und wer die 70 Investoren seines «Nebelspalters» sind, weiss auch niemand.
Ob das rechte oder linke Milliardäre sind, spielt für mich überhaupt keine Rolle. Ich glaube, das ist nicht der Punkt. Das Nein-Komitee will verhindern, dass der Staat Geld für Medien ausgibt, die nach Meinung des Komitees privatwirtschaftlich organisiert sein müssten. Und wenn ein Privatwirtschaftler Geld gibt, auch wenn er ein rechter Milliardär ist, dann ist das systemkonform und damit unproblematisch.
«Wenn ein Interessenskomitee eine Medienkonferenz abhält mit dem Ziel, die eigene PR-Botschaft zu verbreiten, dann frage ich es vorher an, ob wir im Gegenzug mit einem Werbebanner rechnen dürfen. Wenn sie absagen, dann gehe ich nicht hin.»Peter Knechtli, Chefredaktor OnlineReports
Wenn politisch unabhängige Medien zugrunde gehen, was ohne Medienförderung passieren kann: Besteht dann nicht die Gefahr, dass wir nur noch politisch gesteuerte Medien haben?
Doch. Das Risiko besteht. Darum müssen unabhängige Medien wie OnlineReports bestehen bleiben.
Hatten Sie nicht den Eindruck, der langjährige SVP-Capo Christoph Blocher hat bei der «Basler Zeitung» Einfluss genommen?
Doch natürlich. Das ist für mich keine Frage.
Aber es ist nicht so schlimm?
Genauso wie ich die Meinung ablehne, Medien würden mit Förderung durch den Bund zu Staatsmedien, genauso denke ich, dass sich auch Milliardäre trotz Unterstützungsgelder zurückhalten können, den Redaktionen ihre Meinung aufzudrücken. Wenn der Geldgeber Einfluss nimmt, ob das durch den Staat oder Milliardäre passiert, dann ist das schlecht. Einflussnahme ist immer des Teufels.
... und unabhängigen Journalismus unterstützen.
Stimmt es, dass Sie nur an die Medienkonferenzen von politischen Parteien gehen, wenn diese umgekehrt auch Inserate bei OnlineReports schalten?
Das steht sogar in unserer Charta und ist gut begründet. Wenn ein Interessenskomitee eine Medienkonferenz abhält mit dem Ziel, die eigene PR-Botschaft zu verbreiten, dann frage ich es vorher an, ob wir im Gegenzug mit einem Werbebanner rechnen dürfen. Wenn sie absagen, dann gehe ich nicht hin. Ich sehe nicht ein, weshalb wir auf unsere Kosten Personen- oder Wahlwerbung machen sollen. Da geht es ja um interessengesteuerte Selbstdarstellung. Eigene Interviews und Recherchen über eine Person oder Kampagne meine ich damit ausdrücklich nicht, die schreibe ich selbstverständlich aus eigenem Antrieb und ohne jede kommerzielle Bedingung.
Und wenn in einer politischen Streitfrage, zum Beispiel der Abstimmung über gratis Kitas, nur das Pro-Komitee bereit ist, ein Inserat zu schalten: Berichten Sie dann nur über die Medienkonferenz der Pro-Seite?
In der Regel ja. Das ist Teil unseres Geschäftsmodells. Ich gehe dann hin, mache ein Foto, schreibe einen Artikel und versende einen Newsletter. Ich bin in dieser Rolle ein Sprachrohr-Dienstleister der Interessengruppe. Als kostenlos zugängliches Informationsmedium finde ich es legitim und Teil des Geschäftsmodels, einen gewissen Teil des Werbebudgets der Interessenpartei zu beanspruchen.
Man kann das radikal unabhängig oder als radikal abhängig bezeichnen. Sind Sie käuflich?
Es soll mir mal einer ein Beispiel für die Käuflichkeit von OnlineReports belegen.
Haben Sie niemals gezögert, kritisch über eine Partei oder einen Werbekunden zu berichten, weil die Betroffenen bei Ihnen inserierten?
Doch. Die Situation gibt es. Aber diese Situation kennen alle Medien, die fremdfinanziert sind. Wenn aus dem Finanzierungsumfeld von Bajour etwas bekannt würde, dann würdet ihr euch auch überlegen, wie ihr da vorgeht. Das ist sonnenklar. Aber wir haben immer auch kritisch über Werbekunden berichtet – und nie hat einer interveniert.
Der Nationalrat hat im Sommer 2021 ein Paket zur Medienförderung verabschiedet. Während sieben Jahren werden die Medien in der Schweiz direkt und indirekt mit 120 Millionen Franken mehr gefördert als bisher, beispielsweise durch Posttaxenverbilligung.
Neu am Gesetz: In Zukunft sollen auch Onlinemedium wie Bajour profitieren, für sie sind 30 Millionen Franken vorgesehen. Ebenso sollen auch Nachrichtenagenturen wie Keystone-SDA und die Medienausbildung gefördert werden.
Das Komitee «Staatsmedien Nein» hat dagegen das Referendum ergriffen, abgestimmt wird am 23. Februar 2022.
Transparenzhinweis: Bajour ist Teil des Verbands Medien mit Zukunft, der das Medienförderungsgesetz unterstützt. Chefredaktorin Andrea Fopp engagiert sich ausserdem im Komitee «Demokratie und Medienvielfalt». Bajour geht davon aus, dass wir uns mit Medienförderung etwa 1,5 Stellen mehr leisten könnten. Bajour finanziert sich heute einerseits über eine Finanzierung durch die Stiftung für Medienvielfalt, über Spenden, andere Stiftungsbeiträge und aktuell 2800 Unterstützer*innen.
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Bajour-Chefredaktorin Andrea Fopp und Primenews-Gründer Christian Keller haben schon mehrmals zum Thema die Klingen gekreuzt:
🎧 Im Podcast Fürobebier von Primenews: primenews.ch/fürobebier
📺 und im Telebasel-Talk: telebasel.ch/talk
Wenn Sie die Medienförderung ablehnen: Wie würden Sie sie die Medienförderung ausgestalten, dass auch OnlineReports profitierte?
Das rein privatwirtschaftliche Modell, Einnahmen durch Inserate, finde ich das ideale. Es ist allerdings schwer umzusetzen, wenn der Werbemarkt einbricht. Über Stiftungsfinanzierungen kann man sprechen, aber sie sollten in Form einer Defizitgarantie funktionieren. Das wäre nachhaltiger als das Modell der Anschubfinanzierungen, die nach wenigen Jahren versiegen. Andererseits könnte Medienförderung auch vom Kanton verstärkt betrieben werden. Aber es müsste eine Medienförderung sein, die an eine transparente Dienstleistung im Sinne eines Win-Win-Modells geknüpft ist, nicht eine, die in Form von Almosen daherkommt.
Wie meinen Sie das?
Der Kanton könnte die Medien dazu nutzen, Kampagnen oder Dienstleistungsangebote zu verbreiten. Dafür bezahlt er Geld.
Damit würde die Dienstleistung der Medien, nämlich die Berichterstattung, doch erst recht an finanzielle Bedingungen geknüpft?
Ich sehe das so: Der Kanton versucht heute mit grossem Aufwand in den Sozialen Medien, seine Nachrichten ohne Umweg über traditionelle Medien an den Mann zu bringen. Mit wenig Erfolg und mit dem Resultat, dass die kantonalen Communiqués in einem Umfeld auftauchen, wo Hate-Speech und Fake-News ungefiltert mitlaufen. Ich finde problematisch, wie der Staat mit den Tech-Giganten kumpelt. Lokale Medien bieten dagegen seriösere Plattformen. Im Gegenzug für die Verbreitung erhalten sie Geld.
Das ist doch PR?
Die Berichterstattung aus Verwaltung und Politik, ich will OnlineReports da gar nicht ausnehmen, ist in vielen Medien bei Lichte betrachtet, heute schon nicht viel mehr als PR. Wir Medien sind oft der verlängerte Arm der PR-Abteilungen. Ein ausgedachtes Beispiel: Der TNW führt ein grenzüberschreitendes Abonnement ein. Wir berichten darüber und die Kundinnen des TNW jubeln. Aber ist das unsere Aufgabe als Journalisten, eine kommerziell inspirierte Geschäftsentscheidung eines Unternehmens gratis weiterzutransportieren? Sie schicken uns ein Communiqué und kriegen Gratis-Publizität. Die Departemente machen dasselbe. Wir nennen es manchmal News, aber eigentlich ist das PR.
«Die Kantone haben heute mehr denn je eine medienpolitische Verantwortung, die sie aber noch ungenügend wahrnehmen.»Peter Knechtli, Chefredaktor OnlineReports
Ihr Vorschlag lautet also: Der Kanton soll für die Verbreitung dieser «PR-News» Geld bezahlen. Er würde damit kritische, investigative Recherchen querfinanzieren. Mit dieser Art Medienförderung könnten Sie leben?
Der Kanton könnte das Verbreiten von Nachrichten durch zwischengeschaltete Medien beispielsweise in Form einer Pauschale abgelten. Das würde einerseits dem Staat als Informierendem nützen, auf der anderen Seite wäre das eine akzeptable Form von Medienförderung. Die Kantone haben heute mehr denn je eine medienpolitische Verantwortung, die sie aber noch ungenügend wahrnehmen.
Eine interessante Idee. Aber bis das zustande kommt, dauert es Jahre. Dafür haben die serbelnden Medien keine Zeit, im Lokalen wird ständig abgebaut. Warum nicht jetzt eine auf sieben Jahre beschränkte Medienförderung aufgleisen, die den Journalismus auf eine sichere Basis legt, und zwar bevor viele Lokalmedien endgültig kaputtgehen?
Ihre Fragen sind etwas suggestiv auf ein Ja zur Vorlage ausgerichtet. Der aktuelle Kompromiss ist vielleicht für Bajour gut. Für OnlineReports ist er es definitiv nicht. Der grösste Mangel des Gesetzes ist die Bedingung, Geld von unseren Lesern verlangen zu müssen. Weshalb soll ich ein Modell unterstützen, das OnlineReports durch extreme Wettbewerbsverzerrung zum Verschwinden bringen könnte?