Muss Severin Schwan jetzt seine Boni zurückzahlen?
Roche-Präsident Schwan war bis 2021 Verwaltungsrats-Vize der Credit Suisse. Klaus Wellershoff, ehemaliger Chefökonom beim Schweizerischen Bankverein (früher UBS), glaubt, dass eine Geldstrafe für solche Personen helfen könnte, das Vertrauen in die Banken wiederherzustellen.
Wer ist Schuld am Niedergang der Credit Suisse? Es ist eine der vielen offenen Fragen, die am Tag nach der Bekanntgabe, dass die strauchelnde Bank von ihrer Konkurrentin UBS übernommen wird, im Raum stehen.
Da wendet sich der Blick auch nach Basel, zu Severin Schwan. Er war ab 2008 bis vergangene Woche CEO des Pharmakonzerns Roche, nun ist er deren Verwaltungsratspräsident. Bei der Credit Suisse war er von 2014 bis 2022 ebenfalls im Verwaltungsrat, ab 2017 als Vizepräsident. Laut der Vergütungsberichte der Credit Suisse erhielt er in dieser Zeit 3,4 Millionen Franken.
Der Verwaltungsrat ist für die Oberaufsicht über die Bank zuständig, er genehmigt Strategie- und Finanzpläne und wählt und entlässt den Geschäftsführer. Trägt Severin Schwan also Mitverantwortung für das Ende der Credit Suisse?
«Alle, die bei der CS in zentraler Funktion Veranwortung hatten, müssen diese auch wahrnehmen, also auch Herr Schwan», sagt Andreas Brenner, Wirtschaftsethiker an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW): «Es ist schwer zu rechtfertigen, wenn in so einer Lage business as usual weitergeht.»
Hat das auch finanzielle Konsequenzen für Herrn Schwan? Ein historisches Beispiel dafür gibt es: Als 2008 die UBS im Rahmen der Finanzkrise Milliardenverluste einfuhr, zahlten Manager und Verwaltungsratsmitglieder ihre Boni zurück.
Auch rechtlich können Konsequenzen ausgesprochen werden: Die Finma kann beispielsweise Berufsverbote anordnen. Laut Klaus Wellershoff braucht es mehr. Er war Chefökonom beim Schweizerischen Bankverein und der UBS, heute ist er Berater. Wellershoff bringt eine persönliche Strafnorm ins Spiel: «Man könnte sagen: Wenn ein Unternehmen staatliche Hilfe benötigt, wäre das mit einem strafrechtlichen Vorgehen verbunden und das mit einer moderaten Geldstrafe verknüpft, beschränkt auf die Höhe der Boni der vergangenen zehn Jahre.»
Da die Boni nur ein Bruchteil der Summen sind, die beim Niedergang einer Bank im Raum stehen, wäre dies sicher kein Instrument, um ein sinkendes Schiff zu reparieren und auf Kurs zu bringen. «Eine persönliche Strafnorm wäre symbolischer Natur», sagt auch Wellershoff. Doch auch symbolische Verurteilungen könnten dazu beitragen, das zerstörte Vertrauen wiederherzustellen.
Seit der UBS-Krise ist – nebst dem Bonus – auch ein Malus im Gespräch: Herausragende Leistungen würden weiterhin vergütet, miserable Leistungen werden bestraft. Dass es dieses Konzept noch nicht gibt, ist für Wirtschaftsethiker Brenner «inakzeptabel»: «Nur wenn es eine Geld-Zurück-Regelung gibt, lassen sich die Boni überhaupt rechtfertigen.»
Wenn die UBS durch die Übernahme der Credit Suisse Verluste machen sollte, will der Bund mit Garantien einspringen: Bis zu 9 Milliarden Franken sollen diese umfassen. Ist das gerechtfertigt?
Was Severin Schwan selbst von dieser Idee hält, bleibt ungewiss. Die Medienstelle der Roche lehnte eine Stellungnahme zur Anfrage von Bajour ab.
Bei der CS ist von Malus offenbar noch nichts zu spüren, laut Medienberichten will sie ihren Manager*innen trotz der jetzigen Lage Boni auszahlen, wie aus einem internen Schreiben hervorgeht. Finanzministerin Karin Keller Sutter geht derweil davon aus, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma diesen Vorgang verbieten wird.
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