«Ich habe das Beste aus allem gemacht»
Hanspeter Gürtler wuchs in der Nachkriegszeit in Allschwil auf. Obwohl die Zeiten damals hart waren, fand er einen Weg, mit den Umständen umzugehen. Heute ist er stolz auf seine Karriere und sein Leben.
«Geboren bin ich in Basel. Ich wohnte mit meinen Eltern und meiner Schwester vier Jahre dort, bevor wir in ein Zweifamilienhaus in Allschwil zogen, das meinen Grosseltern gehörte. Es waren die harten Nachkriegsjahre, die meine Kindheit prägten.
In der Schule war ich nie besonders gern. Ich kann mich sehr gut erinnern, wie wenig wir damals hatten. Brot durfte immer erst nach zwei Tagen verkauft werden. Butter und Mehl gab es nur in winzigen Portionen gegen Marken. Ich habe noch heute eine ‹Märklikarte› und denke zurück an diese Tage.
Thomas Rauch ist selbständiger Fotograf und Fotojournalist aus Basel. Er hat sich unter anderem auf Portraitfotografie und Fotoreportagen spezialisiert. Für Bajour hat er ältere Personen porträtiert und mit ihnen über ihr Leben gesprochen.
Mein Vater war die meiste Zeit im Militärdienst, und meine Mutter arbeitete, um uns über die Runden zu bringen. Meine Schwester und ich haben den Haushalt übernommen. Wir hatten damals noch kein Telefon im Haushalt und mussten jeweils ins Tramhäuschen zum Telefonieren laufen. Wir hatten wenig, ja, nicht mal einen Ball zum spielen – aber wir wussten uns trotzdem zu beschäftigen. Es war eine schöne Kindheit.
Während der Kriegsjahre kamen Migranten zu uns ins Haus, denen wir Unterschlupf geboten haben. Ich erinnere mich an einen Polen und an einen deutschen Kriegsverweigerer. Letzterer gehörte für mich zur Familie und war wie Onkel für mich. Als der Krieg zu Ende war, habe ich nie wieder etwas von ihm gehört.
Nach dem Krieg ging es langsam aufwärts. Das neunte Schuljahr habe ich erfolgreich abgeschlossen und dabei ein tolles Zeugnis erhalten. Das gab mir Selbstvertrauen und eine Perspektive.
«Wenn ich zurückblicke, erfüllt es mich mit Stolz, was ich erlebt und erreicht habe. Auch wenn die Zeiten damals hart waren.»Hanspeter Gürtler
Ich konnte gut zeichnen und entschied mich, Bauzeichner zu werden. Mit meinem Zeugnis in der Hand marschierte ich ins Architekturbüro Vischer und sagte: ‹Ich möchte hier eine Lehre machen.› Das war damals sehr mutig.
Die Lehrstelle habe ich dann tatsächlich bekommen. Die Zeit als Lehrling war eine meiner besten Zeiten. Herr Vischer hat mich gefördert und mir schon früh Verantwortung übertragen. Mit der Zeit durfte ich Bauleitungen übernehmen und habe später sogar einen Abendkurs in dem Bereich gemacht.
Nach meiner Ausbildung ging es für mich zu einem anderen Architektenbüro am Spalenberg und schliesslich zu Coop. Dort war ich 35 Jahre lang und habe am Bau des ehemaligen Hotel Europe an der Clarastrasse mitgewirkt.
Mit 55 habe ich dann den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht bereue. Ich hatte ein gutes Netzwerk, und der Start lief super.
Ein besonderer Schatz in meinem Leben ist mein soziales Umfeld. Zu meinen alten Fasnachtskollegen habe ich immer noch Kontakt, und wir treffen uns regelmässig. Auch mit meinen Nachbarn und Freunden in Basel habe ich grosses Glück. Wir schauen füreinander und unterstützen uns. Ein solches Netzwerk ist ein wahrer Segen, besonders in meinem Alter. Das schätze ich sehr.
Wenn ich zurückblicke, erfüllt es mich mit Stolz, was ich erlebt und erreicht habe. Auch wenn die Zeiten damals hart waren, habe ich das Beste aus allem gemacht. Es war eine andere Zeit. Aber ich erinnere mich sehr gern daran – mein Leben war einfach sehr erfüllend.»