«Herr und Frau Schweizer wollen weiterhin reisen»

Reisen die Basler*innen derzeit noch in die USA? Wir haben unsere Community gefragt und die Antwort lautet: jein. Auch wenn die Mehrheit sich dagegen ausspricht, schlagen Reisebüro, Uni und auch Politiker*innen andere Töne an.

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Die Meinungen gehen auseinander.

Auf den Punkt:

  • Offizielle Zahlen zeigen, dass im März im Vergleich zum Vorjahr 26 Prozent weniger Menschen aus der Schweiz die USA bereisen.

  • An der Uni, bei Knecht Reisen und der EF Education AG sind aber noch keine Konsequenzen zu spüren.

  • In unserer Debatte zum Thema wird hinterfragt, ob ein Reise-Boykott politischen Druck erzeugen kann.

Schweizer Tourist*innen haben weniger Lust in die USA zu reisen. Das US-Handelsministeriums verzeichnet im März  26 Prozent weniger Reisende aus der Schweiz verglichen mit vor einem Jahr. 

Zuletzt hatten mehrere Länder ihre Reisewarnungen für die USA verschärft, da die Trump-Regierung die Einreisebestimmungen angepasst hat. Unter anderem werden nur noch die Geschlechter «männlich» oder «weiblich» akzeptiert. Vorausgegangen waren Berichte über Tourist*innen, die bei der Einreise in Ausreisehaft genommen wurden.

Wir haben unsere Community gefragt, ob sie gerade in die USA reisen würde und die Antworten überraschen: Während eine grosse Mehrheit von über 90 Prozent der Abstimmenden klar mit Nein geantwortet haben, zeichnen die Kommentare ein anderes Bild.

2025-04-16 Frage des Tages USA reisen-1
Frage des Tages

Wir haben unsere Community gefragt, ob sie aktuell noch in die USA reisen würden. Was ist deine Meinung?

Zur Debatte

Matthias Reimann, Mediensprecher der Knecht Reisen AG in Basel, sagt: «Herr und Frau Schweizer wollen weiterhin reisen, die Reiselust ist gross.» Auch das USA-Geschäft sei im 1. Quartal 2025 «sehr erfreulich» gelaufen. «Per Ende März waren wir gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres deutlich im Plus.» 

In den vergangenen zwei Wochen sei die Nachfrage nach USA-Reisen etwas abgeflaut, was zu dieser Jahreszeit aber normal sei. Dennoch könne das allgemeine Umfeld wie zum Beispiel «das erratische Gebaren der aktuellen US-Regierung» auch eine Rolle spielen, so Reimann. 

Kaum Veränderungen

An der Uni Basel ist das Austauschprogramm mit den USA gleich schwach frequentiert wie bisher. Erst diese Woche hatte für Aufsehen gesorgt, dass das US-Bildungsministerium der Universität Harvard Zuschüsse in Milliardenhöhe streicht. Dies, weil die Eliteuniversität sich bisher geweigert hat, den geforderten Kurswechsel der Trump-Regierung umzusetzen. Wie Unisprecher Matthias Geering sagt hat sich die Nachfrage nach einem Austauschprogramm mit den USA bisher aber nicht stark verändert: «Dieses Jahr bewarb sich nur eine Studierende – allerdings gibt es auch nur maximal drei Plätze und das Programm war auch in den letzten Jahren nicht stark nachgefragt.» Fälle von Dozierenden, die mittels Mobilitätsbeitrag derzeit in den USA sind und Probleme mit dem Visum haben, sind der Uni laut Geering nicht bekannt. 

Tamara Alù
«Ich war gerade in den USA und würde es wieder tun.»
Tamara Hunziker, Vizepräsidentin der Basler FDP

Auch für Schüler*innen scheinen die USA weiterhin ein mögliches Ziel für einen Auslandsaufenthalt zu sein. Karin Elliker, Marketing Director der EF Education AG, die auch in Basel vertreten ist, sagt: «Derzeit beobachten wir ein gleichbleibendes Interesse Schweizer Kund*innen an unseren Bildungs- und Austauschprogrammen in den USA.» Die Schüler*innen hätten weiterhin grosses Interesse daran, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, internationale Freundschaften zu schliessen und eine neue Kultur in den USA kennenzulernen», so Elliker.

«Wir erhalten durchgehend positives Feedback von unseren Teilnehmenden vor Ort und haben bislang keine Schwierigkeiten bei der Ein- oder Ausreise erlebt.»Natürlich seien die politischen Entwicklungen sehr besorgniserregend. «Doch das Land deshalb zu boykottieren, greift zu kurz.» Hunziker fragt sich, ob ein Reise-Boykott tatsächlich politischen Druck erzeugt – oder ob er nicht vielmehr jene trifft, mit denen wir im Dialog bleiben sollten.

«Ich war gerade in den USA», schreibt Tamara Hunziker, Vizepräsidentin der Basler FDP, «und ich würde es wieder tun.». Die Einreise sei problemlos und geordnet verlaufen, «wie bei tausenden anderen täglich auch». Hunziker findet, das Thema werde hierzulande emotionaler behandelt als vor Ort. «Für die Menschen in den USA stehen andere Alltagsthemen im Vordergrund: stark gestiegene Preise, Unsicherheit und wirtschaftlicher Druck», sagt sie. 

Elisabeth Schneider-Schneiter,
«In solchen Zeiten muss man nicht weniger reden, sondern gezielter – und klarer.» 
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte-Nationalrätin

Anderer Ansicht ist SP-Grossrätin Christine Keller, die derzeit auf Reisen in die USA verzichten würde. Zum einen habe sie als «politisch aktiver Mensch, die sich auf Social Media immer kritisch gegenüber Trump und seiner Politik geäussert hat», Bedenken, womöglich an der Einreise gehindert zu werden. Sie schreibt auch: «Ich möchte mich aber mit den Studierenden solidarisieren, die derzeit ausgewiesen werden, und generell mit allen, die unter der Regierung Trump zu leiden haben.» 

Bajour-Leser und ehemaliger SP-Grossrat Stephan Lüthi würde sich von der«gegenwärtige Führungsequipe» der USA nicht von einer Reise abhalten lassen, denn schliesslich würde die Hälfte der Bewohnerinnen diese Regierungstruppe ebenso «scheusslich» finden wie er. Er bereise die USA vielmehr aus allgemeinen ökologischen Gründen nicht.

Den Dialog stärken

Auch Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter würde im Moment privat auf eine Reise in die USA verzichten. Politisch aber scheint ihr der Dialog umso wichtiger: «Wenn demokratische Prinzipien unter Druck geraten, wenn Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte keine Selbstverständlichkeit mehr sind, dann braucht es umso mehr Austausch mit jenen Kräften, die für Stabilität, Zusammenarbeit und gemeinsame Werte stehen.»

Schweigen oder Rückzug wären das falsche Signal – insbesondere gegenüber jenen in den USA, die sich für Demokratie, Menschenrechte und internationale Zusammenarbeit stark machen. Schneider-Schneiter findet: «In solchen Zeiten muss man nicht weniger reden, sondern gezielter – und klarer.» 

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Valerie Wendenburg

Nach dem Studium, freier Mitarbeit bei der Berliner Morgenpost und einem Radio-Volontariat hat es Valerie 2002 nach Basel gezogen. Sie schreibt seit fast 20 Jahren für das Jüdische Wochenmagazins tachles und hat zwischenzeitlich einen Abstecher in die Kommunikation zur Gemeinde Bottmingen und terre des hommes schweiz gemacht. Aus Liebe zum Journalismus ist sie voll in die Branche zurückgekehrt und seit September 2023 Redaktorin bei Bajour. Im Basel Briefing sorgt sie mit ihrem «Buchclübli mit Vali» dafür, dass der Community (und ihr selbst) der Lesestoff nicht ausgeht.

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