Studierende an der PH werden weniger betreut
Nach der Ankündigung des Sparpakets an der Pädagogischen Hochschule FHNW bestätigt sich, was befürchtet wurde: Die Betreuung der Studierenden wird reduziert, die Veranstaltungen werden grösser. Die Leitung kommuniziert intern Strategien, um die Kritik zu entkräften.
Ende September hat Bajour öffentlich gemacht, dass die Pädagogische Hochschule (PH) der FHNW vor einem tiefgreifenden Umbau steht. Wegen eines strukturellen Defizits und steigender Personalkosten muss die PH rund fünf Millionen Franken einsparen – mit gravierenden Folgen: Bis zu 40 Stellen sollen gestrichen und sämtliche Professuren abgeschafft werden.
Doch die Umstrukturierung verändert nicht nur die akademische Struktur, sondern auch die Bedingungen, unter denen künftige Lehrpersonen ausgebildet werden. Der Direktor der PH Guido McCombie, präsentierte die neue Strategie bei der Mitarbeiter*innen-Veranstaltung im September zwar als Stärkung des Produkts und kündigte in diesem Sinne ein «finanzierbares, qualitativ hochstehendes, wissenschaftsbasiertes, kohärentes und gut organisiertes Studium» an, welches «für einen konkreten Beruf vorbereitet und die Studierenden begeistert» – bei einer erneuten internen Informationsveranstaltung wird jetzt aber deutlich, was Mitarbeiter*innen, die Politik und der Ex-Direktor der PH Hermann Forneck befürchtet haben. McCombie kommunizierte dort, dass die Betreuungsintensität überprüft werden müsse und in gewissen Veranstaltungen sinken wird.
«Wenn wir grosse Gruppen haben, sind es keine Seminare mehr, dann müssen wir Vorlesungen machen.»Guido McCombie, Direktor der PH FHNW
In seiner Präsentation ging der Direktor auch konkret auf die geäusserte Sorge der überfüllten Seminare ein und sagte, es seien «keine übervollen Seminare, aber mehr Grossveranstaltungen möglich». Übervolle Seminare mit 30 bis 40 Studierenden gäbe es wegen dem Spardruck schon jetzt. Aber das sei nicht das Ziel. «Wenn wir grosse Gruppen haben, sind es keine Seminare mehr, dann müssen wir Vorlesungen machen», so McCombie. Das sei wahrscheinlich auch verbunden mit Qualitätseinbussen in der Betreuungsintensität. «Bei einer Vorlesung habe ich ein anderes Betreuungsverhältnis als beim Seminar.» Die entsprechenden Unterlagen der Informationsveranstaltung liegen Bajour vor.
Ein Mitarbeiter der PH, der anonym bleiben möchte, sieht darin seine grössten Befürchtungen bestätigt: «Die Umstrukturierung bedeutet vor allem, dass die angehenden Lehrpersonen schlechter betreut und dass damit ihre Ausbildung und ihre beruflichen Qualifikationen in Mitleidenschaft gezogen werden.»
Aufgaben sollen reduziert werden
McCombie ging bei der Informationsveranstaltung auch auf die Kritik der Gewerkschaft VPOD Aargau/Solothurn ein, die kritisiert, dass eine chronische Überlastung der Dozierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden voraussehbar sei, wenn mit weniger Personal gleich viele Studierende ausgebildet werden sollen. Der Direktor betont, dass die Ressourcen für zu leistende Aufgaben wie Lehre und Forschung nicht gekürzt würden. «Wir sparen, indem wir Aufgaben reduzieren. Erst weniger Aufgaben ergeben weniger Personal», so der Direktor.
Konkret werden beispielsweise 18 heutige Professor*innen keine Leitungsstunden mehr haben und ihr Portfolio anderweitig füllen. Das habe einen Effekt auf alle in der Lehre tätigen Personen inklusive der Dozierenden, wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und den Mitarbeiter*innen mit Honorarvereinbarungen.
Anleitung für Umgang mit Kritik
Ein weiteres internes Dokument listet 26 kritische «Rückmeldungen», beziehungsweise «zu beachtende Aspekte» auf, die von der PH-Leitung redaktionell zusammengefasst wurden und gibt Massnahmen vor, wie mit diesen umgegangen werden soll. So wird beispielsweise beschrieben, dass ein erneuter Image-Schaden entstehen könnte, weil die Ansicht besteht, dass an der falschen Stelle gespart wird. Dem entgegen stellt die PH-Leitung: «Trägerkantone und FHNW müssen sich klar hinter die Bemühungen der PH stellen.» Weiter solle der Problematik, dass die aktuellen Unsicherheiten potenzielle Studierende abschrecken könnte, «Narrativ der starken Produkte respektive das anvisierte bessere Studienerlebnis» entgegengestellt werden.
«Es gilt nun, mit der aktuellen Situation gut und zukunftsgerichtet umzugehen und zuversichtlich zu bleiben.»Zitat aus internen Dokumenten
Ausserdem wird die Befürchtung geäussert, dass «Kolleg*innen, welche die Veränderungen nicht mittragen» in der Institution verweilen und die Entwicklung «sabotieren». Bei diesem Umstand gilt: «Ansprechen, intervenieren, auch Trennung oder Funktionswechsel thematisieren.»
Als letzter Punkt auf der Liste wird die Frage aufgeworfen: «Was ist, wenn mit der Umstrukturierung zwar Einsparungen erzielt werden, aber andere Rahmenbedingungen die Hochschule erneut zum Sparen zwingen?» Die ernüchternde Antwort darauf lautet: «Es gilt nun, mit der aktuellen Situation gut und zukunftsgerichtet umzugehen und zuversichtlich zu bleiben.»
In einigen Punkten wird auch darauf eingegangen, dass ein transparenter Dialog mit der Öffentlichkeit stattfinden soll. Bisher geschah dies allerdings nicht proaktiv – zu viel scheint bei dem Prozess noch unklar zu sein. So wurde beispielsweise bisher noch kein neues Finanzierungsmodell präsentiert, das aufzeigt, welchen Effekt die Einsparungen tatsächlich haben. Eine Stellungnahme der PH-Leitung steht noch aus.
Kantonale Finanzierung bis 2028 ist fix
Was Direktor McCombie in der Präsentation ebenfalls nochmals verdeutlicht, sind die bestehenden finanziellen Rahmenbedingungen. Der aktuelle Leistungsauftrag der PH läuft noch bis 2028. Für diese Zeit sind die Ressourcen fix und Nachkredite sind nicht möglich. Die Verhandlungen für den Leistungsauftrag 2029 bis 2030 beginnen im Jahr 2027 und erst dann könne mit den vier Trägerkantonen Basel-Stadt, Baselland, Aargau und Solothurn verhandelt werden.
In dieser Debatte auch interessant zu wissen ist, dass der prognostizierte schweizweite Rückgang der Schüler*innenzahlen aufgrund der sinkenden Geburtenrate in der Region Basel verhältnismässig gering ausfallen wird. Der Bedarf an Lehrpersonen wird sich voraussichtlich also nicht entsprechend den anderen Kantonen verändern.