Den Shit kannst du rauchen! Nicht.

Ein regelmässiger Kiffer fällt plötzlich in Ohnmacht und ist überzeugt: Das war synthetisches Cannabis. Offenbar ist das Zeug auch in Basel vermehrt in Umlauf.

Kiffen Joint synthetisches Gras

Marius Wandermann* ist sich das Kiffen gewohnt. Doch in den letzten Monaten ging es ihm dreimal richtig schlecht, nachdem er einen Joint geraucht hatte. «Nach 20 Minuten spürte ich, dass etwas nicht stimmte, fühlte ein Stechen in der Brust, bekam Schnappatmung, einmal fiel ich sogar in Ohnmacht.» Und die Kopfschmerzen hielten knapp drei Tage lang an. Wandermann hatte das Gras jedes Mal bei einer anderen Quelle gekauft, ist aber überzeugt: «Das war kein naturbelassenes Hanf, das war fake.» Das Marihuana sei mit synthetischen Cannabinoiden besprüht worden, sagt er.

«Ich bin überzeugt: Das war kein naturbelassenes Hanf, das war fake.»

von Marius Wandermann, Kiffer

Offenbar ist auch in Basel vermehrt synthetisches Gras im Umlauf. Das bestätigt Jill Zeugin von Safer Dance Basel, ein Projekt der Suchthilfe Basel: «In letzter Zeit wurden bei uns und auch bei anderen Drug-Checking-Angeboten mehrere Male synthetische Cannabinoide abgegeben.» So auch bei den Suchtberatungen in Bern und in Zürich, wie SRF berichtete, vereinzelt auch in Genf.

Get real.
Bajour.

Beim Fake-Cannabis «handelt es sich um THC-Analoge», erklärt Suchtexpertin Zeugin. THC sind die so genannten psychoaktiven Substanzen, die einen Trip erst zum Trip machen.

Bei der synthetischen Variante wird das natürliche THC durch chemische Verbindungen ersetzt, die eine ähnliche Zusammensetzung – und damit eine ähnliche Wirkung – aufweisen. Das Problem: Die im Labor produzierten Cannabinoide können um 50-100 mal stärker sein als herkömmliches THC (Details zur chemischen Zusammensetzung im taz-Blog).

Heisst: Aus schwachem Hanf oder Marihuana wird Stoff, der einfährt, wenn man es mit synthetischen Cannabinoiden besprüht. Beispielsweise so genanntes CBD – also Hanfstoffe ohne psychoaktive Wirkung.

Warnung
Funde von synthetischem Cannabis auf saferdancebasel.ch

Problematisch wird es allerdings, wenn Verkäufer*innen die Konsument*innen nicht darüber informieren – mit blossem Auge sind die künstlichen von den natürlichen Substanzen nicht zu unterscheiden. Dann kanns passieren, dass Kiffer*innen plötzlich umkippen, so wie Marius Wandermann. Oder sogar einen Herzstillstand erleiden.

Ein zusätzliches Risiko stellt die Bildung sogenannter «Hotspots» dar: Beim Besprühen werden nicht alle Stellen gleichmässig von den Cannabinoiden durchsetzt, sodass in einigen wenigen Stellen eine besonders hohe Dosis drin steckt.

Warum plötzlich so viel falscher Stoff in Basel?

Wegen COVID-19. Weil einige Länder die Grenzen stärker kontrollierten oder gar schlossen, wurde das importierte Marihuana und Haschisch knapper. Gleichzeitig scheint der Konsum während des Lockdowns leicht gestiegen zu sein, wie eine erste Studie von infodrog, der Schweizerischen Koordinations- und Fachstelle Sucht, aufzeigt. Die Ursachen: Im Homeoffice oder bei Kurzarbeit hat man mehr Zeit zum Kiffen. Und es gibt weniger Veranstaltungen, wo man härtere Drogen einschmeissen kann.

Für Marius Wandermann ist allerdings klar, wo das wahre Problem liegt: in der Drogenpolitik. «Der Staat sollte nicht Kiffer*innen belangen, die nur auf den Eigenbedarf bedacht sind.» Das kriminalisiere den Grashandel im kleinen Rahmen und erhöhe die Gefahr, unreines Marihuana zu erwischen – so wie es ihm passiert ist.

Auch Suchtberaterin Jill Zeugin fände eine Regulierung des Cannabis-Konsums sinnvoll, sprich staatlich kontrollierte, verlässliche Handelsstrukturen – analog zu Alkohol. Der Piratenpartei gefällt das: Sie fordert die Legalisierung des Konsums. Von bürgerlicher Seite kommt seit Jahren Widerstand gegen die Legalisierung.

*Name geändert

Basel Briefing

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