Bänkli und Feuerschale für Süchtige
Mit den warmen Temperaturen kehren auch Süchtige und Dealer zurück auf die Dreirosenanlage. Um die Kinder und Sportler*innen zu schützen, wurden unterhalb der Autobahnbrücke Sitzgelegenheiten eingerichtet. Die Suchterkrankten sollen so vom Spiel- und Sportplatz weggelockt werden.
Silvan Surber vom Unteren Quartierverein Kleinbasel mag bis zu einem gewissen Punkt recht haben, wenn er sagt: «Es ist einfach die Version Sommer 2025». Und damit meint er: «Sobald das Wetter wärmer wird, akzentuiert sich auch das Konfliktpotenzial wieder.»
So finden sich mit den zunehmenden Sonnenstunden auch heuer vermehrt pregabalinsüchtige Asylsuchende, sonstige Suchtbetroffene und Dealer auf der Dreirosenanlage wieder, und mitunter kam es auch zu einem Raubdiebstahl. Gegenüber Bajour beschwerten sich mehrere Anwohner*innen über die Situation.
Dabei hatte man mit einem Massnahmenpaket, das sowohl präventive als auch repressive Lösungen enthält, vergangenes Jahr einiges angestossen; die Ranger*innen-Anzahl erhöht, bauliche Massnahmen durchgesetzt – sprich: Bänkli bei der Schule abgebaut –, die Anlage videoüberwacht und mehr Polizeipräsenz gezeigt.
«Die Situation ist nicht schlimmer geworden, aber sie ist nicht gut.»Michel Hostettler, Kleinbasler Quartierpolizist
Ende Jahr wurden auch die Videokameras abgebaut, nachdem die Gewaltdelikte rückgängig waren. Und die Drogenaktion von Dezember und Januar soll gemäss Polizei erfolgreich gewesen sein. Man hätte zumindest von aussen betrachtet den Eindruck bekommen können, die Situation sei unter Kontrolle.
Ruhe für Feierabendbierchen
Der Kleinbasler Quartierpolizist Michel Hostettler relativiert denn auch: «Die Situation ist nicht schlimmer geworden, aber sie ist nicht gut.» Und: «Natürlich sind immer noch ein paar Störenfriede da, aber Messerstechereien oder schwere Körperverletzungen haben wir praktisch keine mehr.» Er spricht daher trotz aller Beschwerden von «einer massiven Verbesserung» im Vergleich zu vor ein bis zwei Jahren. Sonnenstrahlen hin oder her.
Das bestätigt auch Andreas Schmitt von der Buvette Dreirosen: «Es sind Welten», sagt er. Und ist froh, dass seine Kund*innen am Rheinufer nun wieder in Ruhe ihr Feierabendbierchen trinken können.
«Wenn es zu Problemen kommt, werden wir es rasch merken und können entsprechend reagieren.»Marc Moresi, Co-Geschäftsleitungsmitglied JuAr Basel
Doch weg sind die Gruppierungen nicht. Es gab eine Verlagerung weg von der Rheinpromenade, hin zur Anlage: Sie versammeln sich auch auf dem Spiel- und Sportplatz, konsumieren und urinieren danach – wohl aus benebelter Bequemlichkeit – in die Rabatten.
Dass das ein Problem ist, weil auf Spielplätzen naturgemäss Kinder verkehren, liegt auf der Hand. Und es stellt sich die Frage: Muss ausgerechnet der sensibelste Teil der Anlage der attraktivste Ort zum Konsumieren sein?
Nein. Deshalb hat der Kanton gemeinsam mit Interessenvertreter*innen aus dem Quartier nach weiteren Massnahmen gesucht, um die Situation auf der Dreirosenanlage zu verbessern. Dabei herausgekommen ist ein Versuch mit neuen Bänkli nicht weit von der Anlage entfern, unterhalb der Autobahnbrücke, gegen den Rhein versetzt.
Das Präsidialdepartement bestätigt auf Anfrage von Bajour: «Anfang Mai 2025 wurden drei Sitzbankgarnituren am Rheinweg platziert. Eine Feuerschale mit Deckel wird folgen.»
Ziel dieser neuen Massnahme sei, eine Verlagerung der problemverursachenden Gruppierungen weg vom Sport- und Kinderspielplatz hin zum Rheinufer zu erreichen. Damit solle die Anzahl von Nutzungskonflikten verringert und das Sicherheitsgefühl sowie die Aufenthaltsqualität erhöht werden.
Marc Moresi, Co-Geschäftsleitungsmitglied von JuAr Basel und Co-Leiter der Freizeithalle, welche nicht weit weg ist von den neuen Sitzgelegenheiten, sagt auf Anfrage: «Es wird mit dieser Massnahme versucht, verschiedene soziale Gruppen und Bedürfnisse besser aneinander vorbeizubekommen, respektive räumlich zu verteilen.»
Die Nähe zum Zentrum sieht Moresi differenziert. Ein Vorteil: «Dadurch haben wir Einsicht. Wenn es zu Problemen kommt, werden wir es rasch merken und können entsprechend reagieren.»
Moresi findet, die Gesamtgesellschaft müsse sich mit der Frage auseinandersetzen, wie gerade im öffentlichen Raum das Zusammenleben aller – auch mit sozial randständigen Personen und Gruppierungen – gestaltet werden kann. Diese Aspekte liessen sich aus unserer realen Lebenswelt nicht einfach wegzaubern.
«Aber alle Beteiligten vor Ort sind sich einig, dass ein Kinderspielplatz nicht als Umschlagplatz für Handel und Konsum von Betäubungsmitteln genutzt werden darf.» Es sei ein Prozess, der Basel noch weiter beschäftigen werde.
Mehr Polizei, wieder Videoüberwachung?
Ob es neben den Bänkli wieder schärfere Massnahmen braucht, wird sich zeigen. Durch den Eurovision Song Contest waren viele Polizeikräfte an den Event gebunden, es war weniger Zeit für Kontrollen im Unteren Kleinbasel. Und nun steht die Fussballeuropameisterschaft der Frauen an, dazwischen müssen die Angestellten auch mal Ferien nehmen dürfen, eine Feriensperre kann nur punktuell eingesetzt werden. Doch es dürften bessere Zeiten kommen; und mit dem von der Regierung vorgeschlagenen Lohnmassnahmenpaket besteht Hoffnung, dass zumindest die 120 offenen Stellen leichter besetzt werden können.
«Wir haben vorausgesehen, dass sich die Situation ohne Kamera wieder verschlechtert. Ich kann mir gut vorstellen, die Forderung aufzufrischen.»Laetitia Block, Grossrätin SVP
Bei einer erneuten Eskalation der Situation dürfte die SVP indes wieder nach Videoüberwachung rufen. So sagt SVP-Grossrätin Laetitia Block bereits heute zu Bajour: «Wir haben letzten Winter eine Verlängerung gefordert und vorausgesehen, dass sich die Situation ohne Kamera wieder verschlechtert.» Sie kann sich also gut vorstellen, «die Forderung aufzufrischen». Überhaupt fordert Block mehr Polizeipräsenz, um das Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Aber eben: Dafür braucht es mehr Personal.
«Ein Schnellschuss wäre nun falsch.»Mahir Kabakci, Grossrat SP
SP-Grossrat Mahir Kabakci hingegen sagt: «Ein Schnellschuss wäre nun falsch.» Ohnehin würden sich Suchterkrankte nicht von einer Kamera vertreiben lassen. Sollten die Gewaltdelikte jedoch erneut zunehmen, ist eine Wiedereinführung der Kameras durchaus eine Option, über die man sprechen müsse. Doch danach sieht es im Moment nicht aus.