Liebe Anwohner*innen, wollt ihr Tempo 30 an der Feldbergstrasse?

Kaum kündigt das Bau- und Verkehrsdepartement die Senkung des Tempolimits auf 30 km/h in der Feldbergstrasse an, gehen Autoverbände auf die Barrikaden. Aber was sagen eigentlich die Betroffenen?

Feldbergstrasse
Noch gilt Tempo 50. Was bringt die Zukunft? (Bild: Valerie Zeiser)

Das Bau- und Verkehrsdepartement will ab Sommer 2021 in der gesamten Feldbergstrasse eine Tempolimite von 30 km/h einführen. Die Reaktionen liessen nicht lange auf sich warten. Politisch und medial bekam die Temporeduktion viel Aufmerksamkeit. Der VCS (Verkehrsclub der Schweiz) unterstützt die Idee der Regierung. TCS (Touring Club Schweiz) und ACS (Automobilclub Schweiz) haben sich dagegen ausgesprochen

Was sagen eigentlich die Betroffenen?

Bei all den Diskussionen geht schnell vergessen, an wen sich der Beschluss des Bau- und Verkehrsdepartement eigentlich richtet: an die Personen, die in der Feldbergstrasse wohnen oder arbeiten und so vom Lärm und den Emissionen betroffen sind. Was denken sie über Tempo 30 in ihrer Strasse?

Wir haben bei den Lädelibesitzer*innen nachgefragt.

Steig ein!

Michi Zaugg von Plattfon Records findet grundsätzlich, dass Autos in der Stadt langsamer fahren sollen. «Vielleicht wäre es dann etwas angenehmer vor meinem Laden, weniger laut und weniger dreckige Luft», erklärt er uns. 

Auch die Besitzer*innen vom Lebensmittelgeschäft Ayra gegenüber der Matthäuskirche würden die Temposenkung begrüssen. «Bei Tempo 50 rasen die immer so, eine Temporeduktion wäre wirklich hilfreich», finden sie. Semere Teckeghiorghis vom Lebensmittelladen gegenüber von Ayra sieht das ähnlich. «Heute ist es gefährlich und viel zu laut.» 

Zuletzt besuchen wir den Unverpackt-Laden am Erasmusplatz. Chris Mani erklärt: «Grundsätzlich ist die Temporeduktion sehr willkommen, denn sie bedeutet weniger Emissionen und weniger Lärm.» Seine Kollegin Sonja Back relativiert aber: «Ich weiss nicht, ob sie das tatsächlich umsetzen können. Es ist eine der Hauptverkehrsachsen in Basel, die Feldbergstrasse wird viel von Bussen aber auch von der Sanität oder der Polizei befahren.»

Tatsächlich ist die Feldbergstrasse eine stark befahrene Strasse. Bis zu 15’000 Autos passieren sie an Werktagen. Wie wahrscheinlich ist es also, das Tempo 30 tatsächlich umgesetzt wird? 

Warum soll Tempo 30 her?

Viele Argumente des Bau- und Verkehrsdepartement haben die Betroffenen oben schon genannt. So geht es auch dem Departement um weniger Emissionen und Lärm. Genauer: Die Temposenkung soll zu einer zehn Prozent geringeren Stickoxidbelastung führen, heute würden diese Werte deutlich über dem erlaubten Grenzwert liegen. Ausserdem werde auch der Grenzwert der Lärmbelastung in der Feldbergstrasse heute «flächendeckend» überschritten. 

Dafür sprechen laut der Medienmitteilung auch der geringe Zeitverlust. So soll das langsamere Tempo bei Autos die Fahrtdauer nur um 20, bei Bussen um zehn Sekunden verlängern.

Wer wehrt sich dagegen?

Zehn Einsprachen gibt es gegen das Projekt, eine davon kommt vom ACS. Das Hauptargument: «Um einzusehen, dass es dann keinen Anreiz mehr gäbe, statt Quartierstrassen die Feldbergstrasse zu benutzen, braucht es keine Studie», sagt Geschäftsführer Christian Greif gegenüber der bz. Ausserdem würde sich das Abgasproblem in zwei bis drei Jahren sowieso von selbst gelöst haben, schliesslich nähme die Anzahl Elektroautos stetig zu. 

Auch der TCS will eine  Temporeduktion verhindern. Er befürchtet wie der ACS, dass die Autofahrer*innen auf die Quartierstrassen ausweichen. Ausserdem bezweifelt er, dass durch Tempo 30 die Abgasemissionen gesenkt werden. Die gäbe es so oder so wegen des ständigen Stop-and-Go-Verkehrs.

Der TCS glaubt auch nicht, dass das Lärmproblem verschwinden würde, da vor allem die Busse laut seien. Zudem ist eine mögliche nächste Massnahme dem TCS ein besonderer Dorn im Auge: Die Feldbergstrasse soll in die erste Umweltzone der Schweiz verwandelt werden. Dann könnten alle Diesel-Fahrzeuge schlechter als die Abgasnorm Euro 6 untersagt werden. 

Was bedeuten die Einsprachen für das Projekt?

Die zahlreichen Einsprachen von den Autoclubs der Schweiz werden zumindest zu Verzögerungen führen. Genauso wie es bei der Sevogelstrasse auch schon der Fall war. Um mehrere Jahre hat damals eine Beschwerde des ACS den Prozess verlängert, zuletzt wurde sie vom Bundesgericht abgewiesen. Der Geschäftsführer des Automobilclubs hat bereits angekündigt, auch bei der Feldbergstrasse bis zur letzten Instanz zu gehen. 

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Valerie aka «Zeisi» hat als Praktikantin bei Bajour gestartet, dann ein Studium begonnen und arbeitet nun nebenbei als freie Journalistin bei der bz sowie bei Bajour als Briefing-Schreiberin. Sie ist während der Vorfasnachtszeit – laut ihr das ganze Jahr – schlecht erreichbar, ist aber ständig unterwegs.

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