Titelträume, Trommelwirbel, Trauerflor – eine zünftige Prise Lokalkolorit für einen roten Abendhimmel

Auf dem Bolzplatz Nr. 7 fasst sich unser Kolumnist Raphael Pfister ans Herz. Also dorthin wo die ganz grossen Gefühle zuhause sind. Zück dein Taschentuch und dann ab aufs Feld.

BOLZPLATZ

Fassungslosigkeit und geschockte Menschen: Die Basler Fasnacht wurde abgesagt. Auch ich verspürte eine innere Leere als der Entscheid der Regierung bekannt wurde. Aber hey, dachte ich dann, es ist die Fasnacht. Nächstes Jahr gibt es wieder eine. Kopf hoch! Es passiert gerade vieles auf dieser Welt, das mich betroffener macht. 

Wobei: So ganz spurlos ist der Ausfall der «drey scheenschte Dääg» dann doch nicht an mir vorbeigegangen.

Denn eigentlich, und das wird mir immer vor und während der Fasnacht so richtig bewusst, bin ich durch und durch Basler. Da ändert auch das als Heimatort eingetragene «Altishofen» im Luzernischen oder das Deutsche «Schefflenz» im Pass nichts. Ich liebe den FCB und ich liebe die Fasnacht. Mehr Basel geht eigentlich gar nicht.

«Anarchisch kultiviert – an den drei Tagen kulminiert das Kreativpotenzial der Basler*innen in einem Spektakel, das seinesgleichen sucht.»
Bolzplatz-Flügelflitzer, Raphael Pfister

Die Gruppe der Teilnehmer*innen an der Basler Fasnacht ist durchaus heterogen, auch wenn der Ausländer*innen-Anteil bei den Aktiven höher sein dürfte. Aber egal ob jemand hier geboren ist, oder nicht: An den drei Tagen kulminiert das Kreativpotenzial der Basler*innen in einem Spektakel, das seinesgleichen sucht. Anarchisch und kultiviert, leicht oder mal stärker beschwipst wird die Welt reflektiert und akribisch seziert. In manchen Fällen ist das eine euphemistische Sichtweise. Aber für mich stimmt das so. 

Fasnacht, Fussball, Federn lassen

Aber jetzt, Doppelpass, von der einen lokalen Liebe zur andern: Dem FC Basel. Den mag ich halt ebenfalls wirklich sehr, wie ich vor rund zwei Wochen im Didi Offensiv wieder feststellen musste.

Der FCB hatte einen 2:0 Vorsprung gegen Servette verspielt, am Schluss stand es 2:2. Grosser Ärger, die Konkurrenz rieb sich schon die Hände.

Weil aber YB im Spitzenspiel der Runde gegen St. Gallen einen verschossenen Penalty «dank» der sehr korrekten Regelauslegung von Schiedsrichter Bieri (St. Gallen-Goalie Zigi hatte sich auf der Linie zu früh bewegt) nochmal schiessen durfte und Hoarau im zweiten Anlauf traf – aus diesem Grund also kam der FCB trotz des Unentschiedens gegen Servette nochmal mit einem blauen Auge davon.

Der Abstand zwischen Erstplatziertem und dem FCB blieb bei fünf Punkten stehen. Oder wie ich gerne sage: Die Titelhoffnung lebt. Ich liebe diesen Sport.

«Ich bin eher nicht auf der kühlen Seite. ICH WILL, DASS DER FCB MEISTER WIRD.»
Bolzplatz-Flügelflitzer kurz vor Spielschluss, Raphael Pfister

Erstaunlicherweise waren einige Stammgäste des Didi Offensiv erzürnt darüber, dass Alain Bieri die Wiederholung des Elfmeters anordnete. Ich hingegen freute mich sehr darüber, denn das 3:3 war ein versöhnliches Resultat der Konkurrenz für meinen Verein, den FC Basel.

Klar, auch ich würde dem FC St. Gallen die Meisterschaft mehr gönnen als dem BSC YB, die ganze Fussballschweiz tut das (glaube ich). Aber am meisten gönne ich die Meisterschaft meinem Verein. Unserem Verein. Uns. 

Ich pflege zu sagen, dass Fasnacht Breitensport ist (oder sein sollte). Der FC Basel ist zwar kein Breitensport-Verein, er dient der gezielten Talentförderung. Aber emotional gehört dieser Club der breiten Masse. Und weil der FC Basel so viele unterschiedlichen Fans, Unterstützer*innen und Gelegenheitszuschauer*innen hat, gibt es ebensoviele Sichtweisen auf den Verein. Sie reichen von purem Fanatismus bis zur kühlen Neutralität. Ich bin eher nicht auf der kühlen Seite. ICH WILL, DASS DER FCB MEISTER WIRD.

Und wenn du jetzt denkst, nanana, da übertreibt er jetzt aber, und wenn du der Ansicht bist, dass die Fasnacht und der FCB insgesamt einen viel zu hohen Stellenwert geniessen, dann kann ich das ein bisschen nachvollziehen.

Aber so ist das halt in Basel, hier wird der Lokalkolorit zuweilen mit der ganz grossen Kelle angerührt. Nicht umsonst singt man im Stadion: «Wenn dr Oobehimmel rot isch, und am blaue Rhy no Lütt triffsch, jo denn weisch du bisch in Basel, wo dr FCB dehaim isch.»

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Sieht sich vollkommen zu Recht als emotionaler Mitbesitzer des FC Basel: Tresenlibero und Bolzplatz-Kolumnist Raphael Pfister.

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