Tödliche Velounfälle: So unsicher ist Basel

Die Basler*innen fühlen sich nicht sicher im Sattel, die Unfallzahlen steigen. Warum? Die Experten sind sich uneinig.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Velounfälle angestiegen.

Zwei tödliche Velounfälle innerhalb kurzer Zeit erschüttern Basel. Vor zwei Wochen wurde eine 52-Jährige auf der Feldbergstrasse von einem Bus überfahren. Was genau passiert ist, ist noch unklar. Ende Oktober 2019 starb Umweltaktivist Martin Vosseler auf der Austrasse. Er stürzte, als ihn ein Lastwagen überholte, und wurde von dessen Hinterrad erfasst.

Das Sicherheitsgefühl der Velofahrer*innen auf Basler Strassen hat – auch aufgrund der beiden Vorfällen – ziemlich gelitten. Die Unfallstatistik, die die Basler Polizei jährlich herausgibt, belegt den subjektiven Eindruck. In den letzten fünf Jahren sind die Unfallzahlen angestiegen.

Doch eigentlich sind es noch mehr Unglücke – viele Velounfälle werden gar nicht in dieser Statistik erfasst. Kaum ein*e regelmässige*r Velofahrer*in in Basel hat nicht eine Geschichte von einem kleinen oder einem Beinahe-Unfall auf Lager. Ist der Schaden nur gering, ruft man selten die Polizei. Und erst dadurch wird der Unfall protokolliert. Sprich, die Dunkelziffer ist wohl sehr gross.

Diesen Eindruck bestätigen auch die Hochrechnungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu), sie führt regelmässig Befragungen durch. So wurden für das Jahr 2015 die Anzahl Verletzter im Schweizer Strassenverkehr auf mehr als 80’000 geschätzt, davon wurden rund 21’500 – also lediglich ein Viertel – von der Polizei registriert.

Doch wieso nehmen die Velounfälle zu? 

Für Polizeisprecher Toprak Yerguz gibt es dafür zwei Hauptgründe. Erstens seien in den letzten Jahren E-Bikes immer populärer geworden. «Kraft, Beschleunigung, Geschwindigkeit und Bedienung von E-Bikes werden tendenziell unterschätzt, von den Fahrenden selber als auch von anderen Verkehrsteilnehmern.» Zweitens werde das Velofahren in der Stadt gefördert. Für ihn lautet die einfache Gleichung: «Mehr Verkehrsteilnehmer*innen = mehr Unfallbeteiligte».

Basler*innen sind nicht vom Velo zu trennen

Tatsächlich nutzen die Basler*innen häufig das Velo, wie der Verkehrsindex zeigt. Er gibt einen Einblick in den Mobilitäts-Alltag der Basler Bevölkerung. 2017 hat Basel gemeinsam mit den Städten Bern, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich einen Bericht erstellt. Zum zweiten Mal nach 2012 erschien der «Städtevergleich Mobilität». 

Basel hat zwar die zweithöchste Einwohner*innenzahl unter den sechs beteiligten Städten, erstreckt sich aber über die kleinste Fläche. Kurz gesagt: Basel hat in diesem Vergleich die höchste Siedlungsdichte. Auf 1000 Einwohner*innen kommen in Basel 334 Autos – der tiefste Wert im Städtevergleich. Entsprechend fällt das Bild aus, betrachtet man, wie die Basler*innen ihren Arbeitsweg innerhalb der Stadt zurücklegen: 

  • 11% mit dem Auto oder dem Motorrad
  • 48% mit Tram oder Bus
  • 42% mit dem Velo oder zu Fuss

Gemäss Roland Chrétien, Geschäftsführer von Pro Velo beider Basel, haben die zunehmenden Velounfälle aber nichts mit den vielen Velofahrer*innen zu tun, im Gegenteil: «Jedes Velo mehr steigert die Sicherheit.» Aber während dank der technischen Entwicklung die Autos stetig sicherer geworden seien, hätte es bei den Velos keinen merklichen Fortschritt gegeben. Zudem weist auch er darauf hin, dass immer mehr Leute mit dem E-Bike unterwegs sind. Und damit wohl auch immer mehr unerfahrene Velofahrer*innen.

Chrétien ist nicht der einzige, der die mangelnde Sicherheit kritisiert. Auch die Basler*innen selbst sehen ihre Stadt nicht wirklich als velofreundlich. In einer Umfrage von Pro Velo Schweiz, die Ende 2017 zuletzt durchgeführt wurde, belegt Basel den 8. Gesamtrang. Unter den Grossstädten (über 100’000 Einwohner) rangiert sie auf Platz zwei hinter Winterthur. 

An der Online-Befragung haben zwischen September und November 2017 insgesamt rund 17’000 Velofahrer*innen teilgenommen. Trotz des gute Schlussranges, erreicht Basel nur eine Note von 4.1, im Schulnotensystem also «knapp genügend» – beim Thema Sicherheit ist sie mit der Note 3.9 sogar unter diesem Schnitt. Die Basler*innen fühlen sich nicht sicher.

Was tun, um die Sicherheit für Velofahrer*innen zu verbessern? 

Die Basler Kantonspolizei appelliert an die Eigenverantwortung der Velofahrer*innen. Sie rät zu einer «zurückhaltenden Fahrweise», zu auffälliger Kleidung und dem Tragen eines Velohelms. Nebst alledem analysiert sie laufend die gesammelten Unfalldaten. Diese zeigen, wo es verkehrsregelnde Massnahmen braucht und wo die Polizei präventiv mit Kontrollen eingreifen muss.

Für Chrétien von Pro Velo ist klar, der schon lange geltende Teilrichtplan Velo müsse schnellstmöglich umgesetzt werden. Denn darin seien Massnahmen formuliert, zur Entwicklung einer velofreundlichen Infrastruktur. Er fordert möglichst flächendeckende Tempo 30-Zonen und den Fokus auf das Thema Sicherheit. Neben Massnahmen wie Temporeduktionen soll auch der Abbau von Autofahrspuren und -Parkplätzen geprüft werden.

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Franziska ist fast seit Beginn Teil der Bajour-Family. Sie ist unser Organisationstalent, gestaltet Dienstpläne, schreibt Anleitungen (mit Freude!) und kümmert sich als stellvertretende Chefredaktorin darum, dass alle Ecken und Enden zusammenhalten. Sie betreut die Praktikant*innen, macht den Feinschliff in der Produktion und schreibt regelmässig Basel Briefings. Zuvor war Franziska im Online-Team der bz.

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