Eine Revolution in der Uni-Finanzierung?

Eine Gemeindeinitiative aus dem Baselbiet will andere Kantone dazu verpflichten, die vollen Kosten für ihre Studierenden an der Uni Basel zu übernehmen. Das Ziel ist, langfristig eine neue Art der Hochschulfinanzierung auf den Weg zu bringen.

Universität Basel
Wer zahlt künftig wie viel? Diese Frage wird derzeit kontrovers diskutiert. (Bild: Valerie Wendenburg)

Studieren kostet. Einerseits Studierende, die pro Semester eine Gebühr für ihre Ausbildung zahlen. Andererseits aber vor allem die öffentliche Hand, die den grössten Teil der Kosten übernimmt: Die Universität Basel finanziert sich zum grössten Teil aus Geldern aus den Kantonen und vom Bund.

Der grösste Betrag kommt dabei aus den Trägerkantonen der Uni Basel: Basel-Stadt und Baselland. Sie verantworten die Universität gemeinsam. Vereinfacht gesagt heisst das: Sie bestimmen, wohin sich die Uni entwickeln soll. Und eben: Sie sind massgeblich für die Finanzierung der Uni verantwortlich. 

Genau da liegt der Knackpunkt der aktuellen Diskussionen. 

Denn im Baselbiet läuft es nicht gut bei den Kantonsfinanzen. Man überlegt, wo Geld eingespart werden kann. Geht es nach dem Gemeinderat der Baselbieter Gemeinde Rünenberg, soll auch eine Kürzung der Gelder an die Uni Basel diskutiert werden. Er hat eine Gemeindeinitative lanciert, die fordert:

  • Der Kanton Basel-Landschaft kündigt den Universitätsvertrag per Ende 2027.
  • Er «unternimmt alle ihm möglichen Schritte», um einen neuen interkantonalen Vertrag per 2030 schliessen zu können.
  • In diesem Vertrag soll eine gemeinsame Trägerschaft «aller Kantone mit an der Universität Basel Studierenden» geregelt sein.

Abgesehen von neuen Mitspracherechten von weiteren Kantonen ausser Basel-Stadt und Baselland sollen damit auch neue finanzielle Verpflichtungen einhergehen. Bisher haben sich zwei Gemeinden für die Initiative ausgesprochen, fünf bräuchte es, damit es im Baselbiet zu einer Volksabstimmung kommen könnte.

2025-06-11 Frage des Tages Uni-Finanzierung-1

Aktuell sind Basel-Stadt und Baselland gemeinsame Trägerkantone der Universität Basel – so regelt es der Universitätsvertrag. Einige Baselbieter Gemeinden fordern deshalb per Initiative (mit Unterstützung der SVP), dass Baselland zum Sparen aus dem Univertrag aussteigt und die Uni-Finanzierung ab 2030 interkantonal ausgeglichener geregelt wird.

zur Debatte

Angestossen hat das Ganze Rünenberg-Gemeindepräsident Thomas Zumbrunn. Er argumentiert gegenüber Bajour so: «Wie Basel-Stadt zahlt Baselland die Vollkosten seiner Studierenden und hat seit Inkrafttreten des Universitätsvertrags alleine für das Restdefizit, das wegen der fehlenden Beiträge aus dem Ausland und der übrigen Kantone entsteht, rund eine Milliarde Franken aufgewendet.» Damit müsse Schluss sein. «Es ist ungerecht, dass Aargau, Solothurn und Jura jährlich zusammen über eine Milliarde Franken aus dem nationalen Finanzausgleich erhalten und der klamme Kanton Baselland pro Jahr 100 Millionen Franken sparen muss.»

Und Roger Grieder, Gemeindepräsident von Wenslingen hält fest: «Die Initiative befürwortet klar, dass die übrigen Kantone angemessen an den Vollkosten und dem Defizit beteiligt werden sollen, da sie erheblich von der Universität profitieren, aber bislang kaum Verantwortung tragen.»

Thomas Zumbrunn
«Das Fernziel muss sein, dass sich alle Kantone adäquat an den Kosten ihrer Studierenden beteiligen.»
Thomas Zumbrunn, Gemeindepräsident Rünenberg

In die Debatte bei Bajour bringt sich auch Jurist Julian Powell ein. Er macht aufmerksam auf eine Konsequenz, die aus der Gemeindeinitiative folgen würde: Wenn die anderen Kantone mehr Geld für ihre Studierenden zahlen sollen, würde dann auch Baselland mehr Geld für die eigenen Studierenden an ausserkantonalen Unis zahlen? Er schreibt: «Falls sämtliche Kantone der Schweiz einen (höheren) Beitrag leisten sollten, stellt sich für mich die Frage, ob bzw. wie viel der Kanton Baselland denn an die anderen Schweizer Unis (wie z.B. Zürich, Luzern, Lausanne etc.) zahlt? Das müsste ja irgendwie in einem angemessenen Verhältnis stehen.» 

Gemeindepräsident Zumbrunn bestätigt: Das «Fernziel» müsse sein, «dass sich alle Kantone adäquat an den Kosten ihrer Studierenden beteiligen – egal, wo sie studieren. Die Umsetzung der Uni-Finanzierungs-Initiative wäre ein Zwischenschritt.» 

Langfristig geht es den Befürworter*innen der Initiative darum, die finanzielle Last gleichmässig auf die Herkunfts-Kantone der Studierenden zu verteilen. Das heisst, dass in ferner Zukunft auch Baselland die Vollkosten für die «eigenen» Studierenden an den Unis in den übrigen Kantonen übernehmen müsste. Die Gemeindeinitiative wird hier als «Zwischenschritt» angedacht, bei dem es erst mal darum geht, aus der bikantonalen Trägerschaft der Uni rauszukommen. 

Maya Graf
«Die Gemeindeinitiative ist kontraproduktiv für unseren Universitätsstandort Basel und sie entlastet die Gemeinden um keinen einzigen Rappen.»
Maya Graf, Grüne-Ständerätin BL

Ob dies das Baselbiet tatsächlich entlasten würde? Die Sissacher Ständerätin Maya Graf (Grüne) bestreitet das. «Die Gemeindeinitiative ist kontraproduktiv für unseren Universitätsstandort Basel und sie entlastet die Gemeinden um keinen einzigen Rappen», schreibt sie bei  Onlinereports. «Dafür gefährdet sie unseren regionalen Bildungs- und Forschungsstandort, indem sie die Uni Basel sowie unseren Kanton als Universitätsträger schwächt. Und dies ausgerechnet jetzt, wo das Entlastungsprogramm des Bundes für die Hochschulen ohnehin schon nur schwer verkraftbare Kürzungen vorsieht.» 

Ausserdem merkt sie an, dass die Forderung der Initiative nicht zum ersten Mal im Raum steht: «Auf Bundesebene sind bis jetzt alle Anläufe gescheitert, die Nicht-Universitätskantone dazu zu verpflichten, mehr für ihre Studierenden zu bezahlen, denn sie stellen die Mehrheit in der Hochschulkonferenz.» Sie weist auch darauf hin, dass die Interkantonale Universitätsvereinbarung, die den interkantonalen Zugang zu den Universitäten und den finanziellen Beitrag der Kantone regelt, mit einer neuen Vereinbarung per 2022 in Kraft getreten ist. «Es ist völlig unrealistisch, dass sich hier in Kürze etwas ändern wird», sagt sie.

Trotzdem: Auch andernorts will man das Thema weiter auf dem politischen Parkett behalten. GLP-Nationalrätin Katja Christ forderte kürzlich per Vorstoss eine nationale Strategie zur Uni-Finanzierung. Der Bundesrat sagte aber auch dieses Mal: Nein.

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Michelle Isler

Das ist Michelle (sie/ihr):

Nach einem Masterstudium in Geisteswissenschaften und verschiedenen Wissenschafts- und Kommunikations-Jobs ist Michelle bei Bajour im Journalismus angekommen: Zuerst als Praktikantin, dann als erste Bajour-Trainee (whoop whoop!) und heute als Redaktorin schreibt sie Porträts mit viel Gespür für ihr Gegenüber und zieht für Reportagen durch die Gassen. Michelle hat das Basler Gewerbe im Blick und vergräbt sich auch gern mal in grössere Recherchen.

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