Wenn nicht Superblock, dann halt grüne Begegnungszonen
Der Regierungsrat macht keinen Superblock-Test im Wettstein. Der Quartierverein «Wettstein 21» versucht’s auf anderem Weg: Mitte Juli hat er für diverse Quartierstrassen Anträge für begrünte Begegnungszonen eingereicht.
Jetzt macht der Quartierverein «Wettstein 21» Ernst. Er hat im Quartier Unterschriften für begrünte Begegnungszonen gesammelt und dazu Mitte Juli diverse Anträge beim Kanton eingereicht. Damit reagiert der Verein auf den Beschluss des Regierungsrats Anfang Jahr, im Wettsteinquartier keinen Superblock-Test durchzuführen.
Die von Wettstein 21 erarbeitete Petition «Charta für ein zukunftsfähiges Wettstein-Quartier» wird zwar in der Mitteilung des Regierungsrats als eine der Grundlagen für die Testphase der Superblocks genannt, konkret getestet wird jetzt aber lediglich in den Quartieren St. Johann und Matthäus. Wann es losgeht, ist noch unklar, derzeit prüft das Präsidialdepartement Rekurse gegen die beiden Tests.
Der Entscheid der Regierung, das Wettstein auszulassen, erzürnte den Verein. Und er fasste einen Plan: Wenn der Regierungsrat dem Quartier nicht von sich aus in absehbarer Zeit verkehrsberuhigte und begrünte Quartierstrassen bescheren will, braucht es Druck von unten. «Für jeden einzelnen Streckenabschnitt im Wettstein-Quartier werden wir eine Petition für eine Begegnungszone mit Begrünung einreichen», sagte damals Vereinspräsident Christoph Keller zu Bajour.
Mit der Absage der «Superblocks» für das Wettstein-Quartier hat der Regierungsrat den Verein «Wettstein 21» erzürnt. «Wir lassen uns nicht entmutigen und machen weiter. Die Stimmung ist kämpferisch», lautete damals die Ansage von Christoph Keller, Präsident des Vereins Wettstein 21.
Eine erste Tranche dieses eher ungewöhnlichen Vorgehens ist nun umgesetzt. Gemäss Wettstein-21-Vorstandsmitglied (und GLP-Co-Vizepräsidentin) Nicole Wirz sind insgesamt 240 Unterschriften aus den betreffenden Strassen für begrünte Begegnungszonen im Quartier zusammengekommen. Weitere sollen in einer zweiten Tranche folgen, sagt Wirz gegenüber Bajour. Damit ein solcher Antrag beim zuständigen Bau- und Verkehrsdepartement eingereicht werden kann, müssen mindestens ein Drittel der Anwohner*innen in der betroffenen Strasse dem Anliegen zustimmen.
Geschehen ist das nun für den Fischerweg, den Burgweg, einen Abschnitt der Alemannengasse, die Rheinfelderstrasse und die Turnerstrasse. «Ein beachtliches Zeichen der Unterstützung», findet Wirz.
«Wenn man praktisch für alle Quartierstrassen des Wettsteinquartiers solche Anträge einreicht, muss der Kanton mit einem Gesamtkonzept kommen.»Nicole Wirz, Vorstandsmitglied beim Verein Wettstein 21 und Co-Vizepräsidentin der GLP
Wenn der Superblock also nicht von «top down» kommt, dann ihn von «bottom up» erzwingen? Wirz will das so nicht stehen lassen. Sie erklärt: Erzwingen wolle man den Superblock nicht, aber «einfach abwarten» auch nicht. «Wir wollen, dass die Behörden ein schlüssiges Konzept für verkehrsberuhigte und begrünte Begegnungszonen im Quartier entwickeln müssen.» Deshalb reiche der Verein die Anträge gesammelt ein. «Es liegt auf der Hand: Wenn man praktisch für alle Quartierstrassen des Wettsteinquartiers solche Anträge einreicht, muss der Kanton mit einem Gesamtkonzept kommen.»
Trickst das Wettstein gerade die Behörden aus? Wieder verneint Wirz: «Als Verein haben wir einfach die Kräfte im Quartier gebündelt. Und auch bei der Superblock-Idee des Kantons ist es das Quartier, das definiert, wie mehr Lebensqualität, mehr Grün und weniger Verkehr konkret aussieht. Genau das machen wir nun auch.» In den vergangenen Monaten haben Wirz und weitere Mitglieder des Quartiervereins zusätzlich zu den Unterschriften für die Begegnungszonen für eine Petition geweibelt: Sie fordert ebenfalls begrünte Quartierstrassen im Wettstein und soll zusammen mit dem noch fehlenden Drittel der vorgesehenen Strassen im September eingereicht werden.
Doch was bringt eine Petition, wenn zusätzlich mehrere Einzelanträge eingehen? Aus Sicht des Vereins seien die gestückelten Anträge zwar das bevorzugte Mittel. «Wir hoffen, dass wir im Gegensatz zur Petition nicht so lange warten müssen, bis sie umgesetzt wird.» Weil sie aber nicht gewusst hätten, ob in jeder Strasse genügend Unterschriften für die einzelnen Anträge zusammenkommen, haben sie auch auf die Petition gesetzt – sicherheitshalber, so scheint es.
So oder so: Der Verein hegt grosse Hoffnungen. «Bei den Superblocks sind wir derzeit auf der Wartebank. Wir hoffen, dass der Regierungsrat dank den Anträgen und der noch folgenden Petition unser Anliegen aufnimmt und die hohe Dringlichkeit von verkehrsberuhigten Zonen mit höherer Aufenthaltsqualität in unserem Quartier erkennt», so die Raumplanerin Wirz.
Erkennen wird das BVD ohne Zweifel, dass von Seiten Wettstein 21 gerade eine Schwetti Anträge auf das Departement zukommt. Ende Januar konnte das BVD noch nicht sagen, ob so viele Anträge gleichzeitig eine Überlastung für die Behörde bedeuten würde. Und heute?
«Das Vorgehen stellt sicher, dass die Anwohnerinnen und Anwohner jeder einzelnen Strasse selbst entscheiden können, ob sie eine Begegnungszone wünschen oder nicht. Daran möchten wir festhalten.»Nicole Ryf, Sprecherin Bau- und Verkehrsdepartement
Es sei kein Problem, schreibt Sprecherin Nicole Ryf auf Anfrage. «Wir können die Anträge einfach nur einen nach dem anderen bearbeiten und werden das auch tun.» Das klingt nicht danach, als würde das BVD dem Wunsch von Wettstein 21 nachkommen und ein Gesamtkonzept erstellen. Ryf führt aus: Mit dem basisdemokratischen Vorgehen beim Einrichten von Begegnungszonen habe Basel «sehr gute Erfahrungen» gemacht. «Das Vorgehen stellt sicher, dass die Anwohnerinnen und Anwohner jeder einzelnen Strasse selbst entscheiden können, ob sie eine Begegnungszone wünschen oder nicht. Daran möchten wir festhalten.»
Wie lange die Bearbeitung dieser Anträge aus dem Wettsteinquartier dauern wird, kann Ryf indes nicht beantworten: In der Regel dauere es vom Antrag bis zur Umsetzung mindestens 1,5 Jahre. Bei Einsprachen verlängere sich der Prozess, erklärt die BVD-Sprecherin. «Wenn zeitgleich sehr viele Anträge eingehen – so wie jetzt –, dann kann es natürlich auch länger dauern, bis alle beantragten Begegnungszonen das Prozedere durchlaufen haben.»