Ein Fanal für die Fans

Am Samstagabend kam es vor dem Joggeli zu einer Demonstration gegen die FCB-Clubführung einerseits. Und für die eigene Moral andererseits. Am Ende blieb vor allem das Gefühl, wieder einmal eine «Night to remember» erlebt zu haben.

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Die St. Jakobs-Strasse glich zeitweise einem Flammenmeer. (Quelle: Daniel Faulhaber)

«Zit zum koo» stand auf zahllosen Flyern und Plakaten, die in den letzten Tagen in der Stadt befestigt wurden. Das war an die Fans des FC Basel gerichtet. Und die Fans kamen. Am Samstagabend, den 13. März, ging vor dem St- Jakob-Park eine spektakuläre Demonstration gegen Clubpräsident Bernhard Burgener über die Bühne. Sie war gleichzeitig so etwas wie ein Fanal für die rotblaue Seele. 

Fanal, das bedeutet ein weithin erkennbares Zeichen, das eine Veränderung, den Aufbruch zu etwas Neuem ankündigt.

Was das Neue angeht, da muss Vorsicht gelten. Burgener war vor dem Spiel gegen den FC Luzern Präsident des FC Basel, er war es auch nachher noch. Der Clubpräsident und mit ihm die ganze Vereinsführung ist in den vergangenen Wochen erst wegen sportlichen Misserfolgs, dann aufgrund von Gerüchten über mögliche Aktienverkäufe an ausländische Investoren in die Kritik geraten.

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Das Zeichen an und für sich aber, das wurde vor dem Spiel gegen Luzern von den Fans unüberhörbar und unübersehbar gesetzt. 

Es waren 4000, vielleicht 5000 Fans, die vor das Stadion strömten. Alte, junge, alle waren da, das typisch durchmischte Fussballpublikum. Eine Bewilligungsanfrage für diese Versammlung war am Vortag bei der Polizei eingegangen, diese gab postwendend eine Zusage. Wahrscheinlich wissend, dass sich diese Menschenmasse auch durch eine fehlende Bewilligung nicht würde aufhalten lassen, zu gross war die Mobilisierung in den vergangenen Tagen gewesen.

Wer sich vor dem Stadion unter den Fans umhörte, der erhielt zwei Gründe für ihr Dasein: Burgener, der ungeliebte Präsident, solle spüren, dass es der Fangemeinde ernst sei mit der Feindseligkeit. Die Mannschaft ihrerseits solle den Rückhalt hören. Und schlussendlich wollte man auch sich selber wieder einmal feiern, oder wie es zwei junge Frauen vor der Treppe zur Plattform sagten: «Wir wollen wieder einmal eine gute Zeit haben.»

Und sie hatten eine gute Zeit. Während den 90 Minuten zwischen An- und Abpfiff wurde möglicherweise sämtliches pyrotechnische Material abgefackelt, das sich seit Beginn der Corona-Pandemie und dem Schliessen der Stadien in den Kellern der Fans angesammelt hatte. Das Flammenmeer war gigantisch. Zwischenzeitlich wurden auf der Strasse vor dem Stadion mit Holz und Pappe richtige Lagerfeuer entzündet, was gefährlich werden konnte, wenn plötzlich vermeintliche Rohrkrepierer oder kaputtes Feuerwerk aus den Flammen in alle Richtungen und in die umherstehenden Personen hineinschossen. 

Einmal war am Rande der Menschenmasse ein Einsatzwagen der Sanität zu sehen. Ansonsten blieb die Versammlung friedlich. 

Ein Jahr Pandemie – Abstandsmahnungen allenthalben. Und da unten stürzten sich die Menschen mit jedem Tor enthemmter in die Arme.

Und trotzdem beschlich den Beobachter ein beklemmendes Gefühl mit Blick vom Balkon auf die schiere Masse der Fans. Ein Jahr Pandemie – Abstandsmahnungen allenthalben. Und da unten stürzten sich die Menschen mit jedem Tor, am Schluss waren es vier für den FC Basel, enthemmter in die Arme. Die Masken sanken, der Alkoholpegel stieg. Es wurde gesungen und getanzt. Immerhin blies während des ganzen Abends ein kräftiger Wind. 

Am Schluss war dieser Abend eine Selbstvergewisserung, dass der Spirit, das immaterielle  Rückgrad dieses Vereins, noch lebt. Es ging nicht so sehr um das Resultat, auch wenn die Tore gefeiert wurden. Es ging um das Wir-Gefühl. 

Wie Club-Präsident Burgener den Abend erlebte, an dem er oft geschmäht wurde, das bleibt sein Geheimnis. Er beobachtete das Spiel aus der Loge im Innern des Stadions. 

Nach dem Schlusspfiff, Basel hatte seit Dezember endlich wieder einmal ein Spiel zuhause gewinnen können und den FC Luzern mit 4:1 besiegt, begann es heftig zu regnen. Die Fans gingen heim. Zurück blieb ein Meer aus Abfall und Asche. Die Polizei hat sich den ganzen Abend im Hintergrund gehalten. Die Frage, ob das nun eine Demonstration war, oder womöglich doch eine Party, wird möglicherweise noch zu reden geben.

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