Warum boostern sich Junge immer noch mit Moderna statt mit Pfizer?
Die Eidgenössische Kommission für Impffragen empfiehlt jüngeren Menschen, sich nur mit Pfizer boostern zu lassen. Trotzdem werden in Basel die unter 30-Jährigen weiterhin auch mit Moderna geimpft. Warum?
Booster ist das Wort der Stunde. Immer mehr Menschen nehmen ihren Termin im Basler Impfzentrum wahr, um sich vor einer Covid-19-Erkrankung zu schützen. So auch ein Kollege, der sich kürzlich seine Auffrischung abholte. Er ist unter 30, bei seinen ersten beiden Terminen wurde er mit Moderna geimpft. Im Impfzentrum erfährt er, dass er auch an diesem Tag «Spikevax», den Impfstoff von Moderna, bekommen soll.
War da nicht was?
Er wird kurz stutzig. Die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF) hatte doch die Empfehlung gegeben, unter 30-Jährige nicht mehr mit Moderna, sondern bevorzugt mit dem Vakzin namens Comirnaty von Pfizer/Biontech zu boostern. Tatsächlich, im Schreiben der Behörden heisst es: «Personen im Alter unter 30 Jahren wird unabhängig davon, ob Comirnaty® oder Spikevax® zur Grundimmunisierung verwendet wurde, die Auffrischimpfung präferenziell mit Comirnaty® empfohlen.»
Risiko für Corona-Patient*innen deutlich höher
In Deutschland werden unter 30-Jährige daher gar nicht mehr mit Moderna geimpft, sondern ausschliesslich mit Pfizer/Biontech, so empfiehlt es die Ständige Impfkommission. Dort werden jetzt auch Menschen mit Moderna geboostert, die zuvor Biontech bekommen hatten, damit genug Biontech-Impfstoff für die Jüngeren verfügbar ist.
Der Kollege im Basler Impfzentrum fragt deshalb nochmals nach, bevor er sich boostern lässt und bekommt spontan ein Beratungsgespräch mit einer Ärztin. Sie klärt ihn darüber auf, dass es nach der Impfung mit Moderna häufiger Fälle von Herzmuskelentzündungen gegeben habe als nach Impfungen mit Pfizer. Das Risiko sei jedoch insgesamt klein.
Es ist sogar sehr klein. Die Nebenwirkung tauchte nach Spikevax- bzw- Moderna-Impfungen zwar etwa doppelt so häufig auf wie nach Comirnaty- bzw. Pfizer-Impfungen auf. Doch in realen Zahlen hatten 13 von 100’000 eine Herzmuskelentzündung. Das bedeutet übersetzt: 0,01 Prozent der Moderna-Geimpften sind betroffen.
Bedeutend grösser ist das Risiko für Patient*innen, die sich mit Corona anstecken, schreibt das BAG. Auch bei milden Verläufen, wie Studien gezeigt haben.
Auf Wunsch auch Pfizer/Biontech
Zurück zu dem Kollegen im Impfzentrum. Nach dem Gespräch mit der Ärztin bestätigt er mit seiner Unterschrift, dass er zu den Impfstoffen beraten wurde. Er akzeptiert die Impfung mit Moderna. Andernfalls hätte er einen neuen Termin für die Pfizer/Biontech-Spritze haben müssen.
Er hat sich wohl gefühlt nach der Impfung, ist nach wie vor gesund. Aber warum wurde ihm als unter 30-Jährigem nicht Pfizer angeboten, wenn die EKIF dies doch so empfiehlt? Gibt es vielleicht nicht genug Pfizer-Impfstoff?
Anne Tschudin, Sprecherin des Basler Gesundheitsdepartements, verneint. Grund für diese Handhabe sei «nicht eine Knappheit an einem der Impfstoffe, sondern diese aktuelle Empfehlung der EKIF», betont sie. «Ein Impfstoffwechsel für unter 30-Jährige ist eine Empfehlung, keine Pflicht.» Personen, welche nach wie vor den Impfstoff von Moderna wünschen, können diesen weiterhin erhalten.
«Ein Impfstoffwechsel für unter 30-Jährige ist eine Empfehlung, keine Pflicht.»Anne Tschudin, Sprecherin Gesundheitsdepartement Basel-Stadt
«Wer einen Impfstoffwechsel wünscht (Erst- und Zweitimpfung mit Moderna, Auffrischimpfung mit Pfizer), muss dafür eine Einverständniserklärung unterzeichnen.» Dies sollte bereits bei der Anmeldung erfolgen – das Schreiben ist auf der Website des Impfzentrums verfügbar und muss zum Termin mitgebracht werden. Wer vor Ort nachfragt und eine Beratung wünscht, bekommt diese.
Allerdings muss man als unter 30-Jähriger selbst auf die Idee kommen, zu wechseln. Auf der Seite zur Anmeldung steht immerhin ein Hinweis und eine Anleitung. GD-Sprecherin Tschudin bestätigt: Beim Booster erhält man ansonsten automatisch den Impfstoff, der bei der Erst- und Zweitimpfung gegeben wurde.
Wie Bajour erfahren hat, wird auch am Basler Universitätsspital trotz anders lautender EKIF-Empfehlung das Gesundheitspersonal unter 30 Jahren mit Moderna geboostert. Sprecher Nicolas Drechsler bestätigt dies. Allerdings haben die Mitarbeitenden die Wahl. Wollen sie sich im Spital boostern lassen, gibt’s Moderna. Sie müssen dann eine Einverständniserklärung unterzeichnen, dass die Impfung Off-Label passiert und sie über die Risiken aufgeklärt wurden. Off-Label bedeutet entgegen der EKIF-Empfehlung.
«Das Vorgehen wurde von unseren Expertinnen und Experten erarbeitet, die auch auf nationaler Ebene in den Expertengremien sitzen. Zu all diesen Punkten wurden unsere Mitarbeitenden detailliert informiert», sagt Drechsler. Sie können aber auch Pfizer wählen, einfach nicht vor Ort, sondern im Impfzentrum, dies in Absprache mit den kantonalen Behörden.
«Unsere interne Impfstation ist sehr klein und simpel gehalten, da ist es einfacher und übersichtlicher, nur einen Stoff zu verimpfen.»Nicolas Drechsler, Sprecher Unispital Basel
Das Ganze habe logistische Gründe, sagt Drechsler. Die Stoffe müssten anders gelagert werden. «Unsere interne Impfstation ist sehr klein und simpel gehalten, da ist es einfacher und übersichtlicher, nur einen Stoff zu verimpfen. Die Lösung, die wir haben, ist für uns absolut in Ordnung. Das Impfzentrum des Kantons ist ja nur drei Velominuten entfernt.»
Auch Drechsler weist noch einmal auf das kleine Risiko einer Herzmuskelentzündung bei Moderna hin und betont: «Im Gegensatz dazu ist das Risiko bei einer Covid-Infektion 4-mal höher.»
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