Wo die Kassen klingeln 

Die Schweizer*innen zahlen dieses Jahr um 1,5 Milliarden Franken mehr für Strom als 2022. Die Preise werden nächstes Jahr weiter steigen. Wer davon profitiert, ist unklar. Noch geben sich die regionalen Werke bedeckt. 

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Turbulenzen am Strommarkt halten an – mit weiteren Strompreiserhöhungen ist zu rechnen? Im Bild: Claus Schmidt (Bild: Marc Gusewski)

Die Schweizer Strompreise sind auf Rekordhöhe: So zahlen die Endverbraucher*innen von Primeo (Münchenstein) um 50% mehr; bei der Elektra Baselland (EBL) in Liestal sind es um 30 %; in Basel-Stadt (IWB) um 13%; im Fricktal bei den AEW (Aarau) um 25%; und im Laufental bei den von der Berner BKW Energie versorgten Gemeinden ist es leicht mehr, allerdings gab es hier eine Tarifumstellung mit individuellen Folgen für die Betroffenen.

Insgesamt stiegen in der Schweiz die Preise um mindestens 30%, teilte die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) Ende März mit. Bei einzelnen Werken – und einigen Kund*innen mit Zugang zum freien Strommarkt – verdoppelten sich die Preise sogar, in Einzelfällen bis zum Zehnfachen. Damit dürften die Verbraucher*innen heuer um 1,5 Milliarden Franken mehr für Strom ausgeben als noch im Jahr 2022.

Und nun, so könnte man erwarten, lösen die Jahresergebnisse Jubel aus unter den Stromhändlern, die mit höheren Strompreisen höhere Gewinne einfahren? Doch ein Blick in die Geschäftsbilanzen der Elektrizitätswerke vermittelt ein anderes, irritierendes Bild: Bei den in der Region tätigen Versorger*innen haben nur die Berner BKW die Turbulenzen für das eigene Geschäft nutzen können, deutlich zu kämpfen hatten die IWB, wie aus den Zahlen hervorgeht.

Es zeigt sich: Die Werke wurden von den Ereignissen, also dem preistreibenden Ausfall der französischen Atomkraftwerke und dem kriegsbedingten teuren Erdgas genauso überrascht wie alle anderen – und haben sehr individuell darauf reagiert. 

Irritierende Geschäftsergebnisse 

Bei den Industriellen Werken Basel (IWB) haben die explodierenden Strompreise zwar für eine Erhöhung des Umsatzes um 31% gesorgt (siehe Grafik), aber auch sie selbst mussten für Strom- und Gaseinkauf mit 738 Millionen statt 363 Millionen Franken doppelt soviel Geld ausgeben, entsprechend sank der Gewinn und die erwirtschafteten Mittel, der Ebit (Earnings before interest and taxes, deutsch Gewinn vor Zinsen und Steuern).

Im Vergleich mit den IWB hat sich der Umsatz der Primeo verdoppelt, aber es blieb 50% mehr Ebit im Geschäft hängen (bei den IWB minus 50%), während der Gewinn «nur» um 25% fiel. Zwar lassen sich die Zahlen nicht direkt vergleichen, aber die Unterschiede sind frappant.

Bei der Elektra Baselland (EBL) in Liestal wurden 36% weniger Ebit erzielt, dennoch erlaubte das Geschäftsjahr einen um 17% höheren Gewinn.

Anders als bei den EBL sieht der Abschluss bei den Aargauischen Elektrizitätswerken (AEW) aus, die ihren Gewinn stabilisierten, aber ihren Ebit verdoppelten. Das kann bedeuten, dass sie teilweise vom Anstieg der Strompreise profitieren konnten.

In einer Liga für sich selbst spielt die Berner BKW Energie AG, die Gemeinden im Laufental versorgt. Die BKW ist mit ihrem Ergebnis ein Einzelfall, die in allen Geschäftsbereichen zulegte. Das Ergebnis liefert auch eine Antwort auf die Frage, wer von den hohen Strompreisen profitiert. In diesem Fall die Berner Stromhändler, die ihren Strom an der Börse mehrfach handeln konnten, weil sie über genügend eigenen Strom verfügen – das ist interessanterweise eine Ausnahme in der Schweiz. 

Klar ist nur, der Strom wird 2024 teurer 

Was bedeuten nun diese wilden und teilweise widersprüchlichen Zahlen im Geschäftsverlauf der Elektrizitätswerke für die Verbraucher*innen? Das ist schwer zu sagen, die Werke sind bei ihrem Stromgeschäft intransparent, eine Schweizer Eigenschaft. Wer bei den Zahlen nachbohrt, stösst schnell an Grenzen.

Auch der Geschäftsleiter der IWB, Claus Schmidt, hielt sich vergangene Woche bei der Präsentation der Geschäftsergebnisse des Jahres 2022 bedeckt. Klar ist, die IWB und der Basler Regierungsrat, der letztlich über die Strom- und Erdgaspreise verfügt, haben nur einen Teil der Strompreisaufschläge an die Verbraucher*innen weitergegeben, indem die Preiserhöhungen zurückgehalten wurden – dieses Geld fehlt nun. Ausserdem haben die IWB wegen der anhaltenden Trockenheit im vergangenen Jahr Probleme mit ihren Wasserkraftwerken, die sind teurer als geplant. Damit wird ein Aufschlag im nächsten Jahr wahrscheinlicher.

Bei Primeo und EBL sieht es ähnlich aus: Auch sie haben letztes Jahr nur einen Teil ihrer Kosten an die Kund*innen weitergegeben, wie Primeo CEO Cedric Christmann und EBL-Chef Tobias Andrist an ihren Pressekonferenzen ausführten, «eine Wette auf bessere Zeiten», so Tobias Andrist. In anderen Worten: Auf Zeiten, in denen der Strom wieder billiger ist. Doch das dürfte nicht so schnell der Fall sein. Der Chef des AEW, Marc Ritter, kündigte bereits höhere Strompreise an. Die Frage ist nur, um wie viel die Preise von Werk zu Werk steigen. Klar ist, die Ausgaben für das Schweizer Stromnetz wachsen massiv. Die Netzgesellschaft Swissgrid, welche die «Stromautobahnen» verwaltet, will von ihren Kund*innen nächstes Jahr 0,75 Rappen/Kilowattstunde, aktuell sind es 0,46 Rappen. Dazu kommt für die nächsten 3 bis 4 Jahre eine vom Bundesrat per Notrecht verordnete Stromreserve – für den durchschnittlichen Haushalt kostet diese «Blackout»-Versicherung um 54 Franken pro Jahr, so Swissgrid. 

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