Wie geht es den KMUs?
Der Abstimmungskampf um den kantonalen Mindestlohn war emotional. KMUs fürchteten Entlassungen und finanzielle Schwierigkeiten. Wie ist die Lage nach zwei Monaten?
Vor der Abstimmung war die Angst unter KMU gross. Wie wird sich ein kantonaler Mindestlohn auswirken? Können sie überhaupt überleben, wenn sie die geforderten 23 Franken pro Stunde zahlen müssen?
Am 13. Juli 2021 haben die Basler*innen dann tatsächlich einen kantonalen Mindestlohn an der Urne angenommen. Jedoch nicht die Initiative, die ebendiese 23 Franken pro Stunde verlangte, sondern der Gegenvorschlag, der einen Mindestlohn bei 21 Franken ansetzte.
Nun ist dieser Mindestlohn seit dem 1. Juli in Kraft. Wie geht es den KMU heute? Wir fragen bei jenen nach, die vor der Abstimmung Kritik übten.
Andere Probleme
Diana Gebauer, Inhaberin und CEO von Beeworx, ein Temporär- und Dauerstellenunternehmen hier in Basel, setzte sich gegen einen Mindestlohn ein. Gegenüber der BaZ sagte sie, dieser würde KMUs dazu zwingen, zu überlegen, ob sie gewisse Beschäftigungen überhaupt noch weiterführen können.
Fragt man sie heute, sieht die Lage nicht so dramatisch aus. Auf Anfrage meint Gebauer, zwei Monate nach Einführung habe der Mindestlohn für sie «keine Auswirkungen gehabt». Das sei aber vor allem, weil sie momentan mit einem weitaus grösseren Problem zu kämpfen habe: dem generellen Arbeitskräftemangel.
Der Mangel an qualifizierten Arbeitnehmer*innen plagt auch die Region. Die lokalen Unternehmen gehen diese Problematik unterschiedlich an: mit Teilzeitstellen, Jobbörsen und sogar Vereine werden gegründet.
Ähnlich wie Gebauer ging es KMU-Inhaberin Gilmara Rüedi. Sie befürchtete Verschlechterungen wegen des Mindestlohns und sah das Problem vor allem in der Gastronomie und bei Reinigungsfirmen, wie sie im selben BaZ-Artikel sagte.
Rüedi war für uns nicht zu erreichen, dafür erzählt Oriana Benninger, Assistentin der Geschäftsleitung bei Rudin Reinigungen AG Basel, von ihrer Situation. Die Reinigungsfirma begrüsse den Mindestlohn, da die Angestellten «diesen verdient» hätten. Benninger meint, es habe sich bei ihnen durch die Einführung nichts verändert. Auch bei der Hammer Reinigungsteam GmbH verdienen alle Angestellten ebenfalls mehr als vom Kanton vorgegeben, wie der administrative Geschäftsführer Martin Hammer verrät. Dafür sei auch hier die Verfügbarkeit von Fachkräften ein Problem.
Anna Götenstedt, die Wirtin des Restaurants zur Harmonie und Vorstandsmitglied des Wirteverbands, gibt uns einen Einblick in die Gastronomie. Der Mindestlohn tangiere ihren Betrieb nicht und habe somit auch nichts verändert. Was Götenstedt jedoch beschäftigt, sind die steigenden Preise. «Neue Gläser sind jetzt schon zum Teil nicht lieferbar, der Wein, das Getreide, das Öl, sowie der Strom werden bald zu teuer sein», erklärt sie, «so macht mir die Zukunft Sorgen.»
Karl Linder ist Geschäftsführer und Inhaber der Appartementvermietungsfirma Basel-Rooms.ch und Politiker der GLP. Vor der Einführung hat er sich ebenfalls gegen einen kantonalen Mindestlohn ausgesprochen. Er sah, wie er damals der bz sagte, das duale Bildungssystem in Gefahr.
Und heute? Um die Ausbildung macht er sich weiterhin Sorgen, denn der Mindestlohn von 21 Franken setze falsche Anreize. «Es scheint mir fatal zu sein, wenn junge Leute keine Lehre mehr machen und sich dann dank höherem Lohn im Vergleich zum Lehrlingslohn ohne Ausbildung schneller zufrieden geben», erklärt Linder, «die Gefahr, ohne Ausbildung arbeitslos zu werden, ist statistisch nunmal wesentlich höher.»
Basel-Rooms.ch ist allerdings nicht stark vom Mindestlohn betroffen. Die einzige betroffene Person sei die Reinigungskraft, diese komme momentan auf weniger Einsätze. «Das liegt aber auch daran, dass wir momentan weniger Bedarf haben, aufgrund von mangelnden Messen und Geschäftsreisen», führt Linder aus, «für die Vermietung unserer Räumlichkeiten ist der höhere Lohn der Reinigungskraft sicherlich ein Kostenpunkt, der jetzt mehr Bedeutung bekommen hat.»
Wie sieht es der Verband?
Drastischer klingt es bei Daniel Schindler, Leiter Kommunikation des Gewerbeverbands Basel-Stadt. Er nennt die Entwicklungen seit dem Inkrafttreten des Mindestlohns «besorgniserregend». Der Gewerbeverband wisse von KMUs, die keine Praktikant*innen mehr einstellen oder Abzüge in andere Kantone erwägen. Aus Diskretionsgründen nennt Schindler keine Beispiele. Ob der kantonale Mindestlohn schon Auswirkungen auf Preise hatte, sei nicht klar, meint Schindler, «sicher aber helfen steigende Löhne angesichts steigender Energiepreise nicht in der Inflationsbekämpfung».
Der kantonale Mindestlohn scheint also nicht der Schrecken gewesen zu sein, den man befürchtete. Zumindest nach den ersten zwei Monaten nicht. Jedoch präsentieren sich zurzeit mit dem Fachkräftemangel und den steigenden Energiepreisen andere Herausforderungen.
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