Wie können wir Gewalt gegen Lehrer*innen künftig verhindern?
Lehrpersonen sehen sich Bedrohungen und Beleidigungen ausgesetzt. Können Kommunikation und Weiterbildung wirklich die Lösung sein? Das Erziehungsdepartement legt noch keinen Fahrplan vor.
Zwei von drei Lehrer*innen berichten davon, in den vergangenen fünf Jahren Gewalt erlebt zu haben – hauptsächlich in Form von Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen, aber auch in Form von physischer Gewalt. Laut einem Beitrag des SRF über eine Studie des Dachverbands Lehrer*innen und Lehrer Schweiz LCH geht die Gewalt grösstenteils von Eltern, aber auch von Schüler*innen aus.
Auch bei unserer «Frage des Tages», ob der Lehrberuf unter diesen Umständen noch zumutbar ist, gab es solche Wortmeldungen. Simone kommentierte, man habe mit Stühlen und Tischen nach ihr geworfen.
Bei Kommentatorin Lavinia führt dieses hohe Gewaltpotenzial zur Frage, was die Eltern und Schüler*innen mit ihrem «unangepassten Verhalten» aufzeigen wollen: «Sie agieren nicht bewusst schlecht, sondern reagieren auf ihre Realität und lassen ihre Gefühle leider unbeherrscht an den Lehrpersonen aus.» Lavinia findet, dass diese Tendenzen ernst genommen werden müssen. Dazu brauche es mehr soziokulturelle, niederschwellige und partizipative Projekte, die das Zusammenleben und den Respekt fördern. Ihr Vorschlag ist beispielsweise eine betreute «School Box» auf dem Pausenhof.
Die Primarlehrerin Nadine Bühlmann sieht es genauso wie Lavinia. Im Moment der Aggressivität Lösungen zu finden, sei kaum möglich. Doch in Gesprächen über die Ursachen im Nachgang könnten Lehrpersonen sowie die Kinder, Jugendliche oder Eltern gemeinsam schauen, welches gegenseitige Verständnis es braucht, um ein «nächstes Mal» zu verhindern. Unterstützung könne von Sozialpädagog*innen, Sozialarbeiter*innen, Zivis und Heilpädagog*innen kommen, doch nicht in Form von Delegieren, sondern Zusammenarbeiten.
«Bei Eltern anfangen»
Kann so durch Kommunikation Gewaltpotenzial verringert werden? In der Gärngschee-Community gab es verschiedene andere Ansätze. So findet Pat, man müsste bei den Eltern anfangen und diese bei gewalttätigen Entgleisungen konsequent anzeigen und strafverfolgen. Bei den Schüler*innen könnte ein Perspektivwechsel helfen, so René: Sie könnten selbst für einen begrenzten Zeitraum Lehrstunden gestalten und Verantwortung für die Klasse übernehmen. So könnte ihr Respekt für den Beruf gestärkt werden.
Bereits heute gibt es Möglichkeiten für Lehrpersonen, sich in schwierigen Situationen Unterstützung zu holen: beim Schulpsychiatrischen Dienst, bei der Lehrpersonenberatung, der Kriseninterventionsstelle oder der Supervision des Pädagogischen Zentrums. Die Fachhochschule Nordwestschweiz hat ein Merkblatt zu Gewalt und Aggression unter Schüler*innen erstellt.
Es gibt in diesem Kontext das Prinzip der Friedenstreppe, mit der vor allem Konflikte bei Kindern angegangen werden können. Dabei geht es um das Artikulieren der eigenen Gefühle und das Nachvollziehen der anderen Seite.
Die Studie zur Gewalt an Lehrpersonen hat das Erziehungsdepartement auf dem Schirm. Laut Mediensprecher Simon Thiriet werden die Resultate analysiert. Gewalt gegen Lehrpersonen bezeichnet er derweil als «Einzelfälle». Eine Person, die unter dem Pseudonym «Lehrperson Sek I BS» kommentiert, ärgert sich über diese Aussage: «Kann man Fakten offensichtlicher ignorieren?»
Für diese Lehrperson wäre die richtige Frage viel mehr, warum das Erziehungsdepartement noch keinen Plan vorgelegt hat, um den Lehrberuf wieder attraktiver zu gestalten – zum Beispiel, wie man die ständige Pensenreduktion «aus Selbstschutz der Mitarbeitenden» reduzieren könnte. Zu dieser Frage im Detail wollte Simon Thiriet nicht Stellung beziehen.
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