2025-10-06 Frage des Tages Basels Zukunft-2

Wie stellst du dir Basel in der Zukunft vor?

Wie wird sich Basel in den kommenden Jahren und Jahrzehnten entwickeln? Diese Frage beschäftigt die Wissenschaft, die Politik und nicht zuletzt die Menschen, die in der Stadt leben. Sei es aufgrund der Klimakrise, des technologischen Fortschritts, des demografischen Wandels oder aufgrund anderer Ereignisse.

Im Rahmen des Interfinity-Festivals findet die interaktive Ausstellung «After the Deluge» von Michael Schindhelm statt. Darin dreht sich alles um die Frage: «Stell dir vor, es kommt eine grosse Flut – und danach entsteht eine neue Welt.» Ein zentrales Element ist ein Raum, in den Besucher*innen ab dem 6. Oktober zwischen 9 und 18 Uhr eigene Pflanzen und Gegenstände mitbringen können, die für sie in einer postapokalyptischen Welt wertvoll wären. Die Ausstellung setzt sich kritisch mit heutigen Ansätzen zur Stadtökologie und dem Umgang mit der Natur auseinander und zeigt alternative Perspektiven für das urbane Leben der Zukunft auf. Wir möchten in Kooperation mit Interfinity von dir wissen, wie dein Traum von einer neuen Welt nach der grossen Flut aussieht. Die Antworten der Bajour-Leser*innen werden im Rahmen der Ausstellung gezeigt und sind somit ein Teil der Schau, die vom 14. Oktober bis zum 4. November im Kreislaufgebäude auf dem Franck-Areal läuft. 

663 Stimmen
David Rutschmann
David Rutschmann
Moderation
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Christoph Keller
Autor, Reporter, Podcaster

Basel wird Teil der «Care Cities»

In einer Zeit nach Krisen, klimatischen Katastrophen, sozialen Spannungen und wirtschaftlichem Niedergang schliesst sich Basel der Bewegung hunderter Städte an, die sich dem Prinzip «care» verpflichtet haben. «Care» bedeutet, dass niemand auf Kosten einer anderen Person, der Natur oder künfitger Generationen leben darf. «Care» wird im Alltag gelebt, in den Quartieren, wo nachbarschatliche Netzwerke sich um Gemeinschaftsgärten kümmern, um die Schwächeren der Gesellschaft; im Strassenverkehr gibt es kein Recht des Stärkeren mehr, weil es keine schweren, tödlichen Fahrzeuge mehr geben wird. Und «care» wird auch oberstes Prinzip in der Wirtschaft, wo jede wirtschaftliche Tätigkeit aufs Gemeinwohl ausgerichtet sein muss und weder Natur noch Klima schaden darf. Geld wird zum Tauschmittel und darf nicht weder gehortet noch gewinnbringend angelegt sein; und «care» bedeutet auch, dass das männliche Prinzip der Machtausübung und der Ausbeutung überwunden wird, endlich.

TH
06. Oktober 2025 um 05:56

Die Arche Noah

Gott hat doch versprochen, dass er die Welt nicht mehr überfluten wird mit dem Regenbogen. 🌈

Sabine Brunner
08. Oktober 2025 um 06:47

Weniger ist mehr

Ich wünsche mir eine Zukunft, in der wir weniger HABEN, weniger WOLLEN und weniger MACHEN. Wir könnten gut unsere Handlungen und unseren Besitz ein wenig reduzieren. Weniger Einkäufe, weniger Ferien, weniger Partys, weniger Autos, weniger aufgepimpte Muskelmasse und gespritzte Lippen und auch weniger Arbeitshandlungen. Alles würde ein wenig kleiner werden, und langsamer. Was gäbe das eine schöne Welt! Plötzlich Zeit zum Nachdenken, Spielen, sich Bewegen, aufeinander Eingehen, Vögel beobachten und den Pflanzen beim Wachsen zuschauen. Der Raum würde mehr, der Lärm weniger. Aggressionen würden verschwinden und einer Solidarität weichen. So sieht mein Traum aus. Und darauf arbeite ich hin!

Lukas Ott
Lukas Ott
Leiter Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt

Was nehmen wir mit auf diese symbolische Reise durch die Flut?

Wir leben nach dem Sturm. Aus den Trümmern wächst etwas Neues. Nicht zurück in eine vorindustrielle Idylle, sondern neu gedacht und anders zusammengesetzt: das Versprechen einer Welt nach dem Ende.

Was nehmen wir mit auf diese symbolische Reise durch die Flut?

In unsere Arche nehmen wir mit:

- Erinnerungen an Lieder, Gedichte, Gerüche und Tagträume, die sich keinem Sturm beugen.

- Samen – nicht nur von Pflanzen, sondern auch von Ideen: Symbiose, Kooperation, Wandel.

- Werkzeuge: Netze, ökologische Sensoren und Reparatursets – Mittel zur Integration mit dem Rest.

- Erzählungen: Mythen, Geschichten und Visionen von der Welt vor der Katastrophe und von der Welt danach mit ihren Bruchstellen, Wunden und Hoffnungen.

- Gemeinschaftsprinzipien: Gleichheit, Mitbestimmung, Verantwortung und Diskurs – jene unsichtbaren Werte, die jede materielle Fracht überdauern müssen.

Diese Arche ist kein Bunker, sondern ein Prisma: Sie filtert, entfaltet und lässt aus Überbleibseln Perlen entstehen.

So ist unsere Arche kein letztes Refugium für Einzelne, sondern ein wachsendes Gedächtnis der Gemeinschaft.

Was bleibt, ist nicht das, was wir festhalten, sondern das, was wir miteinander teilen. Diese neue Welt entsteht nicht durch Abgrenzung, sondern durch Verbindung, durch das Echo, das wir im Anderen finden.

Jedes Objekt, jeder Beitrag, jede Erinnerung wird Teil eines kollektiven Vokabulars: unser Andenken, unser Versprechen, unser Neubeginn.

Nach der Flut ist dies kein Wiederaufbau, sondern ein Weiterspinnen.

Barbara Buser
Barbara Buser
Architektin und Stadtentwicklerin

Eine Zeit der Menschlichkeit

Ich stelle mir eine grüne Stadt vor, in der es keine Autos mehr gibt, und der Verkehr nur noch ein Viertel des Strassenraums besetzt. Überall kann man selbstfahrende elektrische Kabinen bestellen, die wie ein Taxi vor jede Haustüre fahren. Die Bäume und Sträucher in den Strassen, an den Fassaden und auf den Dächern produzieren essbare Früchte, Blätter oder Wurzeln. Alle linearen Prozesse werden zu Kreisläufen umgestaltet, so werden weniger Resourcen verbraucht und es entstehen kaum mehr Abfälle.Die Menschen arbeiten nur noch 4 Stunden am Tag für Geld, und haben so Zeit, um Lebensmittel zu produzieren und zu verarbeiten, Kleider herzustellen, Care Arbeit zu leisten. Care Arbeit wird von allen geleistet und nicht mehr monetarisiert. Das Leben après le déluge wird auf Menschlichkeit hin optimiert und nicht wie avant le déluge  auf Zeit, Geld und Bequemlichkeit…..

Benjamin von Wyl
Benjamin von Wyl
Schriftsteller und Journalist

Nach jedem Regen glitzert das Moos

Aus Konstantinopel ist Istanbul geworden. Es gibt Gesellschaften, die betonen ihre Brüche. Basel nicht. Basel erinnert sich, nimmt die Katastrophe in seine Erzählung auf. 

Es dauerte Monate, bis die Geflohenen zurückkamen. Sie kennen schon die graue Grenze auf den Fassaden von Kleinbasel und der Innenstadt, so hoch ging die Schlacke, keine Stadtreinigung hat sie geputzt. Im Internet fanden die Bilder Verbreitung. Die Herrschaften vom Spalenberg, dem Münsterhügel, ja auch vom Bruderholz haben sie gefilmt, bei ihren Streifzügen. Viele sind eingedrungen in fremde Wohnungen, ohne Gier etwas zu plündern, vom aufgeweichten, verdreckten Gut. Eher ging es ihnen um Grenzüberschreitung als Erlebnis.  

Als schon wieder das 11er- und das 17er-Tram fährt, bringen Menschen Pickel und hauen in den Fussgängerzonen den Asphalt auf. Am Marktplatz streuen Schulklassen Eicheln in die Risse. Gedenken und Mahnung gleichermassen sein. Die Wassermassen hätten versickern können, sobald sie auf Land treffen.  

Nach jedem Regen glitzert das Moos. Das freigelegte Grün hat schnell auch das Standortmarketing entdeckt. Die Stadt, die gelernt hat. Grüne Lunge. Stadtlandwirtschaft. Basler Eichelbrot wird gebacken, gelobt, gekauft. Fahrradüberwege entziehen den Stadtverkehr dem Boden. Das System aus schmalen Strecken wirken für Aussenstehende wie ein Gewirr, aber bieten auch willkommenen Schatten in der Hitze. Eine waghalsige Strecke führt von der Pfalz dem Rhein entlang über das Dach des Trois Rois bis zum Petersplatz. Das Einbeziehen von Gebäuden in die Verkehrsführung erfordert statische Innovationen, aber gibt den Basler:innen den Boden, so viel Platz, so viel Sicherheit. Ihnen gehört der Boden nun wirklich - ob sie ihn besitzen oder nicht. 

Die Eichen wachsen mit den Kindern, über die Jahre reissen sie den Boden weiter auf. Aus dem Gedenken an die Opfer entsteht über die Jahre ein Geschehen, das sich eigentlich auf den Totentanz bezieht, aber in den Fasnachtskalender eingeht. Erdbeben, Feuer, Wasser – nun alles erlebt über die Jahrhunderte. Es bleibt noch die Luft, die man sorgenlos atmen kann. Damit hätte niemand gerechnet in der Industriestadt, in der hochrheinischen Tiefebene, wo beste Smog-Bedingungen herrschen. 

Am Rhein knien. Mit einem mulmigen Gefühl, mulmiger als in den 1990er-Jahren. Bappe Rhy ist nicht zu trauen. Hat sich genug geändert? 

Der Schriftsteller Alain Claude Sulzer in der Damatti Bar in Basel am Mittwoch, 9. Oktober 2019. Sulzer ist mit seinem Buch Unhaltbare Zustaende fuer den Buchpreis 2019 nominiert. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Alain Claude Sulzer
Schriftsteller

Warten wir es ab.

Die Erde umfasst rund 510 Millionen Quadratkilometer, der Kanton Basel-Stadt rund 37 Quadratkilometer; das sind 0,00000725 % der gesamten Erdoberfläche. Bevor man beginnt, sich die Zukunft Basels auszumalen, sollte man versuchen, sich diese verschwindend kleine Fläche und den unbeschreiblich grossen Einfluss vorzustellen, den die restliche Welt darauf hat. Wer im Wissen um diese Verteilung Prognosen anzustellen wagt, muss über viel Fantasie verfügen oder ein Scharlatan sein. Warten wir es also ab.

BM_by_Raphaela_Graf - klein (11)
Benedikt Meyer
Kabarettist, Autor

Wenn Elche Purzelbäume machen ...

Als die Flut vorbei war, rieb sich Francesca verwundert die Augen. Sie stand auf dem, was mal die Pfalz gewesen war und schaute über die Landschaft: Die Stadt war weg und die Menschen mit ihr. Übrig waren nur ein paar holländische Frachtschiffe samt Besatzungen, sowie die Rheinschwimmer:innen mit ihren Wickelfischen. Apropos Fische: Im übervollen Rhein unter ihr schwammen die buntesten Zolli-Fische herum. «Aber ihr seid doch Salzwasserfische!», rief ihnen Francesca zu. «Ihr könnt mit Süsswasser doch gar nichts anfangen!!» «Ach», antwortete ein Zackenbarsch aus dem Rhein und zuckte mit den Flossen: «Süsswasser, Salzwasser … das ist eigentlich nur so eine Konvention.» Auch ‘Stumm wie ein Fisch’ war offenbar so eine, dachte sich Francesca und sah sich um. Auch die Höhe von Bäumen war offenbar nicht wirklich irgendwo festgeschrieben. Gleich hinter ihr erhob sich eine Hain riesiger Rotbuchen an dessen Ende (an einer grossen und seltsam viereckigen Lichtung) zwei fast 100m hohe Papeln standen. Und im Kleinbasel, da brachten es zwei riesige Weisstannen auf gut und gern 200 Meter. Francesca war überwältigt. Das heisst, sie wäre es gewesen, wenn nicht in dem Moment ein zusammengekugelter Elch an ihr vorbeigerollt wäre. «Dass Elche keine Purzelbäume machen können …» rief der Elch fröhlich, «… ist nur so eine Konvention» vollendete Francesca den Satz. «Genau», sagte jener, senkte den Kopf zu Boden, schwang die langen Hinterbeine drüber und rollte weiter. «Ist übrigens mega befreiend, sich mal davon zu befreien!», sagte der Elch. «Warum probiert ihr Menschen es nicht auch mal? Es wäre grad nicht der schlechteste Moment ... »

Hebel wär's
06. Oktober 2025 um 14:03

Die Vergänglichkeit

… es schlacht e mol e Stund, goht Basel au ins Grab, und streckt no do und dört e Glied zum Boden us, e Joch, en alte Turn, e Giebelwand; es wachst do Holder druf, do Büechli, Tanne dört, … Und goht in langer Zit e Wandersma ne halbi Stund, e Stund wit dra verbei, se luegt er dure, lit ke Nebel druf, und seit si'm Kamerad, wo mittem goht: «Lueg, dört isch Basel gstande! Selle Turn seig d'Peterschilche gsi, 's isch schad derfür!» …

Valerie Wendenburg
Valerie Wendenburg
Redaktorin

Solidarität und Zusammenhalt

Die Menschen, die die grosse Flut überlebt haben, sind dankbar und besinnen sich auf ihr gemeinsames Schicksal. Nationalität, Hautfarbe, ethnische Herkunft und Religion spielen keine Rolle, es gibt Solidarität und Zusammenhalt statt Diskriminierung und Ausgrenzung. Nur gemeinsam ist es möglich, neues Leben in Basel zu schaffen.

Ueli Keller
05. Oktober 2025 um 13:51

... und das dauert.

Am 1. Oktober 2025 ist Jane Goodall gestorben – 91 Jahre alt, bis zuletzt weltweit im Einsatz. Sie hinterlässt bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse. Vor allem aber ein unerschütterliches Zeugnis von Mut, Sanftheit und Vertrauen in die Lebenskraft – genährt aus ihrer tiefen Verbundenheit mit der Natur. Ihre Haltung und ihr Lebenswerk haben Generationen inspiriert. Jane Goodall: «Was du tust, macht einen Unterschied. Und du musst entscheiden, welchen Unterschied du machen willst.» Erst recht gilt dies in einer Welt, die von Gier, Herrsch- und Vergnügungssucht sowie von Zerstörungswut geprägt ist. Für eine für alle gute Welt sind in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik sowohl im Grossen wie im Kleinen fundamentale Paradigmenwechsel erforderlich. Es gibt sie. Aber für einen echten Wandel muss auf allen Ebenen umgedacht und umgelenkt werden. Und das ist komplex und dauert.

Letizia Elia
Letizia Elia
Direktorin Basel Tourismus

Mutig nach vorne schauen

Mein Traum ist ein Basel, das Offenheit und Dialog lebt, Innovation für mehr Lebensqualität nutzt und die Natur als Lebensader schützt und integriert. Eine Stadt, in der unsere Kinder gerne leben, sich sicher fühlen und eine Stadt die mutig nach vorne schaut.

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Johannes Sieber
05. Oktober 2025 um 15:46

Basels kleine Welt

Mein Traum einer neuen Welt ist, dass sie in unseren Köpfen nicht an der Stadtgrenze endet. Wieso es dazu eine Flut brauchen soll, erschliesst sich mir nicht. Aber bitte, her damit!

ACV
09. Oktober 2025 um 07:19

Gemütlich

Frölich bin ich wieder, wenn: Ich in einem Lokal auf Baseldeutsch bestellen kann, oder wenigsten Deutsch verstanden werde. Immer öfter versteht man mich nicht und das in MEINER Stadt, im Dienstleistungsbereich. Das finde ich ungemütlich und dafür zahl ich dann nicht mehr 5.20 für weniger als 1 dl. Kaffe!!

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