Wie weiter mit dem Herzstück?
Die ETH-Studie «Verkehr '45» wurde vergangene Woche veröffentlicht und hat für Aufregung in der Region Basel gesorgt. Das von Bundesrat Albert Rösti in Auftrag gegebene Gutachten macht Vorschläge, welche Schweizer Verkehrsprojekte prioritär behandelt werden sollen und deshalb bis 2045 vom Bund finanziert und damit umgesetzt werden sollen. Die oberste Priorität erhält der Rheintunnel, der Autobahn-Ausbau, der vergangenes Jahr von der Stimmbevölkerung abgelehnt wurde. Keine Priorität erhält jedoch das Herzstück und der Tiefbahnhof Basel SBB, für den sich Politik und Wirtschaft in der Region seit Jahrzehnten stark machen. Die Handelskammer HKBB und die Regierungen beider Basel kündigten am Montag an, sich nun noch stärker in Bundesbern einzusetzen, damit der Tiefbahnhof in die Infrastrukturplanung für die nächsten 20 Jahre aufgenommen wird, die kommendes Jahr beschlossen wird. Das Herzstück ist schon seit Jahrzehnten in Basel Thema – Kritiker*innen finden, dass dieser grosse Wurf (eine unterirdische Verbindung der Basler Bahnhöfe) einem einfachen S-Bahn-Ausbau im Weg steht. Aktuell wird davon ausgegangen, dass das Herzstück 14,2 Milliarden Franken kosten würde. Zum Vergleich: Der Gotthard-Basistunnel hat 12,2 Milliarden Franken gekostet.
Eine unorthodoxe Strategie
Das Gutachten "Verkehr '45" sieht im Raum Basel mehr als doppelt so hohe Investitionen für das Auto wie für den ÖV vor. Das Auto wird dadurch als Fortbewegungsmittel für Pendeln und Freizeit attraktiver. Jene Strassen, welche man nicht ausbaut, werden stärker verstopfen. Wem ist damit gedient? Ich glaube, ein besserer ÖV im Raum Basel ist im Interesse von fast allen. Die Frage "Begraben oder Lobbying" berührt die Strategie. Weil (bzw. solange) es keine bessere Alternative gibt, würde ich das Herzstück nicht begraben. Frau Keller lobbyiert schon viel in Bern, aber als urbaner Randkanton hat man es schwer. Ich sehe eine mögliche Allianz mit ländlichen Kantonen, welche die 3 Milliarden (Rheintunnel und ZuBa, welche Basel nicht will) gern für eigene Strassenprojekte hätten. Mit denen sollte Basel sich abstimmen. Das Bahngeld für den Tiefbahnhof müsste man leider Zürich und Genf abluchsen, welche dann leider ihre eigenen – jedoch heute schon guten – S-Bahnen nicht werden ausbauen können.
Neue Wege beschreiten
Ich befürworte das Herzstück weiterhin. Es scheint mir aber, dass hier ein totes Pferd geritten wird. Deshalb wird es Zeit, dass wir neue Wege beschreiten und nun rasch einen Plan B ausarbeiten. Denn sollte das Herzstück tatsächlich nie kommen – wonach es aktuell auf längere Zeit aussieht – ist es wichtig, dass die Verkehrsplanung trotzdem weitergedacht wird. Dafür braucht es nun rasch Offenheit und kreative Ideen, um nicht abgehängt zu werden.
Für den internationalen Schienenverkehr
Das Herzstück wird nicht nur für den Regionalverkehr gebaut. Seine Bedeutung liegt insbesondere darin, dass Kapazitäten für den internationalen Schienenverkehr geschaffen werden. Ohne diese kann der geplante Ausbau des Angebots nicht realisiert werden.
Vorgaben für den Bericht hinterfragen - Eisenbahn-Ausbau ist zentral
Dem Bericht ist anzusehen, dass die Vorgaben vom zuständigen Bundesrat so gewählt waren, dass keine relevanten, neuen Ansätze für die nötige Mobilitätswende daraus resultieren konnten. Im Gutachten kommt auch die Tatsache viel zu kurz, dass das sogenannte Herzstück auch für die Zukunft des Gütertransports für ganz Europa zentral ist. Eine Dekarbonisierung im Verkehr schaffen wir sicher nicht ohne Eisenbahn-Ausbau. Wir haben beschlossene Ziele zu erreichen!
Genug andere gute Ideen
Auch wenn eine U-Bahn nett wäre: So gross ist Basel doch gar nicht. Es gibt doch genug andere gute Ideen, den ÖV und die Bahn erstmal zu verbesseren, die sich relativ günstig und schnell verwirklichen lassen. Wie wäre es mit einem S-Bahnring oder mit einer Beschleunigung bei den geplanten neuen Trams?