Grosser Rat kritisiert Regierung scharf

Das Urteil der Parlamentarischen Untersuchungskommission des Grossen Rats ist harsch: ungenügende Planung, Vernachlässigung der Aufsichtspflichten und ein unklares Prozedere bei der Übernahme der Mehrkosten.

Kostete rund 100 Millionen Franken mehr als veranschlagt: Neubau des Biozentrums der Universität Basel.
Kostete rund 100 Millionen Franken mehr als veranschlagt: Neubau des Biozentrums der Universität Basel.

Die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) des Basler Grossen Rats übt in ihrem Bericht zur pannenreichen Baugeschichte des Biozentrums scharfe Kritik am Basler Regierungsrat. Allgemein rügt sie eine ungenügende Planung, eine Vernachlässigung der Aufsichtspflichten sowie ein unklares Prozedere bei der Übernahme der Mehrkosten.

Die Bauherrschaft mit den beiden Kantonen Basel-Stadt und Baselland sowie der Universität sei ihrer Verantwortung während der gesamten Planungs- und Bauphase mangelhaft nachgekommen, stellte die PUK in ihrem am Dienstag veröffentlichten Bericht fest. Wenn überhaupt, dann seien kritische Voten lediglich von Baselbieter Regierungsratsmitgliedern vorgebracht worden, heisst es.

Allerdings konnte sich die PUK hier lediglich auf Protokolle aus Sitzungen des Lenkungsausschusses berufen. Auf eine Anhörung von Projektbeteiligten aus dem Baselbiet musste sie verzichten. Der Kanton Baselland habe wiederholte Vorladungen mit der Begründung, dass die baselstädtische PUK nur für die Belange des Kantons Basel-Stadt zuständig sei, «abschlägig beantwortet».

An Wahrheitsfindung nicht interessiert

Die dreizehnköpfige PUK bemängelt in ihrem Bericht aber auch die Kooperationsbereitschaft des baselstädtischen Regierungsrats. Die Gelegenheit, mündlich oder schriftlich zu den Ausführungen der PUK Stellung zu nehmen, sei nicht genutzt worden. Die Kommission schliesst daraus, dass die Basler Regierung an der Wahrheitsfindung nicht interessiert sei.

Wie PUK-Präsident Christian von Wartburg (SP) vor den Medien sagte, will die Basler Regierung erst während der Parlamentsdebatte zum Bericht Stellung nehmen. «Wir wollten es anders», sagte er.

Er betonte auch, dass es der PUK mit dem Bericht nicht darum gehe, einzelne Leute an den Pranger zu stellen, sondern aufzuzeigen, welche Funktionen damals problematisch gehandelt hätten. Die Kontrolle über das Projekt sei mehrmals verloren gegangen, sagte von Wartburg. «Man hat es jedoch erst im 2017 gemerkt, obwohl bereits 2015 schwere Gewitter aufzogen.»

«Die Hauptursachen für die Verzögerungen und die Mehrkosten waren eine ungenügende Planung und eine ungenügende Wahrnehmung der Aufsichts- und Sorgfaltspflichten der verantwortlichen Gremien.»

von Bericht der

Gemäss der PUK ist das Versagen für die pannenreiche Baugeschichte des Biozentrums auf Regierungen und Behörden zurückzuführen. Eine von den Regierungen beider Basel vor einem Jahr vorgestellte externen Analyse kam noch zum Schluss, dass die professionelle Projektabwicklung auf Seiten der Kantone gewährleistet gewesen sei. Die sich anbahnenden Schwierigkeiten seien erkannt worden, es sei aber nicht gelungen, die Kontrolle über den Bau in Zusammenarbeit mit dem Generalplaner im genügenden Masse aufrecht zu erhalten.

«Es wäre matchentscheidend gewesen, dass der Generalplaner mit ihm vertrauten Firmen hätte zusammenarbeiten können und nicht mit einem vom Kanton zusammengewürfelten Team», sagte von Wartburg.

Zudem sei ungenügend bestellt worden und definiert worden, was im Gebäude passieren solle, sagte von Wartburg. Städtebauliche und architektonische Kriterien seien von den Verantwortlichen höher gewichtet worden als betriebliche. «Man hat zu schnell mit dem Bau begonnen und das hat dazu geführt, dass man ungewollt in eine rollende Planung kam.»

Universität Basel in passiver Rolle

Die Kommission kritisiert auch die passive Haltung der Universität Basel. So habe der Universitätsrat das Projekt ungenügend überwacht und begleitet. Die PUK erachtet es auch als problematisch, dass der Basler Erziehungsdirektor zeitgleich Mitglied des Universitätsrats ist und im Lenkungsausschuss des Projekts vertreten war. Dies führe zu einem Interessenskonflikt.

Ein Fragezeichen setzt die PUK schliesslich unter das Prozedere bei der Abwicklung der Mehrkosten von rund 100 Millionen Franken. Diese seien zur Vorfinanzierung an die Universität übertragen worden, was aber dem Universitätsvertrag und dem Grossratsbeschluss zum Biozentrum widerspreche. Die Kommission fordert deshalb, dass die beiden Kantone die Vorfinanzierung übernehmen und die dafür notwendigen Parlamentsbeschlüsse einholt.

«Die Frage, wer die Mehrkosten tragen wird, ist noch nicht gelöst.»

Die PUK beantragt dem Grossen Rat, den von ihr einstimmig verabschiedeten über 300-seitigen Bericht zu genehmigen und die zahlreichen Feststellungen und Empfehlungen zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Direkte rechtliche Folgen zieht der Bericht nicht nach sich, weil ihm kein «justiziables Verfahren» zugrunde liege. Die PUK schliesst gemäss Bericht aber die unabhängige Aufnahme von Zivil-, Administrativ- oder gar Strafverfahren nicht aus.

Der ausgesprochen komplexe Bau des 73 Meter hohen Biozentrums, das gemäss PUK-Bericht eher einer Maschine als einem Gebäude ähnelt, war von Beginn weg von Pannen verfolgt. Es kam zu mehrjährigen Verzögerungen zu massiven Kostenüberschreitungen. Statt den prognostizierten 337 Millionen kostete der im September 2021 eröffnete Bau am Schluss über 430 Millionen Franken.

Die PUK arbeitete über 5600 Stunden an der Untersuchung. Sie führte insgesamt 37 Hearings durch und analysierte über 130'000 Dokumente.

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