Kopiert!

#gärngscheegwärb

Freiberufler*innen und KMUs: So kommt ihr über die Runden

Der Zürcher Unternehmer und FDP-Politiker Marc Bourgeois hat sich in den vergangenen Wochen bei den regionalen Behörden bis zum Bundesrat erkundigt, wie Freiberufliche und KMU sich vor dem Untergang retten können. Seine Handlungsanleitung ist auch für Basler*innen brauchbar. Herzlichen Dank und #gärngschee

03/18/20, 12:55 PM

Aktualisiert 03/18/20, 04:23 PM

Kopiert!

Der Corona-Virus' bringt viele KMUs und Freelancer in Existenznot. Was tun? Das fragt sich auch eine neue Basler Facebookgruppe mit dem Namen «Laden zu – was nun». Sie vernetzt Freiberufler*innen. Dort sind wir auf den Post von Elias Schäfer, Geschäftsführer von Smart Regio gestossen: Ein Handlungsplan für Freischaffende und KMUs, der ihnen sagt, was sie unternehmen können, um ihr Unternehmen zu retten.

Elias Schäfer wiederum hat diesen Handlungsplan von *Marc Bourgeois, Unternehmer und FDP-Politiker aus Zürich. Schäfer ist auch FDP-Mitglied. Bajour die Schritte eins zu eins übernommen. #gärngschee

Folgende Schritte sollten KMUs und Freiberufler*innen jetzt machen:

  1. Rechnungen von privaten Unternehmen wenn irgendwie möglich weiterhin pünktlich begleichen. Falls das nicht möglich ist: Mit den Gläubigern reden
  2. Wenn immer irgendwie möglich keine Mitarbeitende entlassen. Die Situation geht vorbei, und man stellt sich für den Neustart selber das Bein.
  3. Auf eine massive Kostenreduktion verzichten. Das beschleunigt die Verwerfungen und führt zu Dominoeffekten.
  4. Prüfen, ob man gewisse Angebote über andere, neue Kanäle (online, Ausland etc.) vertreiben kann.
  5. Abchecken, wo Betriebsversicherungen etc. in der Pflicht stehen (was schwierig sein dürfte).
  6. Einen klaren Kopf bewahren und der Realität ehrlich ins Gesicht schauen (also: rechnen!). Verdrängen hilft nicht und belastet einen nur. Keine Angst: Es gibt immer eine Lösung.
  7. So protektionistisch und langfristig untauglich das auch ist: Kurzfristig Schweizer Angebote und Online-Shops bevorzugen. Es hilft mir mehr, wenn es meinem Nachbarunternehmen gut geht, als wenn es einem Unternehmen in Jinan gut geht. Ersteres liefert sicher, finanziert den Staat mit und könnte auch mein Kunde werden.
  8. GANZ WICHTIG: Liquiditätsplanung für mind. 6 Monate erstellen bzw. aktualisieren. Prüfen, ob alle laufenden Ausgaben während 6 Monaten beglichen werden können, unter Berücksichtigung von Umsatzeinbussen und verzögerten / wegfallenden Zahlungseingängen

--> Falls der letzte Punkt nicht zutrifft: Finanzierungslücke für mindestens 6 Monate quantifizieren. Und dann folgendes tun (die folgenden Tipps sind in KMU, Arbeitnehmer*innen und Freiberufler*innen unterteilt):

KMU, die ihre laufenden Ausgaben in den nächsten 6 Monaten NICHT begleichen können, sollen (ungefähr in dieser Reihenfolge):

  1. Auszahlungen an sich selbst ggf. reduzieren oder aussetzen, ohne aber auf Konsum zu verzichten
  2. versuchen, eigene Liquiditätsreserven zu mobilisieren (Kapitalgeber etc.)
  3. kranke Mitarbeitende asap krank melden (Krankentaggeld) - aber nicht tricksen!
  4. falls Mitarbeitende Dienst leisten müssen oder gerade ein Kind geboren haben: Erwerbsersatz bzw. Mutterschaftsentschädigung SOFORT einfordern. Die SVA stellt gerne schnell Rechnungen und vergütet gerne langsam, via (späte) Verrechnung mit Sozialversicherungsforderungen
  5. bei Rechnungen an den Staat und an Grossunternehmen auf rasche Bezahlung insistieren
  6. MWST und Steuern stunden. Und das auch bei den Sozialversicherungsbeiträgen versuchen. Die SVA Zürich ist in dieser Hinsicht am bockigsten. Wenn hier alle Druck aufsetzen, bewegt sich ev. etwas. (An die Arbeitnehmer: Die Stiftung Auffangeinrichtung übernimmt bei Ausfällen immerhin das Minimum.)
  7. Die Stiftung Auffangeinrichtung übernimmt bei Ausfällen immerhin das Minimum
  8. Kunden Skonto anbieten, falls sie rasch bezahlen
  9. bei hohem Betriebsvermögen sale and lease back prüfen
  10. temporäre Mietzinsreduktion prüfen - die Alternative, ein Mieterwechsel - ist für Vermieter meist nicht attraktiv
  11. versuchen, Ihre Liquidität über ihre Hausbank oder die ZKB frühzeitig zu erhöhen - mit Hinweis auf die Politik, die in ungewohnter Einmütigkeit klar signalisiert hat, dass die ZKB gestützt wird, wir im Gegenzug aber eine grosszügige Gewährung von Überbrückungskrediten einfordern
  12. beim Amt für Wirtschaft und Arbeit Kurzarbeit beantragen (Voraussetzungen wurden flexibilisiert)

Freischaffende, die ihre laufenden Ausgaben in den nächsten 6 Monaten nicht begleichen können, sollen:

  1. versuchen, eigene Liquiditätsreserven (Vermögen, Familie) zu mobilisieren, dabei aber eine Reserve für den Neustart zurückhalten
  2. allfällige private Erwerbsausfallversicherungen nutzen
  3. MWST und Steuern stunden. Und das auch bei den Sozialversicherungsbeiträgen versuchen. Die SVA Zürich ist in dieser Hinsicht am bockigsten. Wenn hier alle Druck aufsetzen, bewegt sich ev. etwas.
  4. prüfen, ob Sie sich angesichts gelockerter Bestimmungen nicht doch für Überbrückungskredite seitens ZKB (ev. Hausbank) qualifizieren;.
  5. prüfen, ob Sie sich angesichts gelockerter Bestimmungen nicht doch für Kurzarbeitsentschädigungen qualifizieren (Website Amt für Wirtschaft und Arbeit regelmässig konsultieren)
  6. prüfen, ob eine allfällige Hypothek erhöht werden kann
  7. prüfen, ob man seine Mietzinskaution zurückforderung und durch eine Mietzinsgarantie ersetzen kann
  8. die Situation aufmerksam verfolgen. Bund und Kanton haben klar signalisiert, dass auch diese Erwerbstätigenkategorie nicht zwischen Stuhl und Bank, zwischen Kurzarbeit und Überbrückungskredite, fallen sollen. Die konkreten Massnahmen sind aber noch nicht spruchreif, weil hier die Instrumente fehlen.
  9. Wenn das alles nicht reicht: ALV beziehen. Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung, die zwar immer ALV bezahlt haben, aber keinen Anspruch darauf haben, sollen sich trotzdem melden und Druck aufbauen. Wenn das alle tun, verändert sich ev. rasch etwas.
  10. notfalls Sozialhilfe beziehen. Das Problem ist, dass man hier zunächst sein Vermögen ausbluten muss. Für normale Lagen ist das korrekt. Freischaffenden wird so aber ein Neustart fast verunmöglicht. Deshalb zunächst das eigene Vermögen im Rahmen des rechtlich gerade noch Zulässigen zweckmässig "strukturieren".... die Zeit nutzen, um günstige Voraussetzungen für einen Neustart zu schaffen (persönliche Weiterbildung, Produkt-/Angebotsentwicklung, Marketingmassnahmen vorbereiten etc.).

Viel Erfolg. We're all in this together.

*Marc Bourgeois ist Gründer der Firma endurit gmbh web engineering mit Sitz im Seefeld und FDP-Kantonsrat in Zürich.

Suchst du eine Liane im News-Dschungel?

Wird geladen