3 Fragen an mögliche Jans-Nachfolger*innen
Im sich drehenden Kandidat*innen-Karusell stehen schon Namen fest, die den neugewählten Bundesrat Beat Jans im Präsidialdepartement beerben wollen. Das sind die Bewerber*innen, Mustafa Atici, Jérôme Thiriet, Luca Urgese und Conradin Cramer.
Beat Jans geht nach Bundesbern. Und sein Kanton lässt ihn ziehen, wie er es in seiner Rede im Bundeshaus formuliert hat. Denn Jans hinterlässt in Basel eine Lücke – seinen Sitz als höchster Basler wird frei. Wer folgt auf Jans?
Für die SP geht der Alt-Nationalrat Mustafa Atici ins Rennen. Er ist aufgrund seiner kurdischen Wurzeln ein Aushängeschild der migrantischen Bevölkerung in der Basler Regierung. Das Amt der Regierungsratspräsidentin oder des Regierungsratspräsidenten wurde noch nie von einer Person mit Migrationshintergrund bekleidet (wenn man Beat Jans’ deutsche Wurzeln aussen vor lässt). Atici hat sich an der SP-Delegiertenversammlung klar gegen Edibe Gölgeli, Grossrätin und Riehener Einwohnerrätin, durchgesetzt.
Die SP wittert ihre Chance, mit ihrem Kandidaten ein historisches Zeichen zu setzen. Aber auch die anderen Parteien schlafen nicht. Die Grünen schicken – überraschend – mit Jérôme Thiriet auch einen Kandidaten ins Rennen. Die Bürgerlichen gehen – inklusive SVP – einen Schulterschluss ein und wollen den Sitz mit FDP-Grossrat Luca Urgese ergattern, wobei der amtierende Regierungsrat Conradin Cramer (LDP) mit dem Amt des Regierungspräsidenten liebäugelt.
Luca Urgese
Luca Urgese (FDP) ist seit 2014 im Grossrat. Beruf. Der 37-jährige Jurist arbeitet als Leiter Finanzen und Steuern bei der Handelskammer beider Basel. Er ist Vorstand der FDP Grossbasel-West, Mitglied in der Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) sowie in der Spezialkommission Klima. Von 2015 bis 2020 war er Präsident der FDP Basel-Stadt.
Die Linke ist gespalten. Haben Sie jetzt ein leichtes Spiel?
Wahlen sind nie einfach, aber ich bin sehr glücklich, dass die bürgerlichen Parteien zusammen in den Wahlgang gehen und geeint hinter der Kandidatur von Conradin Cramer und mir stehen. Das stimmt mich doch zuversichtlich.
Die beiden linken Kandidaten sind Unternehmer, was bringen Sie mit?
Ich arbeite bei einem Wirtschaftsverband. Das bedeutet, ich bin einerseits weit vernetzt in Politik und Wirtschaft. Ich kenne einerseits die Bedürfnisse und Sorgen der KMU, die wichtig sind. Ich kenne aber auch die Anliegen von grossen und sehr grossen Unternehmen, die in einem harten internationalen Wettbewerb stehen. Diese breite Sicht auf die Wirtschaft für die Region kann ich in die Regierung mitbringen.
Für welche jungen Anliegen würden Sie sich stark machen?
Ich wäre ein Regierungsrat für die ganze Bevölkerung von Basel-Stadt, für Jung und für Alt. Ich glaube, das wäre meine Aufgabe als Regierungsrat und nicht, mich für einzelne Bevölkerungsgruppen einzusetzen.
Conradin Cramer
Conradin Cramer (LDP) ist seit 2017 Mitglied im Regierungsrat und Vorsteher des Erziehungsdepartements. Der 44-Jährige ist seit 20 Jahren politisch im Kanton Basel-Stadt aktiv. Der Jurist ist seit 2017 Mitglied des Universitätsrats und war vor seiner Zeit als Regierungsrat als Anwalt und Notar tätig.
Warum möchten Sie das Erziehungsdepartement abgeben?
Ich möchte gerne Regierungspräsident werden. Nicht, weil mir nach sieben Jahren im Erziehungsdepartement langweilig ist. Ich habe aber das Gefühl, dass es ein guter Moment ist, etwas Neues zu machen. Ich möchte meine Erfahrung im Regierungspräsidium einbringen. Ich weiss, wie es ist, im Regierungsrat zu sein. Ich weiss, wie wichtig die Teamarbeit dort ist. Und ich weiss, wie wichtig es ist, dass der Kanton gut und stark gegen aussen vertreten wird – so wie das Beat Jans in den letzten drei Jahren gemacht hat. Da würde ich nun gerne übernehmen und ich glaube, dass ich für das Amt einiges mitbringe.
Für welche jungen Anliegen würden Sie sich als Regierungspräsident einsetzen?
Der Regierungspräsident ist für alle Generationen da. Gerade für junge Anliegen ist das Präsidialdepartement wichtig, weil die Kultur dort angesiedelt ist. Wir werden jetzt die Trinkgeld-Initiative umsetzen, die ihren Fokus sehr stark auf die Jugendkultur legt. Da ist es wichtig, dass das Geld auch so eingesetzt wird, dass es den Anliegen von jungen Menschen wirklich entspricht. Darauf würde ich selbstverständlich ein Auge haben. Ich habe nun in den sieben Jahren als Erziehungsdirektor praktisch ausschliesslich mit und für junge Menschen gearbeitet. Das würde ich als Regierungspräsident sicher nicht aufgeben.
Wären Sie ein besserer Repräsentant für Basel als Beat Jans?
Nein, ich wäre ein anderer Repräsentant. Jeder bringt seine Persönlichkeit in das Amt mit. Ich bin der Meinung, Beat Jans hat das sehr gut gemacht. Ich konnte auch von ihm lernen. Vor allem, wie man dezidiert in Bern für die Interessen von Basel auftreten kann und wie das Auftreten etwas bringt. Das würde ich gerne von ihm mitnehmen und übernehmen. Aber selbstverständlich bringe ich auch meine etwas andere und auch etwas jüngere Persönlichkeit mit in das Amt. So würde es Kontinuität geben und gleichzeitig wäre jemand Neues im Amt.
Mustafa Atici
Der 54-jährige kam in der Türkei zur Welt. Seit 1992 lebt er in der Schweiz. Mustafa Atici sass 14 Jahre im Grossen Rat und vertrat die SP von 2019 bis zu seiner Nicht-Wiederwahl diesen Herbst im Nationalrat. Sein Kernthema ist die Bildungspolitik. Atici ist selbstständiger Unternehmer in der Gastronomie und gilt daher auch dem Gewerbe nah.
Sie wurden in den Medien als schwacher Kandidat bezeichnet. Hat Sie das getroffen?
Nein, nein, überhaupt nicht! Ich habe einen starken Rucksack. Ich bin schon fast 16 Jahre im Kantonsparlament und war vier Jahre lang erfolgreich im Nationalrat unterwegs. Ich führe erfolgreich ein Unternehmen. Hier in der Stadt bin ich sehr gut verankert, ich gestalte viele Institutionen mit. Ich glaube, es gehört dazu, dass sich die Medien manchmal kritisch und manchmal positiv äussern.
Ein Regierungsrat mit Migrationsgeschichte hätte für Basel grosse Ausstrahlung. Was zeichnet Sie sonst noch aus?
Ich bin mit 23 Jahren hierhergekommen. Seit 20 Jahren politisiere ich erfolgreich und habe auch erfolgreiche eine Firma aufgebaut. In meiner ganzen politischen Arbeit habe ich viele Menschen mitgenommen und sie partizipieren lassen, sie für die politische Partizipation gewinnen können. Ich glaube, das sind schon Pionierarbeiten, die weitergeführt werden sollten.
Für welche jungen Anliegen würden Sie sich im Präsidialdepartement stark machen?
Im Zuständigkeitsbereich des Präsidialdepartements haben wir ja kürzlich die Trinkgeldinitiative angenommen, die jetzt in der Umsetzung ist. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass die Jugendlichen auf der Kulturebene nicht nur als Konsumenten, sondern auch als Darsteller dabei sind. Ein anderes, enorm wichtiges Anliegen ist für mich, dass alle Kinder, die wollen, ein Musikinstrument spielen können. Es gibt viele, die jahrelang auf Wartelisten für den Musikunterricht stehen. Ich werde versuchen, ihnen allen den Musikunterricht zu ermöglichen.
Jérôme Thiriet
Der 41-jährige ist in Basel geboren und aufgewachsen. Jérôme Thiriet sitzt seit 2019 für die Grünen im Grossen Rat. Er ist Inhaber und Geschäftsführer der Kurierzentrale GmbH. Mit ihrem Co-Vizepräsidenten wollen die Grünen zurück in den Basler Regierungsrat. Seit Elisabeth Ackermann 2020 ihren Sitz nicht halten konnte, sind sie dort nicht mehr vertreten.
Rechnen Sie sich Chancen aus gegen die linke und bürgerliche Konkurrenz?
Ja, ich rechne mir durchaus Chancen aus, weil ich meiner Meinung nach in verschiedenen Milieus unterwegs bin und in der ganzen Stadt gut vernetzt bin. So kann ich in vielen Kreisen Stimmen machen. Auf das zähle ich, um ein gutes Resultat zu erzielen.
Was zeichnet Sie als Kandidat aus?
Ich bringe einen breiten Rucksack mit. Eine Firma führen und vorantreiben, braucht viel Entscheidungsmut, Dynamik und Gestaltungswille. Das ist genau das, was ich auch für das Präsidialdepartement wichtig finde. Da muss jemand vorne dran stehen, der schafft und Veränderungen bringt. Diese Rolle nehme ich in meinem Berufsleben bis jetzt ein.
Für welche jungen Anliegen würden Sie sich im Präsidialdepartement stark machen?
Die jungen Anliegen sehe ich vor allem in der Kultur verankert. Ich war der, der im Grossen Rat das Budgetpostulat für die Trinkgeldinitiative durchgebracht hat, sodass die junge Kultur mehr gefördert wird. Dort werde ich sicher weiterarbeiten, damit auch die Jugend zu einem Teil kommt und Vertrauen in die Regierung schafft.
Mitarbeit: Ladina Tschurr, David Rutschmann, Valerie Wendenburg
Edibe Gölgeli
Die 45-jährige wohnt in Riehen, wo sie für die SP im Einwohnerrat sitzt. Edibe Gölgeli ist auch Mitglied im kantonalen Parlament, das seit 2015. Im letzten Jahr kandidierte sie erfolglos für einen Sitz in der Riehener Exekutive. Ihre Kernthemen sind «konsequente Gleichstellungspolitik, Chancengerechtigkeit und eine Wirtschaft für alle». Beruflich ist Gölgeli Leiterin Unternehmensentwicklung bei der BVB.
Sie wurden in den Medien als schwache Kandidatin bezeichnet. Hat Sie das getroffen?
Ich kann nicht einordnen, aufgrund welcher Fakten die Kandidaturen als schwach bezeichnet wurden. Man muss bedenken, dass wir nicht viel Zeit hatten, um die Kandidaturen gut zu begründen. Es ist wichtig, die Vielfalt von Basel und die Realität von Frauen und Menschen mit Migrationsgeschichte zu repräsentieren. So etwas gab es noch nie, vielleicht ist das der Grund, wieso meine Kandidatur als schwach wahrgenommen wurde. Zurück zur Frage: Verletzt hat es mich nicht.
Eine Regierungsrätin mit Migrationsgeschichte hätte für Basel grosse Ausstrahlung. Was zeichnet Sie sonst noch aus?
Die Migrationsgeschichte ist nicht der Leistungsausweis von Mustafa und mir. Aber es ist elementar, dass wir diese Geschichte haben, da wir eine andere Erfahrung haben und diese einbringen können. Der Ansporn meiner Kandidatur war auch, Sichtbarkeit zu schaffen und zu zeigen, was möglich ist.
Ich bin eine Berufsfrau, ich bringe einen Rucksack mit unterschiedlichen Arbeitserfahrungen mit – auch mit 13 Jahren Führungskompetenzen. Auch bin ich stark in der Kommunikation und mehrsprachig, was für die Repräsentation in einer Grenzregion wie Basel wichtig ist. Ich sehe mich als Brückenbauerin für alle in der Region. Das Präsidialdepartement ist eine Querschnittsaufgabe, da sehe ich mich federführend. Ich will mich für Gleichstellung und Diversität engagieren und weiter für die Klimaziele kämpfen.
Für welche jungen Anliegen würden Sie sich im Präsidialdepartement stark machen?
Ich beobachte, wie sich die Jungen mit ihren Zukunftsängsten nicht gehört fühlen. Ich will diesen Leuten eine Stimme geben, die nicht oder zu wenig gehört werden. Ich sehe mich als soziale Person und kann mich gut als junge, dynamische Frau aus einer anderen Generation einbringen. In der Partei habe ich viel Zuspruch von jüngeren Mitgliedern und den Frauen bekommen. Das motiviert mich.
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