SP-Expräsi wirbt für «Esther statt Heidi»

Rotgrün hat zwar die BastA!-Politikerin Heidi Mück für den zweiten Wahlgang der Regierung nominiert. Aber offenbar passt das nicht allen Linken. Sozialdemokrat Roland Stark unterstützt eine alternative Kampagne.

Esther statt Heidi
(Bild: zvg / Illustration: Bajour)

Die Reaktionen der Basler Bürgerlichen waren voraussehbar: Heidi Mück sei zu links – unwählbar, riefen sie lautstark, als Rotgrün die BastA!-Politikerin für den zweiten Wahlgang nominierte.

Aber es sind offenbar nicht nur die Bürgerlichen, die ein Problem haben mit Mück. Auch bei der Linken gibt es Widerstand – einfach leisen, hinter vorgehaltener Hand. Roland Stark will das ändern. Der frühere SP-Präsident beteiligt sich «auf Sparflamme» an einer Kampagne, auf «seinem» Ticket stehen: SP-Genosse Kaspar Sutter, die grünliberale Esther Keller und die bürgerliche Vorzeige-Kandidatin Stephanie Eymann (LDP).

Damit stellt sich Roland Stark quer gegen die offizielle Empfehlung von Rotgrün – und er sucht weitere Verbündete, die mitmachen. «Bekannte Namen, die ebenfalls hinstehen und sagen: Wählt Sutter, Keller und Eymann.» Er habe bereits ein paar Namen, auch aus dem grünen Lager. Wer sie sind, will er nicht sagen. Auch Bajour sprach mit Linken, die auf Keller hoffen, das aber nicht öffentlich zugeben wollen.

«Schaden begrenzen»

Kein Wunder, es braucht einiges an Unzufriedenheit und auch Streitbarkeit, um sich gegen die eigene Partei zu stellen. Für Stark dagegen ist das nichts Neues: Er übt immer wieder Kritik an der SP – dieses Jahr ist er sogar aus der Basler Sektion ausgetreten und den Appenzeller Sozialdemokrat*innen beigetreten.

Warum unterstützt Stark jetzt eine Kampagne für eine Grünliberale und eine Bürgerliche?

Er wolle lieber eine grüne Politikerin der GLP, die gewählt wird, als eine rote, die nicht gewählt wird, sagt Stark: «In Schönheit sterben ist keine politische Strategie». Er habe in den letzten Tagen viele Gespräche in seinem persönlichen und politischen Umfeld geführt. «Ausser ein paar Hartgesottenen will niemand Mück wählen.» Es bestehe Gefahr, dass Basel eine bürgerliche Regierungsmehrheit bekomme und das wolle er verhindern. «Das geht nur, wenn die Linken Sutter, Keller und Eymann wählen. Das ist ein realistisches Szenario, um den Schaden zu begrenzen.»

Seine Angst: Eine Regierung aus vier Bürgerlichen und drei Sozialdemokrat*innen.

Die Gründe für die Zweifel an Mück wurden in den letzten Tagen von den Medien breit diskutiert:

  • Heidi Mücks Unterschrift auf einem Aufruf der BDS, einer Organisation, die wegen antisemitischer Positionen in der Kritik steht. Mück hat sich zwar dafür entschuldigt und sich distanziert. Laut Roland Stark komme die Erklärung zu spät und wirke unglaubwürdig: «Viele ältere Sozialdemokraten haben ein wohlwollendes Verhältnis zur israelitischen Gemeinde. Die akzeptieren das nicht.»
  • Heidi Mücks Aussagen zur Polizei. Mück sagte im Bajour-Nichtwähler*innen-Video, sie wäre «im Justizdepartement total überfordert», weil sie zugegebenermassen ein «schwieriges Verhältnis mit Polizisten» habe. Laut Stark ist das «undiskutabel» für eine erfahrene Politikerin wie Mück.

Für Stark ist aber klar, dass die rotgrüne Mehrheit nicht daran scheitern darf. Schliesslich hätten die Bürgerlichen bei den Grossratswahlen miserabel abgeschnitten.

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(Bild: Staatskanzlei BS)

Und was sagt Esther Keller?

Die Grünliberale war mit Roland Stark in Kontakt und hat von der linken Idee «Esther statt Heidi» gehört: «Mir haben viele Linke gesagt, dass sie mich wählen, weil ich als Grünliberale einen Schwerpunkt aufs Klima lege.» Keller bekommt nach eigenen Angaben aber auch Zuspruch von bürgerlichen Wähler*innen: «Ich höre von links und rechts dasselbe: Lieber eine Regierung mit je drei Linken, drei Bürgerlichen und einer Mittepolitikerin, als eine rotgrüne oder eine bürgerliche Mehrheit.»

Auch Keller selbst findet das, natürlich, den besten, oder wie sie es ausdrückt «lösungsorientierten Weg». Aus ihrer Sicht würde eine Regierung mit ihr den Willen der Wähler*innen am 25.Oktober widerspiegeln: Es ist Klima- und Frauenwahl, die Basler*innen haben grün, weiblich und jung gewählt.

Stellt sich einfach die Frage: Finden Roland Stark und Esther Keller linke wie bürgerliche Politiker*innen, die sich offiziell hinter sie stellen?

Bajour kannst du nicht wählen...

Lieber «Stephi» als «Baschi»

Roland Stark sagt sogar offen, dass er im ersten Wahlgang Stephanie Eymann von der LDP gewählt hat – anders als viele engagierte Politiker*innen, die nur die eigenen Leute auf den Wahlzettel schreiben, um ihre Chancen zu erhöhen.

Doch Stark sagt: «Wenn die Bürgerlichen schon einmal eine so kompetente Frau aufstellen, muss man sie auch wählen.» Sie sei fähig und bringe frischen Wind. Er hofft deshalb, dass Eymann Baschi Dürr von der FDP den Sitz wegschnappt. Als Regierunspräsident ist für ihn Beat Jans von der SP gesetzt.

Zur Erinnerung, bereits im ersten Wahlgang gewählt wurden:

  • Soland Tanja (SP), bisher: 33'175 Stimmen
  • Engelberger Lukas (CVP), bisher: 30'625 Stimmen
  • Cramer Conradin (LDP), bisher: 29'348 Stimmen
  • Jans Beat (SP): 28'751 Stimmen

Beim zweiten Wahlgang stellen sich zur Verfügung:

  • Heidi Mück (BastA!)
  • Kaspar Sutter (SP)
  • Stephanie Eymann (LDP)
  • Baschi Dürr (FDP, bisher)
  • Esther Keller (GLP)
  • Eric Weber (VA).

Fürs Regierungsratspräsidium kandidieren Beat Jans (SP), der bereits im ersten Wahlgang den Sprung in den Regierungsrat geschafft hat, Stephanie Eymann (LDP), Esther Keller (GLP) und Eric Weber (VA). 

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(Bild: Staatskanzlei BS)

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Foto Pino Covino

Bei Bajour als: Journalistin.

Hier weil: Das Hobby meines Mannes finanziert sich nicht von alleine.

Davor: Chefredaktorin im Lokalmedium meines ❤️-ens (Bajour), TagesWoche (selig), Gesundheitstipp und Basler Zeitung

Kann: alles in Frage stellen

Kann nicht: es bleiben lassen

Liebt an Basel: Mit der Familie am Birsköpfli rumhängen und von rechts mit Reggaeton und von links mit Techno beschallt zu werden. Schnitzelbängg im SRF-Regionaljournal nachhören. In der Migros mit fremden Leuten quatschen. Das Bücherbrocki. Die Menschen, die von überall kommen.

Vermisst in Basel: Klartext, eine gepflegte Fluchkultur und Berge.

Interessensbindungen:

  • Vorstand Gönnerverein des Presserats
  • War während der Jugend mal für die JUSO im Churer Gemeindeparlament. Bin aber ausgetreten, als es mit dem Journalismus und mir ernst wurde.

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