Was mache ich, wenn ich die IWB-Rechnung nicht bezahlen kann?
Die Gaspreise bei den IWB sind 25 Prozent höher als letztes Jahr. Für Menschen mit kleinem Budget sind schon 20 Franken mehr pro Monat keine Kleinigkeit.
Claudia M. sitzt am Küchentisch, vor ihr liegen die Rechnungen, die sie bis Monatsende bezahlen muss. Krankenkasse, Miete, Versicherung. Zusätzlich ist eine Rechnung der IWB fällig. Diese haben ab Januar 2022 die Gaspreise erhöht – um 25 Prozent. Claudia wohnt in einer Dreizimmerwohnung und zahlt nun neu monatlich 97 statt 77 Franken für Heizung und Warmwasser. Und das macht ihr Sorgen.
Seit Herbst 2021, und erst recht nach Kriegsbeginn in der Ukraine, spielen die internationalen Gasmärkte verrückt. In den vergangenen zwölf Monaten haben sich die Preise teilweise verdreifacht. Was bedeutet das für die Gasbezüger*innen?
20 Franken, was ist das schon, könnte man denken. Die alleinerziehende Mutter muss für die vergangenen drei Monate nun 60 Franken mehr für ihre Gasrechnung aufbringen. Ihr bescheidenes Einkommen reicht jeweils gerade so bis Ende Monat, wenn sie es sich gut einteilt. Diese 60 Franken hat sie aber nicht, wenn sie in den nächsten Tagen ihrem Sohn jeweils ein Znüni mitgibt und am Abend nicht nur Kartoffeln oder Spaghetti mit der immergleichen Tomatensauce kocht. Diesen Monat schafft sie es vielleicht noch irgendwie, aber aufs Jahr sind das 240 Franken mehr. Und Claudia weiss nicht, woher sie dieses Geld in den nächsten Monaten nehmen soll. Erst recht nicht, wenn nicht nur Gas sondern auch andere Energiepreise ansteigen, zum Beispiel für Strom.
Was kann Claudia tun?
Armutsbetroffene in Basel
Das fragt sich auch BastA!-Politiker Oliver Bolliger. Er hat im Grossen Rat eine Interpellation «betreffend Entlastung von Armutsbetroffenen aufgrund hoher IWB-Rechnungen» eingereicht und will von der Regierung wissen, wie sie die steigenden Energiekosten mit Blick auf Menschen mit kleinem Budget einschätzt und ob sie Massnahmen zu deren Unterstützung vorsieht.
Claudia M. ist zwar fiktiv, aber Menschen wie sie sind es nicht. Offizielle Statistiken zu Working Poor und Menschen, die am Existenzminimum leben, gibt es keine. Aber das Statistische Amt Basel-Stadt vermeldete für das Jahr 2020 rund 30’000 Menschen, die bei der Krankenkasse eine Prämienverbilligung erhielten und 11’000 Personen, die von der Sozialhilfe unterstützt wurden. Laut Caritas gehen Schätzungen davon aus, dass in der Schweiz 30 bis 50 Prozent der bezugsberechtigten Personen keine Sozialhilfe beziehen und die Zahl der Armutsbetroffenen deshalb wesentlich höher einzuschätzen sei.
Bajour hat sich bei den IWB erkundigt, welche Möglichkeiten Menschen wie Claudia schon heute haben.
«Das ist keine Schande»
«Ich verstehe, wenn die gestiegenen Energiekosten bei den Leuten subjektiv zu Sorgen führen», sagt IWB-Mediensprecher Erik Rummer, «gerade weil die Beträge für mehrere Monate schnell ein paar 100 Franken sind.» Menschen wie Claudia rät er: «Grundsätzlich empfehlen wir: Melden Sie sich möglichst früh bei unserem Kundenservice.»
Er wisse, dass für die Betroffenen die Hemmschwelle dafür relativ hoch sei, «aber ich kann nur betonen: Das ist keine Schande, unsere Leute kennen viele solche Fälle und sind hilfsbereit». Ratenvereinbarungen oder ein Mahnstopp seien hier Möglichkeiten, «bevor Mahnungen die Situation noch zusätzlich schwierig machen». Vielen sei mit etwas Spielraum zum Bezahlen der Rechnung schon geholfen.
«Wenn wir im Gespräch merken, dass das nicht reicht, gibt es die Möglichkeit, über die Schuldenberatung Plusminus zu gehen», fährt Rummer fort. «Darauf weisen wir Betroffene auch hin.» Eine Unterstützung durch den IWB-Fonds von Plusminus ist einmalig in der Höhe von maximal 1000 Franken möglich.
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Bis politische Massnahmen greifen, muss Claudia also selber eine Lösung finden. Etwas weniger Druck beim Bezahlen der Rechnungen hilft ihr vorerst. Aber die Unsicherheit, wie sich die Preissteigerung auf ihre finanzielle Situation in den nächsten Monaten auswirkt, bleibt.
Sozialhilfe bezahlt Gaskosten – und wenn der Strom teurer wird?
Auf die Frage, wie akut dieses Thema ist und wie auf politischer Ebene damit umgegangen wird, erklärt die Generalsekretärin des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt Brigitte Meyer: «Der Regierungsrat wird die Interpellation Bolliger bald beantworten, wir möchten daher nicht vorgreifen.» Es sei aber wichtig zu wissen, dass «die effektiven Mietnebenkosten und damit die Energiekosten von der Sozialhilfe übernommen werden».
Das bestätigt auch Ruedi Illes, Amtsleiter der Sozialhilfe Basel-Stadt. Wer Sozialhilfe bezieht, habe aktuell keine Nachteile. Im Gegensatz zu den effektiv übernommenen Mietnebenkosten bezahlen Sozialhilfebezüger*innen den Strom aus ihrem Grundbedarf. Das ist eine Pauschale. Weil die Strompreise in Basel-Stadt nicht erhöht worden seien, «müssen Klientinnen und Klienten der Sozialhilfe aus ihrem Grundbedarf aktuell für Strom nicht mehr aufwenden». Es sei jedoch ab 2023 auch da eine Tarifanpassung bei den IWB absehbar. Es werde abgeklärt, inwiefern diese Kosten über den Grundbedarf abgefangen werden könnten, denn dieser werde jeweils im Herbst anhand der vergangenen Periode berechnet.
Kurzfristig gäbe es jedenfalls eine Möglichkeit: «Sollten wider Erwarten von der Sozialhilfe unterstützte Personen aufgrund von vorübergehenden Preissteigerungen auf unausweichlichen Positionen hohe Zusatzkosten entstehen», erklärt Illes, «kann nach einer Einzelfallprüfung die Übernahme dieser Kosten in Betracht gezogen werden.» Bisher seien aber keine solchen Anfragen an sie herangetragen worden.
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