Die Hausbesitzer*innen wohnen im Speckgürtel

Die Mieteinnahmen aus den Häusern im St. Johann fliessen nicht nur zu Immobilienfirmen und Pensionskassen, sondern auch in die reichen Basler Agglo-Gemeinden.

Fast 80 Prozent der Liegenschaften im St. Johann gehören Privatpersonen. Das zeigt unser Datensatz, den wir mithilfe der «Wem gehört Basel?»-Crowd gesammelt haben (mehr dazu hier).

Alles zufriedene Einfamilienhausbesitzer*innen also? Nicht ganz, denn mehr als jede zehnte Person, die im St. Johann Wohneigentum besitzt, hat sich für einen anderen Lebensmittelpunkt entschieden und sich im sogenannten Speckgürtel der reichen Agglo-Gemeinden rund um Basel niedergelassen. Das zeigt diese Heatmap, die dort rot wird, wo besonders viele St. Johann-Hüsli-Besitzer*innen wohnen.

Besonders beliebt bei Hüsli-Besitzer*innen ist Binningen, wo gemäss Angaben im Grundbuch 31 Personen leben, die mindestens ein Haus im St. Johann besitzen. Binningen scheint mit einem Steuerfuss für natürliche Personen von 48 Prozent und privilegierten Wohnlagen ein beliebter Wohnort zu sein.

Trotz deutlich höherem Steuerfuss (61 Prozent) ganz oben auf der Beliebtheitsskala ist auch Ettingen mit hochgerechnet 19 Hausbesitzer*innen pro 10'000 Einwohner*innen.

Nun haben wir Fragen – wie fast immer bei «Wem gehört Basel?». Wieso hat jemand ein Hüsli im St. Johann, lebt aber lieber in der Agglomeration? Und wie lebt es sich so, wenn monatlich zwei- oder dreitausend Franken Mieteinnahmen aufs Konto prasseln?

Wir haben uns auf die Suche gemacht und versucht mit einigen im Speckgürtel lebenden St. Johann-Hüsli-Besitzer*innen zu sprechen. Stimmen die Vorurteile über reiche Vermieter*innen im Umland? Ein Update folgt.

Jede zehnte Wohnung im Stockwerkeigentum

Die «Wem gehört Basel?»-Crowd glänzt nicht nur durch ihren Einsatz beim Zutage bringen von Besitzer*inneninformationen, sondern auch mit Inputs. Wir sollen uns einmal das Stockwerkeigentum anschauen, schreibt uns ein aktiver Crowdsourcer. Stockwerkeigentum – also Eigentumswohnungen – sei einer der Treiber der Gentrifizierung, weil Häuser zunächst von Immobilienfirmen gekauft und danach in Einzelteilen teurer weiterverkauft würden. Die Tageswoche hat 2017 eine Recherche zu diesem Thema veröffentlich. Wir haben uns den Input zu Herzen genommen – hier ist die Karte:

Die Verteilung zeigt zunächst keine grossen Auffälligkeiten. Spannend ist hier ein Blick ins Detail: Rund jede zehnte Wohnung ist Stockwerkeigentum, unseren Daten entsprechend sind es 889 von 8974 Wohnungen im Quartier. Auffällig sind die Neubauten an der Vogesenstrasse 21 bis 25 mit insgesamt 43 Wohnungen, die ab 2018 allesamt als Eigentumswohnungen verkauft worden sind.

Das Hofhaus an der Vogesenstrasse gehört zu einem Ensemble aus drei Gebäuden, allesamt als Eigentumswohnungen verkauft.
Das Hofhaus an der Vogesenstrasse gehört zu einem Ensemble aus drei Gebäuden, allesamt als Eigentumswohnungen verkauft.

Wir werden den Fragen rund um Stockwerkeigentum nachgehen – Immobilienexperte Robert Weinert von Wüest Partner hat uns sowieso versprochen, nochmals auf die Thematik Luxussanierung einzugehen. Auch hier: Update folgt.

Inspiration / Projektteam

«Wem gehört Basel?» ist inspiriert vom Schwarm-Rechercheprojekt «Wem gehört die Stadt?» des Recherchezentrums Correctiv aus Deutschland. Zudem durften wir Teile des Python-Codes zur Datenauswertung von unserem Partnermedium tsri.ch übernehmen – ❤️ dafür.

Das Webtool, mit dem die Bajour-Crowd Besitzer*innendaten sammelt, basiert auf Open Source Code, unter anderem von vue.js / nuxt.jsexpress.js in Verbindung mit node.js sowie der Hosting-Magie von Netlify.

Für Bajour an der Umsetzung beteiligt waren: Angela Krenger, Romina Loliva, Manuela Paganini, Silvan Hahn, Samuel Hufschmid, das ganze Bajour-Team und über 150 freiwillige Crowdsourcer*innen – hier findets du das ganze «Wem gehört Basel»-Team.

Basel Briefing

Das wichtigste für den Tag
Jetzt Abonnieren
Jetzt Member Werden

Das könnte dich auch interessieren

Renovation Basel Baloise

Helena Krauser,David Rutschmann am 15. März 2024

Investor*innen investieren nicht mehr

Das Investorengespräch widmet sich dem Basler Wohnschutz. Dieser gefährde sogar unsere Renten, klagt die Baloise-Versicherung. Andere Player werden nicht so laut, aber bestätigen diskret: Investieren kann man besser woanders.

Weiterlesen
St. Johann-Ring 105 Besetzung Haus

Valerie Wendenburg am 14. März 2024

Pizza-Plausch und eine Besetzung

Seit Montag besetzen mehrere Personen das Haus am St. Johanns-Ring 105. Die Besetzer*innen sind im Gespräch mit der Nutzerin der leerstehenden Liegenschaft, dem Universitätsspital. Eine Einigung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Trotz der Androhung einer Räumung wollen die Besetzer*innen bleiben.

Weiterlesen
IMG_6323

David Rutschmann am 01. Dezember 2023

«Wenn die Bürgerlichen den Wohnschutz angreifen, muss ich wieder politisch werden»

Beat Leuthardt ist der Grund, warum Basel eine Wohnschutzkommission hat. Jetzt tritt er zurück, denn die Kommission arbeitet nicht so, wie er will. Im Interview erzählt er, wie er seine Vorstellungen doch noch verwirklichen will.

Weiterlesen
Stadtspaziergang Bauen

David Rutschmann am 29. November 2023

Wie wird Basel fit für die klimaneutrale Zukunft?

Beim Stadtspaziergang von Bajour und Countdown2030 wird klar: Es braucht nicht nur die innovativsten Wohnprojekte, damit die sozialökologische Transformation in der Stadt gelingen kann. Manchmal sind die nachhaltigsten Wohnprojekte die Unscheinbarsten.

Weiterlesen

Kommentare