«Die Sommerferien sind ein Langstreckenlauf»

Dauern die Sommerferien in Baselland bald nur noch fünf Wochen? Die Baselbieter Regierung überprüft einen Vorstoss, der genau dies fordert. Dafür sollen die Herbstferien eine Woche länger sein. Eine gute Idee?

08.07.2023, Niedersachsen, Wangerooge: Drei Tagesgäste genießen das Wetter und blicken auf den Strand. Erstes Wochenende der Sommerferien in Niedersachsen Foto: Lars Penning/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Lars Penning)
Aktuell haben die Schüler*innen und Basel-Stadt und Baselland sechs Wochen Sommerferien. (Bild: Keystone / Lars Penning )

Die sechswöchigen Sommerferien sind für viele Schüler*innen in den beiden Basel das Highlight des Jahres. Berufstätige Eltern hingegen stossen oft an ihre Grenzen, wenn sie für diese lange Zeit die Betreuung ihrer Kinder organisieren müssen. Das könnte sich nun – zumindest im Baselbiet – ändern. 

candidate_image_ffc76ad0-8a53-4f03-8e6f-97c07f201ef3-resized
Reto Tschudin möchte die Ferienzeiten in Baselland anpassen. (Bild: SVP)

Denn SVP-Landrat Reto Tschudin will eine neue Regelung hinsichtlich der Schulferien im Baselbiet. Wenn es nach ihm geht, werden die Sommerferien von sechs auf fünf Wochen verkürzt und die Herbstferien von zwei auf drei Wochen verlängert. Sein Argument: Arbeitgeber*innen hätten dann mehr Spielraum, um ihren Angestellten Urlaub zu gewähren. Denn aktuell stünden sie vor dem Problem, dass alle Angestellten mit schulpflichtigen Kindern im Herbst im gleichen engen Zeitraum Ferien beantragen. Das Baselbieter Parlament hat seinen Vorstoss zur Schulferien-Regelung mit 59 zu 18 Stimmen überwiesen – nun prüft die Regierung das Anliegen.

Was halten Eltern und Schüler*innen in Baselland davon?

Sarah Kreis
Sarah Kreis ist nach sechs Wochen Sommerferien erschöpft. (Bild: zVg)

Sarah Kreis, Mutter, Marketing-Expertin und Unternehmensberaterin

«Für mich als beruflich eingebundene Mutter in einem Eineltern-Haushalt mit neunjährigem Sohn sind sechs Wochen Sommerferien ein Langstreckenlauf. Ferienangebote sind meist nicht ganztags oder finden unverhofft doch nicht statt, sodass es für mich beinahe unmöglich ist, in dieser Zeit in meinem erforderlichen Pensum zu arbeiten. So muss ich sicher für zwei, drei Wochen die Betreuung ständig situativ anpassen. Ich bin nach den Sommerferien jeweils erschöpft und bräuchte dann eigentlich erst mal selber Urlaub. Eine Woche mehr im Oktober würde das Problem der fehlenden Ferienbetreuungsangebote zwar nicht lösen, aber sicher durch die Umverteilung entspannen.» 

Schülerin Lina, 19 Jahre

«Ich finde, sechs Wochen Sommerferien sind für Schülerinnen und Schüler sehr wichtig, weil sie ein wirklich bewusster Unterbruch vom Schulalltag sind. Man hat sechs Wochen Ferien und muss nicht an die Schule denken. Diese längere bewusste Pause soll man den Schülerinnen und Schülern lassen. Fünf Wochen Sommer- und drei Wochen Herbstferien sind mega komisch. Wenn wir erst in der zweiten Juliwoche Ferien haben, dann machen wir in der ersten Juliwoche eh nichts mehr, weil es viel zu heiss ist. Da kann man gar nichts richtiges mehr machen. Dieser Wechsel wäre ein mega Nachteil.»

Amelie
Amélie vermisst ihre Freundinnen während der langen Sommerferien. (Bild: zVg)

Schülerin Amélie, 7 Jahre

«Ich hätte gerne 5 Wochen Sommer- und 3 Wochen Herbstferien. Die Sommerferien sind mir zu lang. Ich würde gerne meine Freundinnen vorher wieder sehen.»

Francesca Hess, Mutter und Marketing Communication Specialist

«Ich bin selbst in Italien in die Schule gegangen und kenne die dreimonatigen Sommerferien dort. Daher kommen mir die sechs Wochen hier eher kurz und genau richtig vor. Ich finde es schwierig, im Herbst drei Wochen frei zu nehmen, weil dann im Job immer viel mehr zu tun ist als im Sommer. Das Klima im Herbst ist für Ferien vielleicht angenehmer, aber ich finde es als Angestellte schwieriger zu organisieren, wenn die Kinder im Herbst drei Wochen frei haben.»

Schüler Jan, 17 Jahre

«Ich fände es nicht so toll, weil ich die Herbstferien nicht so wichtig finde wie die Sommerferien. Die Sommerferien kann ich am besten geniessen und ich finde es gut, dass diese Ferien so lang sind, weil man dann auch längere Reisen machen kann. Dann lohnt es sich mehr, andere Länder zu besuchen.»

Philipp Lichtenberg
Philipp Lichtenberg findet fünf Wochen Sommerferien ausreichend. (Bild: zVg)

Philipp Lichtenberg, Vater und Business Development Manager «Drei Wochen Herbstferien sind eine gute Option, um Kraft für den Jahresendspurt zu sammeln. Fünf Wochen Sommerferien reichen aus, um sich zu erholen. Mehr als drei Wochen Ferien an einem Stück sind für viele Berufstätige eine Herausforderung. Und wenn es mit dem neuen Experiment nicht gut funktionieren sollte, könnte ja wieder auf den aktuellen Rhythmus umgestellt werden.»

Schülerin Anouk, 17 Jahre

«Ich glaube, mir wären fünf Wochen Sommerferien und drei Wochen Herbstferien lieber. Ich finde das eine gute Idee, bin aber auch nicht unzufrieden, wie es jetzt geregelt ist.»

Barbarella Pascha Gere, Mutter und Hausfrau

«Das geht gar nicht, die Sommerferien sind die Ferien, auf die sich Kinder am meisten freuen. Für mich als Kind waren die langen Ferien die schönsten Ferien und für die Kinder heute ist es ebenso. Ich würde einfach eine Woche später Sommerferien machen, da es meistens nach den Ferien nochmals so richtig heiss ist.»

Freda
Freda findet längere Herbstferien eine gute Idee. (Bild: zVg)

Schülerin Freda, 10 Jahre

«Ich würde gut finden, wenn man an die zwei Wochen Herbstferien noch eine Woche dranhängt. Dann ist die Zeit bis Weihnachten nicht so ewig. Und die Sommerferien sind auch noch lang genug, wenn sie fünf Wochen dauern. Ich finde gut, wenn es geändert wird.»

Sonja Guglielmetti, berufstätige Mutter

«Ich kenne dieses Modell aus dem Kanton Solothurn und habe es geliebt. Die Kinder sind ohnehin nach fünf Wochen Ferien irgendwann müde. Ich finde fünf Wochen und im Herbst nochmal drei Wochen super. Ich fand diese Lösung damals in Olten für meine Kinder sehr gut. Wenn sie im Herbst eine Woche ins Pfadilager gehen, kann man als Familie danach noch gut verreisen und es ist nicht mehr so brennend heiss überall. Ich bin dafür.» 

Schüler Matthias, 18 Jahre

«Ich wäre für drei Wochen Sommerferien, weil man dann im Herbst nochmal richtig wegfahren könnte. Die Zeit bis zu den Weihnachtsferien wäre dann kürzer und nicht so intensiv wie es jetzt ist.»

Ferien
In den Herbstferien nochmal Sonne tanken. (Bild: Unsplash)

In der Schweiz können sich alle Schüler*innen der obligatorischen Schule über ungefähr 13 Wochen Ferien während eines Schuljahres freuen. Wie diese schulfreie Zeit über das Jahr verteilt ist, wird von den Kantonen und Gemeinden geregelt. Zeitpunkt und Dauer sind daher unterschiedlich vielfältig: Während die Sommerferien im Kanton Tessin zehn Wochen andauern, sind es zum Beispiel in den Kantonen Bern, Solothurn oder St. Gallen nur fünf Wochen.

Hinsichtlich der angedachten änderung in Baselland ist es aber laut der Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP) wichtig, die Schulferien mit dem Nachbarkanton Basel-Stadt abzustimmen. Dort stehen die Zeichen aber nicht auf Veränderung. Auf Anfrage sagt Gaudenz Wacker, Leiter Kommunikation des Erziehungsdepartements: «Das Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt prüft zur Zeit keine Anpassung der Schulferien.» 

Mitarbeit: Ladina Tschurr

auto gif
Wir informieren dich auch in deinen Ferien

Unterstütze uns und werde Member!

Das könnte dich auch interessieren

Wochenkommentar Leila Moon

Ina Bullwinkel am 13. Dezember 2024

Verlierer*innen, wo du hinschaust

Was bleibt übrig von der knapp einmonatigen Diskussion um die Vergabe des Kulturförderpreises an Leila Moon? Eine Jury, die sich und die Künstlerin angreifbar gemacht hat. Ein Amt für Kultur, das sich wieder einmal rechtfertigen musste. Und eine Künstlerin, an der nun ein Image haftet, das nur schwer zu revidieren ist. Ein Kommentar von Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Weiterlesen
Pekerman2

Valerie Zaslawski am 10. Dezember 2024

«Wir werden sehen, ob Syrien wirklich ein Land für alle sein wird»

GLP-Grossrat Bülent Pekerman sagt im Interview mit Bajour, die Freude über den Sturz von Assad in der kurdischen Community sei gross. Er äussert aber auch Bedenken: «Die Türkei wird nun versuchen, den Kurden in Syrien das Leben schwer zu machen.»

Weiterlesen
Elisabeth Schneider-Schneiter Ukraine

David Rutschmann am 06. Dezember 2024

«Uns allen geht es um die humanitäre Tradition»

Die Baselbieterin Elisabeth Schneider-Schneiter war eine der Ausscherer*innen aus der Mitte, die im Nationalrat die Verschärfung des Schutzstatus S möglich machten. Sie findet es richtig, den Sonderschutz auf die akuten Kriegsgebiete zu beschränken – und hofft, dass man damit die Zuwanderungspolemik der SVP bekämpfen kann.

Weiterlesen
Valerie Kommentar-1

Valerie Zaslawski am 02. Dezember 2024

Alle Parteien raus! Sie haben da nichts zu suchen

Das Stadtteilsekretariat Kleinbasel steht in der Kritik, zu links zu sein. Nachdem die bürgerlichen Parteien ihm bereits den Rücken gekehrt haben, sollten auch die linken ihre Rolle überdenken. Parteien haben andere Gremien, um mitzuwirken, kommentiert Valerie Zaslawski.

Weiterlesen
Valerie Wendenburg

Nach dem Studium, freier Mitarbeit bei der Berliner Morgenpost und einem Radio-Volontariat hat es Valerie 2002 nach Basel gezogen. Sie schreibt seit fast 20 Jahren für das Jüdische Wochenmagazins tachles und hat zwischenzeitlich einen Abstecher in die Kommunikation zur Gemeinde Bottmingen und terre des hommes schweiz gemacht. Aus Liebe zum Journalismus ist sie voll in die Branche zurückgekehrt und seit September 2023 Senior-Redaktorin bei Bajour. Im Basel Briefing sorgt sie mit ihrem «Buchclübli mit Vali» dafür, dass der Community (und ihr selbst) der Lesestoff nicht ausgeht.

Kommentare