Mutter fordert rauchfreie Haltestellen
Eine neue Petition will ein kantonales Rauchverbot an ÖV-Haltestellen. Das Anliegen ist nicht neu, der Regierungsrat setzt aber lieber auf Sensibilisierung statt Verbote.
Auf den Punkt:
|
Soll man in Basel auf Spielplätzen das Rauchen verbieten? Oder an Haltestellen? Diese Fragen beschäftigen die Politik schon seit Jahren. Im Rahmen eines neuen Litteringkonzepts will der Kanton «markierte Rauchverbote» und «spezielle Zonen für Rauchende» prüfen. Lize Raes geht das zu wenig weit. Die Belgierin wohnt seit fünf Jahren in Basel und wundert sich seither, wie die Schweiz mit dem Rauchen auf Spielplätzen oder an ÖV-Haltestellen umgeht. Ende August hat sie eine Petition lanciert, um neuen Schwung in die Debatte zu bringen.
In der Petition schildert Raes eine Situation an einer Basler ÖV-Haltestelle: Sie und eine andere Mutter stehen mit Kindern unter dem Dach des Wartehäuschens. Ein Mann stellt sich dazu und zündet eine Zigarette an. Die beiden Mütter verziehen sich mit den Kindern weg vom Wartehäuschen in den Regen. Sie habe sich nicht getraut, etwas zu sagen, erklärt Raes: «Zu oft wurden Bitten ignoriert oder aggressiv abgewiesen.» Nach der Situation habe sie in einem Chat mit anderen Müttern gefragt, wie sie in solchen Situationen reagieren: «Innerhalb einer Stunde hatte ich zehn Antworten: Geschichten voller Rücksichtslosigkeit.»
Raes fordert ein Rauchverbot im Umkreis von zehn Metern an ÖV-Haltestellen, aber auch an Eingängen von Schulen, Kitas oder öffentlichen Gebäuden, und Freizeitorten für Kinder wie Spielplätze oder Sportfelder.
«Wer hat eigentlich Interesse daran, dass es kein Verbot gibt?»Lize Raes hat eine Petition lanciert
Solche Forderungen sind nicht neu: Eine Petition aus dem Mädchenparlament forderte 2022 «frische Luft an der frischen Luft». Die Mädchen wünschen kein Verbot, sondern «ein besseres Miteinander» von Raucher*innen und Nicht-Raucher*innen sowie spezielle Raucherzonen an Haltestellen. Bereits 2020 reichte der damalige CVP-Grossrat Christian Griss eine Motion für rauchfreie öffentliche Spielplätze ein. Mittlerweile ist aus der Motion ein weniger verpflichtender Anzug geworden, zu dem der Regierungsrat bereits mehrfach berichtet hat.
Aus seinen Erläuterungen sowie aus dem Bericht der Petitionskommission geht hervor, dass der Regierungsrat ein Verbot für schwierig durchsetzbar hält. Sowohl für ein generelles Verbot als auch für die Einrichtung von Raucherzonen bräuchte es eine Gesetzesänderung für die Durchsetzung im öffentlichen Raum. Und in einem zweiten Schritt auch Ressourcen bei der Polizei, um die Einhaltung des Verbots zu überwachen. Den Raucher*innen mit eingezeichneten Zonen à la SBB signalisieren, wo sie rauchen sollen, hält der Regierungsrat ebenfalls nicht für zielführend: «Erfahrungsgemäss» bestehe an räumlich offeneren ÖV-Haltestellen «eine geringere Bereitschaft bei Rauchenden», freiwillig in solche Zonen auszuweichen.
Der Kanton will deshalb lieber auf präventive Mittel wie eine Sensibilisierungskampagne setzen. In diesem Rahmen sollen allerdings auf Wunsch der zuständigen Kommission im Grossen Rat auch «Raucherzonen im Sinne einer Empfehlung» zum Einsatz kommen. Im neuen Littering-Konzept des Kantons ist deren Prüfung vorgesehen. Lize Raes sagt auf Anfrage von Bajour, dass sie es begrüssen würde, wenn an jeder Haltestelle ein Schild aufgestellt würde, auf dem «Bitte nicht rauchen.» steht. «Dann könnte man die Leute wenigstens einfacher darauf ansprechen.»
Wie siehst du ein Rauchverbot an Haltestellen? Welche Erfahrungen hast du gemacht? Diskutier mit:
Sie hofft aber auch, dass Basel einen Schritt weiter geht: «In Genf gilt ein Neun-Meter-Rauchverbot an Haltestellen, in Mailand darf nur noch mit Abstand im Freien geraucht werden, in Frankreich und Belgien sind Spielplätze, Schulumgebungen und viele öffentliche Plätze rauchfrei. Wenn all diese Städte und Länder ihre Kinder schützen können, warum sollte Basel zurückbleiben?», fragt sie in der Petition.
Raes treibt noch etwas anderes um: «Wer hat eigentlich Interesse daran, dass es kein Verbot gibt?», fragt sie. Für sie ist die Antwort klar: die Tabakindustrie. «Ich verstehe, dass in der Schweiz häufig auf Eigenverantwortung gesetzt wird. Aber ich glaube nicht, dass eine Mehrheit der Bevölkerung gegen ein Verbot wäre. Da geht es vor allem um eine Lobby.»
Aufgefallen ist ihr das kürzlich an der Haltestelle beim Margarethenpark, wo derzeit ein Plakat auf eine Stop-Littering-Kampagne aufmerksam macht. Das erklärte Ziel: Zigarettenstummel auf dem Boden verhindern. Dafür verantwortlich ist das Bundesamt für Umwelt, beteiligt sind aber gemäss Angaben auf der Kampagnenwebsite auch Vertreter*innen aus der Tabakindustrie. «Das Plakat zeigt lachende, gesunde Raucher, und lobt sie dafür, dass sie ihre Stummel richtig entsorgen. Das ist keine Prävention, das ist PR fürs Rauchen», findet Raes.