Kopfschütteln über Wolf-Referendum
Gegen den Bebauungsplan auf dem Wolf wurde das Referendum ergriffen. Das überrascht im Grossen Rat, denn dort hatte man fast einstimmig für das Projekt votiert. So ein Bebauungsplan sei komplex und kein Wunschkonzert, heisst es unter anderem.
Die Gruppe PlanBasel will gegen die Transformationspläne für das Basler Güterbahnhofareal Wolf das Referendum ergreifen (Bajour berichtete). Der Bebauungsplan für das neue Stadtquartier wird vom Komitee als «überhastet» bezeichnet. Mit «Kopfschütteln» reagiert darauf LDP-Grossrat Jeremy Stephenson, Präsident der Bau- und Raumplanungskommission (BRK): «Meines Erachtens ist das ein sehr ausgereifter Bebauungsplan. Alle Beteiligten haben sich ausführlich Zeit dafür genommen.»
Auch weitere BRK-Mitglieder im Grossen Rat zeigen sich auf Anfrage überrascht, dass das Referendum gegen den Bebauungsplan ergriffen wurde – schliesslich nahm der Grosse Rat diesen Mitte März fast einstimmig an. SVP-Präsident Pascal Messerli bezeichnet die Pläne als überzeugend. Und der SP-Wohnungspolitiker René Brigger hebt hervor, dass ein Drittel der 550 geplanten Wohnungen gemeinnützig sein sollen. Selbst der zunächst skeptische Gewerbeverband steht mittlerweile hinter dem Projekt und hält ein Referendum für unnötig, wie Direktor Reto Baumgartner auf Anfrage erklärt.
PlanBasel kritisiert, dass der Bebauungsplan zu wenig ambitioniert sei. Demnach solle der Fokus noch mehr auf Arbeitsplätzen liegen – aktuell ist geplant, dass auf dem Wolf-Areal 1000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Vision der Gruppe um den Reinacher Oliver Bippus sieht auf dem Wolf aber einen grossflächigen Wirtschafts-Hub vor. 40 Hektar könnte man demnach entwickeln und mit Hochhäusern dicht bebauen – wenn die SBB weitere Teile ihrer Logistik abziehen würde. Zentral ist auch die Forderung einer S-Bahn-Station auf dem Gelände. Allgemein wird allerdings auch im Grossen Rat kritisiert, dass Transparenz fehle, was die kantonalen Kosten für Transformation ehemaliger Industrieareale in Basel anbelangt. Aktuell ist ein Anzug der SP-Politiker Ivo Balmer und Pascal Pfister hängig, der für Transformationsareale wie den Wolf eine Vollkostenrechnung fordert.
«Das mögen ja sympathische Ideen von Herrn Bippus sein, aber die Planung kann nun mal nicht dem Richtplan widersprechen», sagt René Brigger. Und es sei nicht geplant, die Werkstätten und Abstellgleise zu verlegen, wie die SBB auf Anfrage bestätigt. Sie ist Eigentümerin des Areals und gibt somit den Rahmen vor, mit dem geplant werden kann.
«Der Bebauungsplan ist auf das Gebiet reduziert, das wir effektiv bebauen können», sagt Jeremy Stephenson. So war beispielsweise die Wolf-Brücke nicht Teil des Bebauungsplans. Die Motion einer Fussgänger- und Velobrücke über die Gleise zum Dreispitz wurde vom Grossen Rat gleichentags überwiesen. Entsprechend könne eine S-Bahn-Station gar nicht Teil des Bebauungsplans sein, erläutert Jeremy Stephenson, da sie ausserhalb des Bebauungsperimeters liege. Das müsste also extra behandelt werden.
Die S-Bahn-Anbindung steht aktuell auch nicht im Vordergrund der Planung, heisst es ergänzend dazu aus dem Bau- und Verkehrsdepartement (BVD). Sprecher Daniel Hofer sagt: «Das Areal liegt nahe am Bahnhof SBB und mit der geplanten Fuss- und Velobrücke auch nahe an der S-Bahn Haltestelle Dreispitz. Die Anbindung ist mit zwei Tram- und einer Bushaltestelle gewährleistet.» Zudem würde eine zusätzliche S-Bahn-Haltestelle auf dem Wolf zu Verzögerungen im S-Bahn-Netz führen.
«Der Spielraum ist nicht so gross, wie man denken könnte», sagt auch Michael Hug, als LDP-Mitglied ebenfalls in der BPK. Er kann gewisse Punkte sehr gut nachvollziehen, die im Referendum aufgegriffen werden. «Der Wolf ist die grösste zusammenhängende, noch überbaubare Fläche der Schweiz. Deshalb ist es wichtig, dass wir über die Nutzung des Bodens diskutieren.»
Doch genau diese Punkte seien in der Kommissionsarbeit bereits «sehr ausführlich» adressiert worden, so Hug. Er selbst hätte sich eine dichtere Bebauung auf dem Wolf gewünscht, musste sich aber «von Experten überzeugen lassen, dass das nicht möglich sei». Ein Bebauungsplan sei eben kein Wunschkonzert und dahinter stecke viel Arbeit und Komplexität. «Wenn wir das über Bord werfen, besteht die Gefahr, dass auf dem Wolf über Jahre hinweg nichts passiert», ergänzt Messerli.
Doch dass es tatsächlich zur Volksabstimmung kommt, scheint unwahrscheinlich. René Brigger sagt: «In knapp zweieinhalb Wochen müssen nun 2000 Unterschriften zustande kommen. Ohne Unterstützung eines Verbands oder einer Partei wird das nicht machbar sein.»
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