Das Hamas-Dreieck

Mit Stickern lassen sich Botschaften – mal lustig, mal frech, mal politisch – überall hin pappen. Manchmal versteckt sich dahinter aber eine ganz andere Bedeutung. Im Sticker-Ticker schauen wir genauer hin. Heute: das Hamas-Dreieck.

Hamas-Dreieck Mülheimerstrasse Basel
Das rote Dreieck-Symbol (Bild von der Mülhauserstrasse) wird als Aufruf zur Gewalt interpretiert. (Bild: Leser*innen-Zusendung)

Das rote Dreieck mit der Spitze nach unten wurde in den Konzentrationslagern der Nazis zur Kennzeichnung politischer Gefangener verwendet. Nach dem Anschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 wird dieses Dreieck auch «Hamas-Dreieck» genannt, da die radikalislamische Organisation es nutzt, um israelische Ziele vor Angriffen zu kennzeichnen. In Videos der Hamas ist zu sehen, wie Dreiecke wie Pfeile auf Panzer oder Soldat*innen zeigen, die wenige Sekunden später abgeschossen werden. 

Diese Symbolik in der Schweiz zu verwenden, ist problematisch und wird als Aufruf zur Gewalt interpretiert. Auch wenn das rote Dreieck Teil der palästinensischen Flagge ist und sich Befürworter*innen auf diese Herkunft beziehen, bleibt diese Interpretation schwammig. Einerseits zeigt die Spitze des Dreiecks auf der Flagge nicht nach unten, sondern nach rechts, andererseits bleibt der klare Bezug zu Gewalt bestehen. In Deutschland wird über ein Verbot des Symbols diskutiert.

Auch in der Schweiz taucht das rote Dreieck seit dem 7. Oktober immer wieder auf. So wurden in Zürich Kunstgalerien mit dem roten Dreieck markiert. Auch Sticker mit dem Schriftzug «Victory to the Resistance» – zu Deutsch «Sieg für den Widerstand» – zeigen ein rotes Dreieck, das den Begriff «Zionism» zerstört.

Hamas-Dreieck Langstrasse/Josefstrasse Zürich
Dieser und ähnliche Sticker (fotografiert in Zürich) tauchen immer öfter auch in der Schweiz auf. (Bild: Leser*innen-Zusendung)

In Zürich am oberen Letten, einem Ort, an dem Graffiti-Künstler*innen legal arbeiten können, wurde ein grosses Graffiti mit ähnlicher Symbolik angebracht. Nach Beschwerden von Anwohner*innen wurde es von der Stadt übermalt. Eine antiimperialistische, kommunistische Gruppe aus Zürich, bei der sich für dieses Graffiti bedankt wurde, reagierte daraufhin verärgert und schrieb auf Instagram: «…Wenn sie versuchen, uns den Letten zu nehmen, nehmen wir uns halt die ganze Stadt! …»

Sticker-Ticker

Klein, klebend und manchmal ganz schön frech: Es gibt keinen urbanen Raum ohne Sticker. Überall in der Stadt verbreiten sie ihre Botschaften. Manchmal offensichtlich, manchmal im Versteckten. In unserem Sticker-Ticker schauen wir genauer hin, beleuchten die Geschichte einzelner Sticker und gehen ihrer Bedeutung auf den Grund.

Dies ist ein gemeinsames Format von Bajour und Tsüri.ch. Deshalb erscheinen hier in Zukunft Sticker, die in den beiden Städten aufgefallen sind. Dir sind weitere Sticker aufgefallen? Schick uns ein Bild und den Standort via Mail:

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Die Pro-Palästina-Wassermelone

Greifengasse in Basel vor der Manor.
Der Sticker beim Manor an der Greifengasse denunziert die islamistische Terrororganisation Hamas, drückt aber dennoch Solidarität mit den Palästinenser*innen aus. (Bild: zvg)

Die Wassermelone hat in der palästinensischen Kultur und Geschichte eine bemerkenswerte politische Symbolkraft entwickelt. Sie dient nicht nur als erfrischende Delikatesse, in heissen Sommermonaten, sondern auch als Zeichen des Widerstands und der Solidarität bei politischen Demonstrationen für Palästina.

Der Ursprung dieser Symbolik reicht bis ins Jahr 1967 zurück, nach dem Sechstagekrieg, als es Palästinenser*innen in den von Israel besetzten Gebieten verboten wurde, ihre Landesflagge zu zeigen. Die Farben der palästinensischen Flagge – Rot, Schwarz, Grün und Weiss – fanden jedoch ein heimliches Gegenstück in der Wassermelone: das rote Fruchtfleisch, die schwarzen Kerne, die grüne Schale und der weisse Rand. So wurde die Wassermelone zu einem Ersatzsymbol für die verbotene Fahne und einem Ausdruck des Widerstands.

Pro Palästina Demo in Zürich
Ein Wassermelone-Symbol in Zürich. (Bild: Screenshot Instagram)

Auch nach der Aufhebung des Flaggenverbots im Rahmen des Osloer Friedensprozesses behielt die Wassermelone ihre symbolische Bedeutung. Im vergangenen Jahr ordnete der ultrarechte israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir die Polizei an, alle palästinensischen Flaggen abzuhängen. Auf dieses Quasi-Verbot, erlebte die Wassermelone eine Wiederbelebung als Protestsymbol.

Die Aktivist*innengruppe «Zazim», bestehend aus arabischen und jüdischen Bürger*innen Israels, die sich gemeinsam für Meinungsfreiheit und Demokratie einsetzen, beklebten 16 Taxis in Tel Aviv mit grossen Wassermelonen-Aufklebern. Darauf stand geschrieben: «Dies ist keine palästinensische Flagge.» Auf Social Media wird die Wassermelone oft als Emoji verwendet und signalisiert Solidarität mit Palästina.

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* Lotta Maier ist ein Pseudonym. Ihren bürgerlichen Namen gibt die Autorin aus Sicherheitsgründen nicht preis. Lotta recherchiert seit Jahren zu den Themen Rechtsextremismus, Esoterik und Staatsverweigerung.

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