Hey Boss, ich brauch mehr Geld

Alles wird teuer – Brot, Gas, Strom, Döner … Und wer soll das bezahlen? Müssen die Löhne steigen oder führt das in die Rezession? Gewerkschaften und der Arbeitgeberverband in Basel sind sich uneinig.

Inflation in der Reichsbank Berlin
Inflation, Baby! So sah die Hyperinflation 1923 in Berlin aus. Zwei Millionen Mark musste man damals für ein Brot bezahlen. Wir warten mal ab, was Basel 2023 droht. (Bild: Wikicommons)

Die Inflation steigt: 3,5 Prozent betrug sie im August Vergleich zum Vorjahresmonat. Wer vor einem Jahr 700 Franken für ein Fitness Abo gezahlt hat, zahlt jetzt 24 Franken mehr – das sind umgerechnet mehr als zwei Döner! Und weil deren Preise ebenfalls steigen, wird der Döner bald fast schon zum Luxus – vor allem für die rund sechs Prozent der Basler*innen, die Sozialhilfe beziehen.

Wem der Verzicht auf die Döner schwerfällt, dem liegt es nahe, eine Anpassung der Löhne an das teurere Leben zu fordern. Vier bis fünf Prozent sollen die Löhne allgemein steigen, findet zum Beispiel der Schweizerische Gewerkschaftsbund.

Das ist umstritten: Einige Ökonom*innen fürchten, dass die Inflation mit höheren Löhnen erst recht entfesselt wird. Die Rechnung zur sogenannten Lohn-Preis-Spirale ist einfach: Da die Produktionskosten für Unternehmen bei steigenden Löhnen höher werden, müssen diese die Preise nach oben anpassen – sonst lohnt sich das Wirtschaften nicht und die Unternehmen geraten in Schieflage.

Vereinfacht gesagt: Steigen die Löhne, steigen die Preise, steigen die Löhne, steigen die Preise und so weiter, bis am Ende die Rezession droht.

Gewerkschaften fordern vier Prozent mehr Lohn

Schwarzmalerei? Ein Anruf bei der Gewerkschaft UNIA, Sektion Aargau-Nordwestschweiz, zeigt, dass die Frage nach der Lohn-Preis-Spirale intern diskutiert wurde. Doch: «Die momentane Inflation hat nichts mit steigenden Löhnen zu tun – denn die Löhne sind noch gar nicht gestiegen», sagt Mediensprecherin Daria Frick. Da gleichzeitig aber die Preise für Lebensmittel und den Lebensunterhalt steigen, komme die derzeitige Teuerung einer Reallohnsenkung gleich.

Daria Frick UNIA

«Die Arbeiter*innen sind nicht bereit, dass die Betriebe auf ihrem Rücken saniert werden.»

— Daria Frick, Gewerkschaft UNIA Region Aargau-Nordwestschweiz

Die UNIA sieht als Konsequenz, dass diesen Herbst ein voller Teuerungsausgleich durch Lohnerhöhungen folgen müsse. Dieser Forderung schliesst sich der VPOD Region Basel an, der sich für Angestellte im öffentlichen Dienst einsetzt. Tania Cucè, Co-Präsidentin und Baselbieter SP-Landrätin, sagt: «Den Treiber der Inflation nur auf die Löhne zu reduzieren greift angesichts der steigenden Krankenkassenprämien und explodierenden Energiepreise viel zu kurz.» Während sich in diesen Bereichen massive Erhöhungen abzeichnen, gehe es der Wirtschaft weiterhin grundsätzlich gut.

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Geht es der Wirtschaft wirklich gut?

Stimmt das? Ein Blick auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legt nahe, dass die Zeichen nach den Einbussen der Corona-Pandemie auf Erholung stehen: Die Wirtschaft wächst und hat wieder Vorkrisenniveau erreicht. Für Lohnforderungen ist jedoch essentiell, wie die Wirtschaft sich weiter entwickelt. Hier stellt das ETH-Konjunkturbarometer der Schweizer Wirtschaft eine «wenig erfreuliche Entwicklung» in Aussicht: Die Prognose liegt deutlich unter dem langfristigen Mittelwert.

Arbeitgeberverband warnt vor «überzogenen Lohnforderungen»

Von einer «Abkühlung der Wirtschaft» spricht deshalb auch Frank Linhart vom Arbeitgeberverband Region Basel. Die vom Arbeitgeberverband befragten Betriebe würden demnach die Geschäftslage «nicht mehr so euphorisch wie in den Monaten zuvor» einschätzen. Denn auch die Unternehmen müssen wie wir Endverbraucher*innen mit den hohen Preisen für Rohstoffe und Energie umgehen. 

Frank Linhart Arbeitgeberverband

«Betriebe können nur so viel Lohnerhöhung an die Angestellten auszahlen, wie für sie ohne Gefährdung des Geschäftserfolgs machbar ist.»

— Frank Linhart, Arbeitgeberverband Region Basel

Würden die Unternehmen nicht auch von Lohnerhöhungen profitieren? Schliesslich steigt damit die Kaufkraft der Arbeitnehmer*innen. Nein, sagt Frank Linhart, «denn bei dieser Argumentation geht vergessen, dass die aktuelle Teuerung grossmehrheitlich importiert ist.» Das heisst: Die teureren Produkte, zum Beispiel Benzin, kommen aus dem Ausland, wo die Inflation deutlich höher ist.  Eine höhere Kaufkraft stärkt also nicht in erster Linie nur die heimischen Unternehmen.  Und, so Linhart: «Der Wettbewerbsdruck in vielen Branchen führt auch dazu, dass Unternehmen die Preise kaum ohne negative Konsequenzen auf den Geschäftsverlauf erhöhen können.» Damit sinken die Gewinne und aus Sicht der Arbeitgeber*innen auch der Spielraum für höhere Löhne. Die Forderungen der Gewerkschaften, «die praktisch jedes Jahr im Lohnherbst kommen», so Linhart, seien überrissen.

Keine gute Ausgangslage für Lohnverhandlungen, wenn die Arbeitgeber*innen wegen der unsicheren Lage zögerlich sind, die Gewerkschaften die Lohnerhöhung aber für umso wichtiger halten. Solang sich keine Einigung abzeichnet, heisst es: Sparen auf den nächsten Döner.

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Auch Trainees müssen essen.

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Das ist David (er/ihm):

Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitk. Way too many Anglizismen.

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