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Hab nix gehört

The Sound of Silence

Bereits in vier Jahren muss die gesamte Busflotte der BVB elektrisch und vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Neben den fehlenden CO2-Emissionen wird aber auch das vertraute Fahrgeräusch verschwinden. Birgt das eine Gefahr im Alltag?

12/12/22, 04:00 AM

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Diese 25 Meter langen E-Busse fahren ab Januar 2023 auf den Basler Strassen.

Diese 25 Meter langen E-Busse fahren ab Januar 2023 auf den Basler Strassen. (Foto: bvb.ch)

Die Zukunft schleicht sich leise an und wenn man nicht hinschaut, fährt sie ungehört an einem vorbei. Das erlebt man auch, wenn man in einem der neuen Fahrzeuge der Basler Verkehrsbetriebe (BVB) mit einem kaum hörbaren Surren durch die Stadt chauffiert wird. Vorbei ist das dumpfe Brummen der Verbrennungsmotor der alten Diesel- und Gasbusse, das ein Gespräch überdröhnte und einem durch Mark und Bein fuhr. Neben Null CO2-Emissionen verbreiten die neuen E-Busse der BVB auch deutlich weniger Lärm.

Vor allem bei tiefen Geschwindigkeiten seien die Motorengeräusche «vernachlässigbar», erklärt die BVB in einer Medienmitteilung. Was bei lärmgeplagten Anwohner*innen von vielbefahrenen Verbindungsstrassen wie Musik in den Ohren klingen muss, kann in gewissen Situationen gefährlich werden – insbesondere für sehbehinderte Menschen, Fussgänger*innen oder Velofahrer*innen. Die bekannte Geräuschkulisse von Verbrennungsmotoren entfällt bei E-Bussen und eingeprägte Verhaltensmuster werden unnütz. «Loose, luege, laufe» müsste demzufolge in Zukunft «Luege, luege, laufe» heissen.

“Akustische Identität” 

Zur Unfallverhütung verpflichtet das Bundesamt für Verkehr (BAV) alle neuen Hybridelektro- und reinen Elektrofahrzeuge seit dem 1. Juli 2021 bis zu einem Tempo von 20km/h und beim Rückwärtsfahren künstliche Geräusche von sich zu geben. Auch E-Busse sind von dieser Norm betroffen. Zur Enttäuschung vielleicht einiger Spassvögel sind «kreative» Geräusche, etwa Hundegebell oder Hühnergegacker, nicht erlaubt. Das leise E-Motorengeräusch wird lediglich künstlich verstärkt. Von einer erhöhten Unfallgefahr durch die leisen E-Busse sei nicht auszugehen, ist Matthias Steiger, Mediensprecher von den BVB, überzeugt.  

Auch Florian Schreier, Geschäftsführer vom VCS beider Basel, sieht das so. «Ein einzelner Bus oder einzelnes Auto macht nur einen kleinen Teil der Lärm-Emissionen des Strassenverkehrs aus», erklärt er. Die leisen E-Busse seien vielmehr eine Chance, damit der gesamte Lärmpegel auf den Basler Strassen gesenkt werden kann. Er fordert zudem, dass die städtische Verkehsrplanung so ausgelegt werde, «dass E-Fahrzeuge ohne künstlich erzeugten Geräuschen, blinkende Lichter oder anderen Mitteln zur Aufmerksamkeitsgewinnung der Passant*innen auskommen.»   

«Die neuen E-Busse der BVB sind eine Chance und sollten nicht als Gefahr angesehen werden.»

«Die neuen E-Busse der BVB sind eine Chance und sollten nicht als Gefahr angesehen werden.»

Florian Schreier, Geschäftsführer vom VCS beider Basel

«Für sehbehinderte Menschen werden die leisen E-Busse trotz AVAS-System zu einem weiteren Hindernis im öffentlichen Raum», sagt Marc Aeschbach, Rehabilitationsfachmann bei der Sehbehindertenhilfe Basel. Es sei durchaus möglich, dass ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor in 30 Meter Entfernung den nahenden E-Bus übertönt. Das ist ein Problem für Personen, die sich sehr an den Umgebungsgeräuschen orientieren und z.B. nur eine Strasse überqueren, wenn kein Fahrzeug hörbar ist oder sie ein deutliches Bremsen hören. Dieser Umstand verbesser sich jedoch, je mehr E-Autos und -Busse unterwegs seien und sich der allgemeine Lärmpegel senkt. 

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